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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order
Autoren: Andrea Gunschera
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Azizah drehte sich um zu den anderen, die in der Küche am Kühlschrank standen.
    „Carla!“, rief sie. „Carla, du wirst das nicht glauben! Erinnerst du dich an Nico Delani? Den Maler?“

2
     
    M
    arc Torpey’s Gedächtnis war legendär. Im CIA-Hauptquartier in Langley nannten sie ihn Magic Brain, weil er sich an Details erinnerte, die Jahrzehnte zurücklagen. Er arbeitete als Analytiker im Bereich European Affairs. Seine Aufgabe bestand darin, eingehende Informationen zu filtern und zu bewerten und, wenn möglich, Querverbindungen herzustellen.
    An einem Freitagnachmittag kurz vor Dienstschluss erhielt er eine Mitteilung aus Italien. Einer ihrer Informanten hatte ein Gerücht aufgeschnappt, das er als interessant, aber nicht sicherheitsrelevant eingestuft hatte. Der Grund für die Weiterleitung war, dass es etwas mit einem verschwundenen Attentäter zu tun hatte, der angeblich im Libanon gesehen worden war. Der Informant hatte die Mitteilung unter mögliche terroristische Aktivitäten klassifiziert, etwas, das sie in Langley als Grundrauschen bezeichneten.
    Als Torpey den Namen auf dem Bildschirm las, rastete jedoch etwas in seinem Gedächtnis ein. Er öffnete die Datenbank und tippte Nico Delani . Die Akte öffnete sich, er überflog den Text. Viel war es nicht, nur ein kurzer Absatz ohne Foto. Torpey holte scharf Luft und griff nach dem Telefonhörer.
     
    Andrew Stuart, der Bereichsleiter, stand auf und schloss die Tür seines kleinen Büros. Mit einer Handbewegung bot er Torpey einen Stuhl an. Volltreffer, dachte Torpey.
    „Woher kommt diese Information?“, fragte Stuart.
    „Mailand. Reiner Zufall, dass es nicht untergegangen ist. Unser Informant war auf einer Studentenparty und hat eigentlich nur geschaltet, weil jemand das Wort Libanon hat fallen lassen. Eine libanesische Studentin hat ihre Eltern besucht und ist dort einem Mann begegnet, den sie für Nico Delani hält.“
    „Ach du Scheiße.“ Stuart griff nach dem Telefonhörer, legte ihn dann aber zurück auf die Gabel. „Ach du Scheiße“, wiederholte er.
    „Der Kerl war doch in das Rosenfeldt-Attentat verwickelt, oder?“
    „Tatsächlich glauben wir, dass er der Attentäter war. Aber das ist die Baustelle der Israelis.“
    Torpey grinste. „Vielleicht sollten wir unseren Freunden am King-Saul-Boulevard einen Tipp geben.“
    „Vielleicht sollten wir das.“ Stuart kaute auf einem Bleistift. Er wandte Torpey den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. „Sie würden bestimmt dankbar sein. Und dann müssten wir uns nicht darum kümmern.“ Mit einem Ruck drehte er sich wieder um und griff erneut nach dem Telefon.
     
    *
     
    Am King-Saul-Boulevard, einer staubigen, dicht befahrenen Straße in Tel Aviv, steht ein graues Betonhochhaus, das Hadar Dafna Center. In seiner Eingangshalle befindet sich eine Bank, im zweiten Stock eine öffentlich zugängliche Cafeteria. An den Seiten des Gebäudes liegen einige Geschäfte, die den Eindruck erwecken, es handle sich bei dem Komplex um ein Einkaufszentrum. Nur wenige Anwohner wissen, dass hier das Hauptquartier des Mossad untergebracht ist, des israelischen Auslandsgeheimdienstes.
    Der Besprechungsraum auf Ebene IV-a hatte keine Fenster, dafür aber eine Klimaanlage, die erst kürzlich repariert worden war. Als Lev Katzenbaum eintrat, standen bereits zwei Männer im Raum. Er kannte sie beide, Adi Simmenauer, den Leiter der Abteilung für Internationale Sicherheit und Binyamin Shalev, den Vizedirektor.
    Das Meeting war unerwartet einberufen worden. Es musste etwas passiert sein. Und zwar etwas Großes, wenn Shalev persönlich dabei war. Katzenbaum legte seine Schreibmappe ab und murmelte einen Gruß. Einen Moment später erschien Natalie Zinker, Shalevs Assistentin. Sie schloss die Tür hinter sich und legte einen Stoß Akten auf den Besprechungstisch.
    „Hallo, die Herren“, sagte sie.
    Binyamin Shalev forderte die anderen mit einer Handbewegung auf, sich zu setzen. „Jemand Kaffee?“
    Natalie schaltete den Projektor ein. Katzenbaum fröstelte, weil die Klimaanlage so kalt eingestellt war.
    „Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“ Der Vizedirektor war ein kleiner, untersetzter Mann mit goldgeränderter Brille und ergrautem Haar. Seine unauffällige Erscheinung und die leise Stimme täuschten leicht über die Machtfülle hinweg, die er in der Organisation innehatte. Shalev war eine Institution am King-Saul-Boulevard, die zwei Direktoren überlebt hatte. Katzenbaum kannte ihn, seit er
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