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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust
Autoren: Philip K. Dick
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mit ihrem Kreisen immer näher zu Hoppys Aufenthaltsort. »Sie Schwachkopf«, rief er. »Bleiben Sie hier.
    Die Eule flog tiefer, ließ in ihrem Verlangen, sich zu entfernen, einen lauten Ruf ertönen. Sie war seine Gefangene geworden und hatte es bemerkt. Die Eule haßte ihn.
    »Der Präsident muß auf unsere Proteste hören«, schrie er, »bevor es zu spät ist!«
    Mit einer wutentbrannten Anstrengung wendete die Eule ihr übliches Mittel an, um Unverdauliches loszuwerden; sie würgte ihn empor und spie ihn aus, und er sackte, vergeblich darauf bedacht, sich Luftströmungen zunutze zu machen, hinab auf den Erdboden. Er fiel auf Humus und Gewächse und rollte, indem er gedämpfte Quietscher ausstieß, in eine Mulde.
    Erleichtert sauste die Eule davon und verschwand außer Sicht.
    »Möge die menschliche Barmherzigkeit ihr Augenmerk hierauf richten«, rief er, sobald er reglos in der Mulde lag; er sprach mit der Stimme des Priesters aus der Vergangenheit. »Wir selbst haben dies Unheil angerichtet. Vor uns sehen wir die Folgen der menschlichen Torheit.«
    Ohne die Eule konnte er seine Umgebung nur noch verschwommen erkennen ; die gesamte Helligkeit war nicht mehr vorhanden, und nur mehrere nahe Umrisse waren noch zu sehen. Es handelte sich um Bäume.
    Doch er sah auch den Umriß von Hoppys Haus sich düster gegen den trüben Nachthimmel abzeichnen. Die Behausung war nicht weit entfernt.
    »Laß mich hinein«, sagte Bill, bewegte krampfhaft den Mund. Er wälzte sich in der Mulde umher, schlug um sich, bis das Laub zur Seite rutschte. »Ich will hinein.«
    Ein Tier, das ihn hörte, huschte vorsichtshalber davon.
    »Hinein, hinein, hinein«, sagte Bill. »Ich kann nicht lange draußen bleiben, ich werde sterben. Edie, wo bist du?« Er konnte ihre Gegenwart in näherem Umkreis nicht spüren; er nahm nur die Anwesenheit des Phokomelus im Haus wahr.
    So gut er dazu imstande war, kroch er in diese Richtung.

    Am frühen Morgen traf Dr. Stockstill vor Hoppy Harringtons Teerpappe-Haus ein, um seinen vierten Versuch zu unternehmen, eine Behandlung Walt Dangerfields anzubahnen. Der Sender, so bemerkte er, war in Betrieb, und da und dort leuchteten Lichter. Verwundert klopfte er an die Tür.
    Sobald die Tür aufging, sah er Hoppy, der wie üblich in der Mitte seines Mobils saß. Hoppy schaute ihm mit einem seltsamen, trotzigen, irgendwie wachsamen Blick entgegen.
    »Ich möcht's noch einmal versuchen«, sagte Stockstill, der wußte, wie aussichtslos seine Bemühungen waren, aber nichtsdestoweniger weitermachen wollte. »Ist's recht?«
    »Jawohl, Sir«, sagte Hoppy. »Ist recht.«
    »Lebt Dangerfield noch?«
    »Jawohl, Sir. Wäre er tot, wüßte ich's.« Hoppy fuhr beiseite, um ihn einzulassen. »Er muß noch da oben sein.«
    »Was ist passiert?« fragte Dangerfield. »Sind Sie die Nacht hindurch wach gewesen?«
    »Ja«, sagte Hoppy. »Ich habe gelernt, wie man mit den Sachen hier umgeht.« Er drehte sein Mobil bei, die Stirn in Falten gelegt.
    »Wenn ich im Rückblick darüber nachdenke, glaube ich, es war ein Fehler, ihm die Kohlendioxyd-Therapie vorzuschlagen«, sagte Stockstill, indem er vorm Mikrofon Platz nahm. »Diesmal werde ich, falls ich ihn dazu überreden kann, ganz einfach erst mal mit freier Assoziation anfangen.«
    Der Phokomelus drehte weiter sein Mobil und stieß plötzlich gegen die Seite eines Tisches. »Das war ein Mißgeschick«, sagte Hoppy. »War nicht meine Absicht. Entschuldigen Sie.«
    »Sie kommen mir irgendwie verändert vor«, sagte Stockstill.
    »Ich bin der gleiche wie immer«, sagte der Phokomelus. »Ich bin Bill Keller, nicht Hoppy Harrington.« Mit einem Servo deutete er in eine Ecke. »Dort ist Hoppy. Von nun an ist er das da.«
    In der Ecke lag ein hutzliges, teigig-kloßiges Ding von etlichen Zentimetern Länge; ein Mund klaffte in erstarrter Leere. Es wirkte irgendwie menschenähnlich, und Stockstill ging hin, um es aufzuheben. »Das war ich vorher«, sagte der Phokomelus. »Aber in der vergangenen Nacht bin ich ihm nahe genug gekommen, um überwechseln zu können. Er hat sich ziemlich gewehrt, aber er stak voller Furcht, deshalb habe ich gewonnen. Ich habe eine Imitation nach der anderen durchgezogen. Der Priester, der hat ihn fix und fertig gemacht.« Stockstill schwieg, in den Händen den runzligen kleinen Homunkulus. »Haben Sie eine Ahnung, wie man den Sender bedient?« erkundigte der Phokomelus sich schließlich. »Ich nämlich nicht. Ich hab's versucht, aber es klappt nicht. Die Lampen
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