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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht
Autoren: Sue Grafton
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Sie griff nach ihrer Zigarette, nahm einen tiefen Zug und streifte die Asche dann in einem Keramikaschenbecher ab, der wie eine Hand geformt war. »Jedenfalls habe ich deswegen Dietz angerufen. Ich finde, ich habe ein Recht darauf, es zu wissen.«
    »Ich möchte nicht unhöflich klingen, aber spielt das wirklich eine Rolle? Was auch immer es war, jetzt läßt sich doch nichts mehr daran ändern, oder?« Sie wandte kurz den Blick von mir ab. »Das habe ich mir auch schon gesagt. Manchmal denke ich, ich kannte ihn im Grunde gar nicht richtig. Wir sind ziemlich gut miteinander ausgekommen, und er hat immer für mich gesorgt, aber er war nicht der Typ Mann, der gern Rechenschaft über sich selbst ablegt. In seinen letzten beiden Wochen war er manchmal stundenlang weg, und wenn er zurückkam, sagte er kein Wort. Ich habe ihn nicht gefragt, wo er war. Ich hätte es wohl tun können, aber er hatte irgend etwas an sich, was mich abhielt. Er wurde wütend, wenn ich ihn bedrängte, also habe ich gelernt, auf Distanz zu bleiben. Aber ich halte nichts davon, bis ans Ende meines Lebens rätseln zu müssen. Ich weiß nicht einmal, wohin er an jenem Abend unterwegs war. Er hat zu mir gesagt, er bleibe daheim, aber irgend etwas muß dazwischengekommen sein.«
    »Er hat Ihnen keine Nachricht hinterlassen?«
    »Nichts.« Sie legte ihre Zigarette auf den Aschenbecher und griff nach einer Puderdose unter dem Kopfkissen. Dann klappte sie den Deckel auf und musterte ihr Gesicht im Spiegel. Sie berührte ihre Schneidezähne, als wollte sie einen Fleck entfernen. »Ich sehe gräßlich aus«, sagte sie.
    »Keine Sorge. Sie sehen gut aus.«
    Sie rang sich ein zaghaftes Lächeln ab. »Es ist wohl ohnehin sinnlos, eitel zu sein. Seit Tom weg ist, kümmert es niemanden mehr, mich eingeschlossen, wenn ich ehrlich bin.«
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Bitte.«
    »Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber waren Sie glücklich verheiratet?«
    Mit einem kurzen, verlegenen Lachen klappte sie die Puderdose zu und schob sie wieder in ihr Versteck. »Ich auf jeden Fall. Wie es für ihn war, weiß ich nicht. Es war nicht seine Art zu klagen. Er nahm das Leben mehr oder weniger so, wie es kam. Ich war schon einmal verheiratet... mit einem gewalttätigen Mann. Und ich habe einen Sohn aus dieser Ehe. Er heißt Brant.« »Aha. Und wie alt ist er?«
    »Fünfundzwanzig. Brant war zehn, als ich Tom kennenlernte, also hat Tom ihn im Grunde aufgezogen.« »Und wo lebt Brant?«
    »Hier in Nota Lake. Er arbeitet als Sanitäter bei der Feuerwehr. Seit der Beerdigung wohnt er bei mir, aber er hat eine eigene Wohnung im Ort«, sagte sie. »Ich habe ihm erzählt, dass ich mit dem Gedanken spiele, jemanden zu engagieren. Seiner Meinung nach ist es sinnlos, aber er wird sicher mithelfen, so gut er kann.« Ihre Nase färbte sich rötlich, doch dann gewann sie wieder die Kontrolle über sich.
    »Sie und Tom waren wie lange verheiratet, vierzehn Jahre?«
    »Knapp zwölf. Nach meiner Scheidung wollte ich nichts überstürzen. Die meiste Zeit verstanden wir uns gut, aber vor kurzem begann sich alles zum Schlechten zu wenden. Ich meine, er tat seine Pflicht, aber mit dem Herzen war er nicht bei der Sache. In letzter Zeit hatte ich das Gefühl, dass er etwas verbirgt. Ich weiß nicht, er war so... irgendwie verschlossen. Warum war er an diesem Abend draußen auf der Landstraße? Ich meine, was hat er da gemacht? Was war so heikel, dass er es mir nicht erzählen konnte?«
    »Könnte es ein Fall gewesen sein, an dem er gearbeitet hat?«
    »Möglich wäre das schon.« Sie dachte darüber nach und drückte ihre Zigarette aus. »Ich meine, es hätte etwas mit seinem Beruf zu tun haben können. Tom hat nur selten ein Wort über die Arbeit verloren. Andere Männer - einige der Hilfssheriffs - haben in Gesellschaft oft Geschichten erzählt, aber Tom nicht. Er nahm seinen Beruf sehr ernst, fast schon zu ernst.«
    »Jemand aus dem Präsidium muß doch seine Arbeit übernommen haben. Haben Sie mit dem Betreffenden gesprochen?«
    »Sie sagen >Präsidium<, als wäre es eine Art Großstadtrevier. Nota Lake ist zwar der Sitz der Kreisverwaltung, aber das hat nicht viel zu sagen. Es gab nur zwei Ermittlungsbeamte, Tom und seinen Partner Rafer. Mit ihm habe ich gesprochen - aber nicht, dass ich irgend etwas erfahren hätte. Er war freundlich. Rafer ist oberflächlich betrachtet immer recht freundlich«, fuhr sie fort. »Aber trotz seines vielen Geplappers ist es ihm gelungen, sehr wenig zu
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