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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht
Autoren: Sue Grafton
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reichte. Genau in dieser unerquicklichen Stellung - mit ausgebreiteten Gliedmaßen auf dem Bauch liegend, während Brant stöhnend und mit Handschellen gefesselt im Flur lag und Selma sich in Positur stellte, um mir die Birne wegzupusten, falls sie es schaffte -, riskierte ich es, zu ihr aufzublicken, und sah in zeitlupenhaftem Erstaunen, wie sie das Gesicht verzog, die Augen schloß, den Kopf zur Seite drehte und abdrückte. Ein greller Blitz und ein lauter Knall waren die Folge. Die Kugel flog mit tödlicher Geschwindigkeit aus dem Lauf. Das normale Mündungsfeuer aus dem vorderen Ende des Revolvers und die vertikalen, fächerförmigen Blitze am Spalt neben der Trommel waren von einem blendenden Gelb und wirkten viel zu intensiv. Brant hatte offenbar die erste Patrone mit einem Zusatz brisanten Sprengstoffs präpariert. Jetzt glaubte ich zu wissen, wer Judy Gelsons Liebhaber gewesen war, als sie damals ihrem Mann ein Loch in die Brust geschossen hatte. Die Kammer und der obere Steg zerrissen. Die Druckwelle hebelte die Trommel aus und schob sie auf die linke Seite des Revolvers. Die Patronenhülse aus Messing wurde zerfetzt, und winzige Messingteilchen sprenkelten Seimas Hände, während sich Flocken unverbrannten Sprengstoffs auf ihr Gesicht setzten. Wie von Zauberhand zerplatzte zugleich sämtliches Glas in den Schranktüren - einschließlich der Kristallgläser und der Porzellanteller - wie ein Feuerwerk und bildete einen glitzernden Sternenregen aus fallendem Glas und Scherben. »Wahnsinn! Ganz toll! Probieren Sie das doch noch mal«, sagte ich. Selma weinte, als ich zum Telefon ging und die Nummer der Polizei wählte.
     

Epilog
    Hinterher erlaubte mir der Sheriff von Nota County, die Akte über die Morde an Ritter und Toth zu lesen. Rafer und ich setzten uns zusammen, und indem wir Toms Notizen mit anderen Daten zu diesem Fall verglichen, gelang es uns, den Verlauf von Toms Ermittlungen nachzuvollziehen. Die Ironie daran war allerdings, dass die Beweise, die er gesammelt hatte, nicht nur dürftig waren, sondern ausschließlich auf Indizien beruhten. Nichts davon reichte aus, um eine Verhaftung zu rechtfertigen, geschweige denn eine Verurteilung. Tom hatte erkannt, dass Brant einen Doppelmord begangen hatte, und er wußte, dass er das nicht auf Dauer für sich behalten konnte. Die Wahrheit zu enthüllen hätte die Zerstörung seiner Ehe bedeutet. Die Wahrheit zu verbergen hätte die Zerstörung alles anderen bedeutet, was ihm wichtig war. Tom war in aller Stille gestorben, und wenn Selma es dabei belassen hätte, wäre der Fall vielleicht damit ebenfalls begraben gewesen. Brant wurde für das, was er mit mir gemacht hatte, wegen versuchten Mordes angeklagt und befindet sich derzeit gegen Kaution auf freiem Fuß. Selma hat einen Nobelanwalt engagiert, der ihm (natürlich) geraten hat, auf nicht schuldig zu plädieren. Ich nehme an, wenn es zur Verhandlung kommt, wird dieser Anwalt eine Methode finden, um die ganze Geschichte mir anzulasten. So funktioniert die Justiz doch heutzutage.
    Mittlerweile steht Seimas Haus zum Verkauf, und sie verläßt Nota Lake. Die Stadt ist unversöhnlich, außerdem konnten sie die Leute dort ohnehin nie leiden. Letztlich handelt es sich wohl um eine Geschichte, in der es um persönliche Unsicherheit und ge- ringe Selbstachtung geht. Wenn ich hellseherische Fähigkeiten besessen hätte - also in der Lage gewesen wäre, all diese Ereignisse vorherzusehen -, hätte ich ihr geraten, sich die Zähne überkronen zu lassen, anstatt mich zu engagieren. Damit wäre sie besser gefahren. Hochachtungsvoll, Kinsey Millhone
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