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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung
Autoren: David Eddings
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erzählte, die sie dazu anstiftete, Äpfel und Pflaumen aus Faldors Obstgarten zu stibitzen. Sie herrschte über sie wie eine kleine Königin, spielte den einen gegen den anderen aus und stachelte sie zu Kämpfen auf. Sie war recht herzlos, und jeder der Jungen haßte sie bisweilen und blieb selbst dann hilfloser Sklave ihrer kleinsten Launen.
    Im Winter rutschten sie auf breiten Brettern den schneebedeckten Hügel hinter dem Farmhaus hinunter und kehrten durchnäßt und schneebedeckt, mit aufgesprungenen Händen und glühenden Wangen erst nach Hause zurück, wenn die rötlichen Abendschatten über den Schnee krochen. Oder wenn Durnik der Schmied das Eis für sicher erklärt hatte, glitten sie endlos über den gefrorenen Teich, der frostig glitzernd in dem kleinen Tal im Osten der Farmhäuser an der Straße nach Obergralt lag. Und wenn das Wetter zu kalt war oder wenn es gegen Frühling ging und Regen und warme Winde den Schnee matschig gemacht hatten und den Teich zu unsicher, trafen sie sich im Heuschober und sprangen stundenlang vom Dachboden in das weiche Heu hinunter, wobei sich Strohhalme in ihrem Haar verfingen und Staub in ihre Nasen drang, der nach Sommer roch.
    Im Frühling fingen sie Kaulquappen an den sumpfigen Teichrändern und kletterten auf Bäume, um verzückt die winzigen blauen Eier zu bestaunen, welche die Vögel in die aus Zweigen geflochtenen Nester hoch im Geäst gelegt hatten.
    Es war natürlich Doroon, der an einem schönen Morgen vom Baum fiel und sich den Arm brach, nachdem Zubrette ihn in die höchsten Äste eines Baumes nahe am Teichufer gejagt hatte. Da Rundorig hilflos dastand und seinen verletzten Freund anstarrte und Zubrette sich aus dem Staub gemacht hatte, noch ehe Doroon am Boden aufschlug, fiel es Garion zu, notwendige Entscheidungen zu treffen. Einen Augenblick lang überdachte er die Situation ernsthaft, und sein junges Gesicht war ganz angespannt unter der Fülle des sandfarbenen Haares. Der Arm war offensichtlich gebrochen, und Doroon, blaß und verängstigt, biß sich auf die Lippen, um nicht zu weinen.
    Aus dem Augenwinkel nahm Garion eine Bewegung wahr, er blickte rasch auf. Ein Mann in dunklem Umhang saß auf einem großen schwarzen Pferd nicht weit entfernt und beobachtete ihn durchdringend. Als sich ihre Blicke kreuzten, fühlte Garion einen kurzen Schauer, und er wußte, daß er den Mann schon früher gesehen hatte – daß diese dunkle Gestalt tatsächlich am Rande seiner Phantasie gelauert hatte, solange er sich erinnern konnte, stets schweigend, aber immer beobachtend. In dieser schweigenden Prüfung lag eine Art kalter Abneigung, vermischt mit etwas, das fast, wenn auch nicht ganz, Furcht war. Dann wimmerte Doroon, und Garion drehte sich um.
    Vorsichtig band er mit seinem Kordelgürtel den verletzten Arm auf Doroons Brust fest, dann halfen er und Rundorig dem Jungen auf die Füße.
    »Er hätte uns wenigstens helfen können«, meinte Garion ärgerlich.
    »Wer?« fragte Rundorig und sah sich um.
    Garion drehte sich um und wollte auf den Mann im dunklen Umhang zeigen, aber der Reiter war verschwunden.
    »Ich habe niemanden gesehen«, sagte Rundorig.
    »Es tut weh«, klagte Doroon.
    »Hab keine Angst«, beruhigte ihn Garion. »Tante Pol wird es schon richten.«
    Und das tat sie. Als die drei Jungen in der Küchentür erschienen, erfaßte sie die Lage mit einem Blick. »Bringt ihn hier herüber«, bat sie mit nicht einmal erregter Stimme, setzte den blassen und heftig zitternden Jungen auf einen Stuhl in der Nähe des Herdes und mischte einen Tee aus Verschiedenen Kräutern, die sie aus den irdenen Töpfen nahm, die auf einem hohen Regal hinten in einer ihrer Speisekammern standen.
    »Trink das«, wies sie Doroon an und reichte ihm einen dampfenden Becher.
    »Macht das meinen Arm gesund?« fragte Doroon und beäugte mißtrauisch das übelriechende Gebräu.
    »Trink es einfach«, befahl sie und legte einige Schienen mit Leinenstreifen zurecht.
    »Iiih! Schmeckt scheußlich«, sagte Doroon und zog ein Gesicht.
    »Das soll es auch«, sagte sie. »Trink es aus.«
    »Ich glaube nicht, daß ich noch mehr möchte«, meinte er.
    »Na schön«, sagte sie. Sie schob die Schienen zurück und nahm ein langes, sehr scharfes Messer von einem Haken an der Wand.
    »Was hast du damit vor?« wollte er zitternd wissen.
    »Da du die Medizin nicht nehmen willst«, sagte sie sanft, »muß der Arm wohl ab.«
    »Ab?« quiekte Doroon mit hervorquellenden Augen.
    »Am besten ungefähr da«,
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