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Kinderfrei

Kinderfrei

Titel: Kinderfrei
Autoren: Nicole Huber
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fühlen sich nicht besonders wohl mit Kindern oder finden sie einfach nicht besonders interessant. Und manche mögen tatsächlich keine Kinder. Wobei sich die Abneigung in der Regel eher gegen bestimmte Verhaltensweisen richtet wie Quengeln, Schreien, Kreischen. Allerdings möchte ich die Eltern sehen, die davon nicht auch gelegentlich genervt sind. Es ist jedoch ziemlich interessant, welch feindselige Reaktionen man mit dem Geständnis, keine Kinder zu mögen, auf sich ziehen kann. Kinderfreiheit allein kann man gerade noch durchgehen lassen, aber Kinder nicht zu mögen, scheint schlimmer zu sein als Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie zusammengenommen; man muss sich schon fast wundern, dass es noch keine Gesetze dagegen gibt. Dabei sollte es doch wohl möglich sein, in Ruhe seine Abneigungen zu pflegen, solange man niemandem Schaden zufügt. Im Übrigen sprechen Handlungen wie Anschreien, Abwerten, Schlagen, Treten, Schütteln wohl von ziemlicher Abneigung, ja Hass gegen das Opfer – Handlungen also, denen unzählige Kinder immer wieder durch ihre eigenen Eltern ausgesetzt sind. Dennoch kommt niemand auf die Idee, Eltern als Kinderhasser zu beschimpfen.
    Der zweite häufige Vorwurf ist der des Egoismus. Ein ewiges Thema, endlose Variationen. Manchmal nimmt dieser die Form einer Behauptung an, die so haarsträubend wie unverschämt ist. Sie lautet: Auch wenn die Entscheidung gegen Kinder vielleicht nicht egoistisch sein mag, so ist man durch ein Leben ohne Kinder doch quasi zwangsläufig zum Egoismus verurteilt, weil man immer nur um sich selbst kreist. – Ach? Gibt es etwa keine Freunde, Eltern, Geschwister, Verwandte im Leben von Kinderfreien? Gibt es keine Tiere, alten Menschen, Kinder, Obdachlosen, Flüchtlinge, für die man sich einsetzen und um die man sich kümmern kann? Nicht umsonst geben viele Kinderfreie schließlich an, es als ausgesprochen positiv zu empfinden, dass ihre Kinderfreiheit ihnen ermöglicht, sich gemeinnützig zu engagieren, eine gute Freundin, ein hilfsbereiter Nachbar, eine liebevolle Tochter, ein geduldiger Enkel zu sein – kurz, sich auf vielfältige Weise in der Gesellschaft und in sozialen Beziehungen zu anderen einzubringen.
    Wer also Kinderfreien Ich-Fixierung vorwirft, gibt viel von sich selbst preis. Denn so etwas kann nur aus dem Mund eines Menschen stammen, der ohne Kinder nur um sich selbst gekreist ist und der auch mit Kindern nur um sich selbst und, in einer Art erweitertem Egoismus, um seine Kinder kreisen wird. Ein Blick über den Tellerrand seiner Kernfamilie wird dieser Person bedauerlicherweise kaum gelingen. Und überhaupt: Vielleicht sollten wir uns endlich klarmachen, dass jedes menschliche Handeln auf Lustgewinn und Schmerzvermeidung ausgerichtet ist. Jeder von uns versucht Dinge zu tun, die ihn glücklich machen, und Dinge zu vermeiden, die ihm Schmerz oder Leid verursachen, ist also auf seinen eigenen Vorteil bedacht und mithin in gewisser Weise egoistisch. Soweit es sich aber explizit um den Vorwurf handelt, Kinderfreiheit sei egoistisch, weil dem Allgemeingut abträglich, so dürfte Ihnen, wenn Sie es mit der Lektüre bis hierher geschafft haben, hoffentlich klar geworden sein, dass das Gegenteil der Fall ist.
    Die notwendige Aufklärung über all diese Tatsachen kann und muss auf vielen Kanälen erfolgen. Naheliegend ist natürlich der Schulunterricht. Wenn dort die ökologischen Auswirkungen der Familiengröße und Kinderfreiheit als gleichwertige Lebensform behandelt werden, kann sich bestimmt kein Lehrer über Desinteresse und mangelnde Unterrichtsbeteiligung beklagen … Auch Filme und Serien sind hervorragend geeignet, wie die Arbeit des Population Media Center beweist. Diese in den USA ansässige Organisation entwirft zusammen mit Medienmachern und Politikern weltweit Radio- und Fernsehsendungen, überwiegend Serien und Soap Operas, um die Menschen auf unterhaltsame Weise über die Vorteile kleinerer Familien und effektive Verhütungsmethoden aufzuklären und Geschlechtergleichheit zu fördern. Ein solches Konzept kann auch in Deutschland funktionieren. Zeit also, dass endlich auch ein paar positive kinderfreie Charaktere unsere Serienlandschaft bevölkern.
    Aufklärung ist jedoch nicht nur eine Aufgabe von Politik und Medien. Jeder Einzelne von uns, ob kinderfrei oder nicht, kann etwas tun. Wenn es sich im Gespräch ergibt, weisen Sie Freunde, Bekannte und Familienangehörige auf die Tatsachen hin. Schreiben Sie Leserbriefe, wenn wieder
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