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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust
Autoren: Philip K. Dick
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genau.«
    »Das kann ich unmöglich machen, Liebling«, sagte Gill. »Ich muß nach West Marin zurück. Dort habe ich meinen Betrieb, ich kann ihn doch nicht so ohne weiteres aufgeben.«
    »Du willst zurück nach West Marin?« vergewisserte sie sich entsetzt.
    »Ja. Warum denn nicht? Wir können doch nicht alles hinschmeißen, bloß weil Hoppy dies Ding da gedreht hat. So was kann man vernünftigerweise nicht von jemandem verlangen. Nicht einmal Hoppy verlangt's.«
    »Aber irgendwann wird er's verlangen«, sagte sie. »Letztendlich wird er alles fordern, alles zu seiner Zeit. Ich weiß es. Ich seh's voraus.«
    »Dann werden wir bis dahin abwarten«, sagte Gill. »Unterdessen wollen wir unsere Aufgaben erledigen.« Er wandte sich an Hardy und Stuart McConchie. »Herrje, ich lege mich jetzt hin«, sagte er. »Wir haben morgen derartig viel zu besprechen ...« Er stand auf. »Vielleicht renken die Dinge sich irgendwie ein. Wir dürfen nicht so leicht verzweifeln.« Er versetzte Stuart einen Klaps auf den Rücken. »Habe ich recht?«
    »Ich habe einmal unterm Bürgersteig in einem Keller Schutz suchen müssen«, sagte Stuart. »Sollte 's etwa dahin kommen, daß ich so was noch einmal tun muß?« Er schaute die anderen 1 der Reihe nach an, wartete auf eine Antwort.
    »Ja«, sagte Bonny.
    »Dann werde ich's eben tun«, sagte Stuart. »Ich bin damals rausgekommen. Ich bin nicht da unten geblieben. Und ich werde wieder rauskommen.« Er erhob sich ebenfalls. »Gill, Sie übernachten bei mir daheim. Bonny, Sie können hier bei den Hardys schlafen.«
    »Freilich«, bekräftigte Ella Hardy und regte sich gleichfalls. »Wir haben hier reichlich Platz für Sie, Mrs. Keller. Auf jeden Fall, bis wir Ihnen eine Unterbringung auf Dauer vermitteln können.«
    »Gut, vielen Dank«, sagte Bonny beinahe willenlos. »Das ist sehr nett von Ihnen.« Sie rieb sich die Augen. Erst mal anständig ausschlafen, dachte sie, das dürfte ganz hilfreich sein. Und was dann? Wir werden weitersehen. Falls wir, dachte sie, morgen noch leben.
    »Bonny«, fragte Gill sie unvermittelt, »findest du das mit Hoppy schwer zu glauben, oder ist es nach deiner Ansicht ohne weiteres glaubhaft? Kennst du ihn gut genug, um das beurteilen zu können? Verstehst du ihn?«
    »Ich glaube, das alles ist ziemlich ehrgeizig von ihm«, gab sie zur Antwort. »Aber wir hätten mit etwas derartigem rechnen müssen. Jetzt hat er mehr erreicht als jeder andere. Er hat, wie von ihm selbst angedeutet worden ist, sehr lange Arme. Er hat seine Benachteiligung glänzend auszugleichen verstanden. Man muß ihn bewundern.«
    »Ja, stimmt«, räumte Gill ein. »Ich bewundere ihn. Sogar sehr.«
    »Könnte man davon ausgehen, daß er nun mit dem, was er erreicht hat, zufrieden sein wird«, sagte sie, »sähe ich keinen Grund zur Furcht.«
    »Derjenige, den ich wirklich bemitleide«, sagte Gill, »ist Dangerfield. Er muß da oben liegen, krank wie er ist, und sich das tatenlos mitanhören.«
    Sie nickte, sah jedoch davon ab, sich vorzustellen, was Gill geschildert hatte; eine solche Vorstellung hätte sie nicht zu ertragen vermocht.

    Den Bademantel angezogen, an den Füßen die Hausschuhe, suchte sich Edie Keller den Weg zu Hoppy Harringtons Haus.
    »Schnell«, sagte in ihrem Innern Bill. »Er weiß über uns Bescheid, erzählen mir die Toten, sie sagen, wir sind in Gefahr. Wenn wir nahe genug an ihn rankommen, kann ich eine Imitation von irgendeinem Verstorbenen machen und ihm einen Riesenschrecken einjagen, weil es ihm nämlich vor Toten graust. Mr. Blaine sagt, das liegt daran, daß die Toten für ihn wie Väter sind, wie zahllose Väter, und ...«
    »Sei ruhig«, sagte Edie. »Laß mich überlegen.« In der Dunkelheit war sie ein wenig abgeirrt. Nun konnte sie den Wanderweg durch den Eichenwald nicht finden; sie blieb stehen, atmete tief durch, versuchte sich zu orientieren, so gut der schwache Schein des schmalen Mondes über ihrem Kopf es zuließ.
    Ich muß nach rechts, befand sie. Den Hügel hinunter. Ich darf nicht hinfallen, er würde die Geräusche hören, er kann von weitem hören, so gut wie alles. Schritt um Schritt, mit angehaltenem Atem, stieg sie den Hang hinab.
    »Ich habe mir eine vorzügliche Imitation ausgedacht«, versicherte Bill gedämpft; offenbar wollte er schlichtweg nicht ruhig sein. »Ich mach's folgendermaßen, wenn ich in seiner Nähe bin, imitiere ich einen Toten, das wird dir natürlich nicht gefallen, weil es ... weil es irgendwie Mist ist, aber es dauert ja
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