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Killing God

Killing God

Titel: Killing God
Autoren: Kevin Brooks
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mal zu Hause bei Lee begegnet sein … und … verstehst du …«
    »Du hast eins und eins zusammengezählt …«
    Er schüttelt den Kopf. »Nicht wirklich. Auf die Art wusste ich nur, dass Lee Hardings Tochter ein paar Stunden bei meiner Tochter gewesen ist. Ich meine, natürlich hab ich geahnt, dass da irgendwas läuft, aber ich wusste nicht, was.« Er sieht mich mit unsicherem Blick an.
    »Mach dir keine Sorgen«, sag ich (leicht spöttisch), »ich hab ihr nichts von dem Geld erzählt.«
    »Ich weiß, dass du nichts erzählt hast«, antwortet er nüchtern. Wieder schaut er nach unten auf seine Hände. »Wär auch egal gewesen, wenn …« Und dann, nach einem kurzen, nachdenklichen Schweigen, sieht er mich wieder an. »Ich bin Taylor letzte Nacht wieder hinterher … oder heute Morgen, wann immer sie gegangen ist. Danach hab ich die ganze Nacht vor dem Haus von Lee Harding gewartet. Unddann bin ich den ganzen Tag über ihm gefolgt. Deshalb weiß ich, dass er hierherkommt … ich hab gehört, wie er mit Freunden im Pub drüber sprach.«
    »Du bist ihm in einen Pub gefolgt? Hast du keine Angst gehabt, dass er dich sieht?«
    Mit einem verlegenen Lächeln fasst Dad in seine Tasche und zieht eine Brille und eine Baseballkappe raus. Er setzt beide auf. »Ist ziemlich erbärmlich, ich weiß, aber es scheint zu funktionieren. Und davon abgesehen …« Er nimmt Kappe und Brille wieder ab. »Ich meine, schau mich doch an, Dawn.
Seh
ich denn etwa noch aus wie ich?«

    (and the way you are
    sends the shivers to my head)

    »Was sollen wir tun, Dad?«, frag ich.
    »Du meinst wegen Lee Harding?«
    »Ja.«
    Er sieht auf die Uhr (18.45 Uhr).
    »Habt ihr noch die Pistole?«, fragt er mich.
    »Die Pistole?«
    »Die ich mit dem Geld dagelassen hab.«
    »Ja … die haben wir noch.« Ich schau ihn an. »Ist das deine?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Ich sag nichts, sondern starr ihn nur an.
    Er seufzt wieder. »Ich hatte … ich hatte sie einfach, sonst nichts. Zum Schutz. Benutzt hab ich sie nie –«
    »Wieso hast du sie hiergelassen?«
    »Weiß nicht. Ich hatte nicht
vor
, sie hierzulassen … sie war einfach mit dem Geld in der Tasche …« Er schaut wieder auf die Uhr, dann zurück zu mir. »Wo ist sie, Dawn?«
    »Wieso? Was hast du vor?«
    »Hör zu«, sagt er. »Das Geld ist mir egal, klar? Harding kann es von mir aus haben. Und er kann auch mit mir machen, was er will … aber nicht hier. Das ist etwas zwischen mir und ihm. Und sonst keinem. Wenn er dich oder deine Mum auch nur
anschaut
…«
    »Was dann?«, frag ich. »Willst du ihn erschießen?«
    Dad sieht mich eine Weile schweigend an und ich hab das Gefühl, er möchte mir sagen, dass er einfach versuchen will zu tun, was er für richtig hält – aber ich soll nicht glauben, dass er versuchen will,
alles
wieder hinzukriegen, denn ihm ist klar, dass er das gar nicht kann.
    Und ich weiß absolut nicht, was ich dabei empfinde.
    Eine Sekunde dies, in der nächsten das …
    Du bist mein Dad.
    Du bist ein Monster.
    Ich hass dich.
    Ich hab dich geliebt.
    Ich liebe dich.
    Wie kann ich dich lieben?
    Wie kannst du mein Dad sein?

    (as far as i can see
    there is nothing left of me)

    Du hast mich umgebracht.
    Verdammt noch mal.
    Du hast mich gemacht. Du hast mich zerstört.
    Du hast mich in eine Höhle gesteckt und mich zum Sterben dort liegen gelassen.

    (and all my time in hell
    was spent with you)

    Du
bist
mein Dad.
    »Dawn«, sagt er jetzt ganz leise.
    Ich seh ihn an. »Was ist?«
    »Deine Mum kommt bald zurück. Wir müssen –«
    »Sie ist zum Arzt«, sag ich leer.
    »Ich weiß.«
    »Du bist ihr gefolgt?«
    Er nickt. »Sie hat die Praxis gegen halb sechs verlassen und ist noch was trinken gegangen.« Er schaut auf die Uhr. »Vor einer halben Stunde ist sie aus dem Pub raus. Sie müsste also jeden Moment hier sein.« Er zögert, sieht mich verlegen an. »Ist sie …? Ich meine, ist alles in Ordnung mit ihr?«
    Ich zuck mit den Schultern. »War reine Routine –«
    »Nein, ich mein überhaupt … du verstehst schon … wie geht’s ihr?«
    »Was glaubst
du

    Er nickt traurig. »Trinkt sie viel?«
    »Ja.«
    »Nimmt sie …?«
    »Nimmt sie was?«
    Er schüttelt den Kopf. »Nichts … spielt keine Rolle …«
    Ich schau ihn an, wie er in seinem Schweigen dasitzt, und seh, wie er sich verabscheut. Und ich seh, dass er weiß, er kann nichts dagegen tun. Es gibt kein Gefühl, das die Dinge besser macht – Scham, Schuld, Bedauern, Reue … alle Empfindungen sind nutzlos.
    Sie
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