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Killing God

Killing God

Titel: Killing God
Autoren: Kevin Brooks
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gegangen, wo sie hingeht, um zurechtzukommen. Sie ist in ihrer Höhle.
    Das ist okay.
    Sie muss nicht funktionieren.
    Ich kann das für sie tun.
    Sie ist meine Mum.
    Ich liebe sie.

nine million rainy days (3)
    Erst als es klingelt, merk ich plötzlich (was mir dummerweise allen Mut nimmt), dass ich den blutbefleckten Bademantel hätte ausziehen sollen, denn wenn mich Lee Harding voller Blut sieht, dreht er doch sofort um und läuft weg, oder? Und selbst wenn er nicht wegläuft (und dazu müsste er schon ziemlich blöd sein), werd ich wohl kaum Zeit haben, mich noch umzuziehen, ehe die Polizei kommt, oder? Und selbst wenn ich doch Zeit hätte …
    Es klingelt wieder.
    Und ich überleg einen Moment, wieso Jesus und Mary keinen Laut von sich geben. Sie bellen nicht, sie rühren sich nicht, sie machen überhaupt nichts. Sie sitzen einfach nur da und sehen mich an.
    Ich seh Mum an.
    Auch sie macht nichts.
    Sie starrt nur weiter auf den Fernseher.
    Und ich überleg noch einen Moment weiter, wieso Lee Harding klingelt, obwohl ich extra die Tür angelehnt hab … aber irgendwie ist das jetzt vielleicht auch schon egal.
    Ich steh auf.
    Geh auf den Flur.
    Bleib einen Augenblick stehen …
    Und öffne die Tür.

    (you’re going to fall
    you’re going to fall down dead)

    Es ist nicht Lee Harding.

inside me (4)
    Alles bleibt (für immer) stehen, als ich vor mir auf der Treppe die beiden Polizisten seh. Die Zeit bleibt stehen, die Welt bleibt stehen … nichts rührt sich, nichts gibt einen Laut von sich.
    Der Moment ist erstarrt.
    Ich seh es als Bild, als den zum Standbild erstarrten Schluss einer unendlichen Geschichte.

    (i take my time away
    and i see something)

    Hier ist, was ich seh:

    Erstens – zwei uniformierte Polizisten in gelb leuchtenden Jacken, die im Regen stehen und mich anstarren mit ihren »Es gibt nichts, was wir nicht schon gesehen haben«-Augen.
    Zweitens – einen erstarrten Blaulichtblitz vom Dach des Streifenwagens, der hinter ihnen auf der Straße parkt.
    Drittens – die Straße, ein regengraues Asphaltband mit einem Benzinfilm, der in Regenbogenfarben schillert.
    Viertens – die immer gleiche Reihe von Häusern auf der anderen Straßenseite. Dunkle Fenster, schmutzig weiße Wände. Ein oder zwei gesichtslose Gesichter, die durch Lücken im Vorhang spähen.
    Fünftens – einen Wagen, der vorbeifährt, einen silbernen BMW, seine Bewegung erstarrt wie alles andere. Taylor sitzt auf dem Beifahrersitz und schaut zu mir rüber, ihre Augen unlesbar, und der Mann auf dem Fahrersitz muss ihr Vater sein. Lee Harding. Er hat einen kugeligen Kopf, kurzes lockiges Haar und ein Diamantpiercing im Ohr. Seine Augen sehen starr nach vorn. Das da hat mit ihm nichts zu tun.
    Sechstens – auf der andern Straßenseite, halb versteckt hinter einem schmutzigen blauen Lieferwagen (mit der Aufschrift
Marthings Möbel
an der Seite) einen zehn- oder elfjährigen Jungen in regennassem Parka, der allein auf dem Gehweg steht. Er lächelt mir zu und zeigt mir den gestreckten Daumen. Und der Blick in seinen Augen – eine Mischung aus Erregung, Neugier, Sehnsucht nach Anerkennung und Stolz – sagt mir alles, was ich über dieses Schlussbild wissen muss.
    Splodge muss die Polizei gerufen haben.
    Er muss gesehen haben, wie vorhin der blaue Lieferwagen gegenüber geparkt hat.
    Er muss gesehen haben, wie Dad ausstieg und zu mir ins Haus ging, und sich erinnert haben, dass ich ihm (schneckenbedingt) von einem nicht existierenden Mann erzählt hab, der neulich seinen nicht existierenden Lieferwagen bei unsvor dem Haus parkte. Ein nicht existierender Mann, der sich über den Durchgang in unseren Garten schlich.
    Du hättest die Polizei rufen sollen
, hatte Splodge gesagt.
    Ja, gut,
hatte ich ihm geantwortet.
Wenn ich ihn noch mal seh, ruf ich sie.
    Und Splodge muss mir zugehört haben.
    (Und vielleicht hat er ja auch den Schuss gehört.)
    Und hat die Polizei gerufen.
    Und hier steht sie jetzt, auf der Treppe, direkt vor mir, zwei erstarrte uniformierte Gestalten im blau blitzenden Regen, und jeden Moment, sobald die Welt wieder anfängt, sich (für immer) zu bewegen, werden ihre »Es gibt nichts, was wir nicht schon gesehen haben«-Augen die Blutflecken auf meinem Bademantel entdecken.
    Und das war’s dann wohl.
    Sie werden mich nach dem Blut fragen. Egal was ich vor mich hinmurmel, sie werden mit meiner Antwort nicht zufrieden sein. Sie werden ins Haus kommen, die Sporttasche und die Pistole auf dem Boden sehen, Verstärkung
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