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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille
Autoren: Sue Grafton
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der offensichtlich direkt nebenan wohnte. Keine Reaktion. Ich versuchte es mit der Nummer des Nachbarn zur anderen Seite und ließ das Telefon pflichtbewußt zehnmal klingeln, wie die Telefongesellschaft es uns empfiehlt. Schließlich nahm jemand ab — eine sehr alte Person, der Stimme nach zu urteilen.
    »Ja?« Sie hörte sich an, als wäre sie sehr schwach und würde im nächsten Moment anfangen zu weinen. Ich merkte, wie ich unbewußt lauter und sorgfältiger sprach, als hätte ich es mit einer Hörgeschädigten zu tun.
    »Mrs. Ochsner?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich rufe aus Kalifornien an und versuche, die Frau, die neben Ihnen im Apartment 315 wohnt, zu erreichen. Wissen Sie zufällig, ob sie da ist? Ich habe es gerade versucht, und ich ließ das Telefon ungefähr dreißigmal ohne Erfolg klingeln.«
    »Haben Sie Probleme mit Ihrem Gehör?« fragte sie mich. »Sie sprechen sehr laut, wissen Sie.«
    Ich lachte und brachte meine Stimme wieder auf normale Lautstärke. »Tut mir leid«, meinte ich. »Ich war mir nicht sicher, wie gut Sie mich hören können.«
    »Oh, ich kann sehr gut hören. Ich bin achtundachtzig Jahre alt und kann keinen Schritt ohne Hilfe machen, aber mit meinen Ohren ist alles in Ordnung. Ich habe jedes dieser dreißig Klingelzeichen durch die Wand mitgezählt, und ich dachte, ich werde verrückt, wenn es noch länger dauert.«
    »Ist Pat Usher nicht zu Hause? Ich habe gerade mit dem Hausmeister gesprochen, und der meinte, sie sei da.«
    »Allerdings, sie ist da. Ich weiß das, weil sie noch vor wenigen Sekunden eine Tür zugeschlagen hat. Was wollten Sie denn von ihr, wenn ich fragen darf?«
    »Ja, eigentlich versuche ich, Elaine Boldt zu finden, aber wenn ich richtig verstanden habe, ist sie in diesem Jahr gar nicht runtergekommen.«
    »Das stimmt, und ich war schrecklich enttäuscht. Sie ist Teil einer Bridge-Viererrunde, wenn Mrs. Wink und Ida Rittenhouse hier sind, und wir verlassen uns auf sie. Seit letztes Jahr Weihnachten konnten wir keine Hand mehr spielen, und dadurch wird Ida sehr verstimmt sein, wenn Sie die Wahrheit hören wollen.«
    »Haben Sie eine Idee, wo Mrs. Boldt sein könnte?«
    »Nein, habe ich nicht, und ich nehme an, die Frau, die in ihrer Wohnung wohnt, ist auch dabei, auszuziehen. Die Bestimmungen dieser Wohnanlage erlauben keine Untermieter. Ich war überrascht, daß Elaine das zugelassen hat. Wir haben uns des öfteren bei der Gesellschaft beschwert, und ich glaube, Mr. Makowski hat sie aufgefordert, die Wohnung zu räumen. Die Frau stellt sich natürlich stur und behauptet, die Absprache mit Elaine beinhalte auch den ganzen Monat Juni. Wenn Sie mit ihr selbst sprechen wollen, müssen Sie wohl bald hierher kommen. Ich sah, wie sie einige Kartons aus dem Getränkeladen hochbrachte, und ich glaube... ja, ich sollte sagen, ich hoffe, sie ist dabei zu packen, während wir uns hier unterhalten.«
    »Danke, vielleicht mache ich das. Sie waren mir eine große Hilfe. Wenn ich runterkommen sollte, schau ich bei Ihnen rein.«
    »Sie spielen nicht zufällig Bridge, Liebes, oder? Seit sechs Monaten sind wir nun darauf angewiesen, nur Skat zu spielen, und Ida entwickelt ein ganz schön freches Mundwerk. Mrs. Wink und ich können das nicht mehr sehr lange aushalten.«
    »Nun ja, ich habe nie gespielt, aber vielleicht kann ich es versuchen«, sagte ich.
    »Ein Penny pro Punkt«, sagte sie unvermittelt, und ich mußte lachen. Ich rief bei Tillie an. Sie klang außer Atem, als ob sie zum Telefon gerannt wäre.
    »Hi, Tillie«, sagte ich. »Ich bin’s noch mal, Kinsey.«
    »Ich bin gerade vom Markt zurückgekommen«, keuchte sie. »Warten Sie, bis ich wieder Luft bekomme. Puh! Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich denke, ich sollte mich ein bißchen beeilen und einen Blick auf Elaines Apartment werfen.«
    »Warum? Was ist passiert?«
    »Nun, die Leute in Florida sagen, sie sei nicht da, also hoffe ich, daß wir herausfinden, wohin sie sonst gefahren sein könnte. Wenn ich gleich noch mal komme, können Sie mich hineinlassen?«
    »Ich denke schon. Ich habe nichts vor, außer die Lebensmittel auszuladen, und das dauert höchstens ein paar Minuten.«

    Als ich wieder an der Wohnanlage war, meldete ich mich über die Gegensprechanlage bei ihr. Sie ließ mich hinein und empfing mich dann an der Aufzugtür mit dem Schlüssel zu Elaines Apartment. Während wir in den zweiten Stock hinauffuhren, klärte ich sie über die Details meines Gesprächs mit Elaines Hausmeister in
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