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Kill Decision

Kill Decision

Titel: Kill Decision
Autoren: Daniel Suarez
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vergessen, die anderen einzubeziehen. «Hör mal, ich weiß nicht, was du mir unterstellst, aber falls du’s noch nicht gemerkt hast, du bist bei diesem Projekt der entscheidende Mann. Ich kann dich nicht bescheißen, ohne mich selbst zu bescheißen. Du stehst auf den Patentanträgen.»
    Strickland fragte sich, ob es an Prakashs extrem auf Konkurrenz und Durchsetzungsfähigkeit gerichteter Erziehung lag. Er wusste, Prakashs Vater war ein klassischer Typ-A-Geschäftsmann, ein harter Hund, der seine Söhne praktisch mit der Reitgerte vorwärtstrieb. Alte Schule. Und äußerst klassenbewusst.
    War es das? Strickland dachte manchmal, dass ihn Prakash vielleicht deshalb verachtete, weil er ein ganz normales Mittelschichtskind war – Sohn eines Lehrerehepaars. Er hatte Fotos vom Sommerhaus der Prakashs in Südfrankreich gesehen. Und Fotos von Vijay im Polo-Outfit, ein Pony am Zügel – als ob er mit der britischen Königsfamilie befreundet wäre oder so etwas. Er vergaß leicht, dass ihn dieser Typ vielleicht einfach als jemanden aus der Dienstbotenkaste betrachtete.
    Je länger er darüber nachdachte, desto mehr ärgerte es ihn. Er prostete Prakash noch einmal mit seinem Plastikbecher zu, zwinkerte ihn an und sagte, den Zeigefinger pistolenartig auf ihn richtend wie ein schmieriger PR-Typ: «Ich bin dein Fan! Eh? Ich bin dein Fan, Mann!»
    Jemand trat von hinten an Prakash heran und verstrubbelte ihm lachend das Haar. Strickland nutzte die Gelegenheit, um sich abzuwenden; er wollte nach draußen, Luft schnappen. Unterwegs machte er freundlich Konversation, und als er endlich die Tür erreicht hatte, sah er Licht in einem der winzigen, fensterlosen Büros, die das Laborcluster umgaben. Dort am Schreibtisch saß die kindliche Gestalt Nikolay Kasheyevs, ihres Experten für visuelle Verarbeitung.
    Kasheyev hatte irgendein Hypophysenleiden, das ihm das Aussehen eines Zwölfjährigen gab, obwohl er schon Mitte zwanzig war. Er wurde oft für ein Wunderkind gehalten, und wenn Leute diesen Fauxpas begingen, zuckte Strickland immer zusammen. Aber der Russe schien daran gewöhnt.
    Er sah, dass Kasheyev gemultiplexte Videostreams betrachtete, die als Kacheln auf seinem Bildschirm angezeigt waren. Strickland pochte mit den Fingerknöcheln an den Türrahmen. «Hey, Nik, warum bist du nicht auf der Party, Mann?»
    Kasheyev sagte, ohne den Kopf zu drehen: «Die Raben sind wieder da.»
    «Welche Raben?»
    Jetzt bequemte sich Kasheyev doch herzuschauen. «Du hörst mir nie zu, was?»
    Strickland war zu sehr mit der Frage beschäftigt, was Kasheyevs Brille gekostet haben mochte. Offenbar kam im Team nur er, Strickland, aus tatsächlich bescheidenen Verhältnissen. Alle anderen schienen reiche Eltern zu haben. Niemand außer ihm hatte während des Undergraduate-Studiums arbeiten müssen. Jedenfalls nicht in Handlangerjobs. Kasheyev schien gar nicht realisiert zu haben, dass sie heute den Grundstein dafür gelegt hatten, Millionäre zu werden. Als ob das für ihn gar nicht ins Gewicht fiele.
    «Josh.»
    «Oh. Doch, klar höre ich dir zu. Ich behalte nur nicht, was du sagst.»
    Kasheyev zeigte auf eine Reihe von sechs Videokacheln auf seinem Bildschirm – Überwachungskamerabilder, die, wie Strickland wusste, rund um die Uhr von Raconteur-Algorithmen «im Auge behalten» wurden. Das System lief jetzt in immer wieder verbesserten Versionen schon fast zwei Jahre mehr oder weniger kontinuierlich und beobachtete den öffentlichen Raum rings um das Gates-Gebäude. Das Kommen und Gehen von Studenten, Autos, allem. Das war etwas, was die Stärke des Systems ausmachte: persistente Überwachung . Beobachtung im Zeitverlauf. Bei der es Muster bemerkte und Abweichungen von diesen Mustern. Immer wieder aus dem Gesehenen Bedeutung deduzierte, die symbolischen Repräsentationen speicherte und Alarmmeldungen sandte, sobald es Anomalien feststellte – in diesem Fall an Kasheyevs iPhone. Man konnte auch bestimmte Alarmsituationen vorgeben, und im Moment fixierte sich Kasheyev offenbar auf diese Vögel. Das war noch die geringste seiner Marotten.
    Kasheyev tippte auf eins der Bilder, wo auf einem Ast ein wie ein Rabe aussehender Vogel saß und zu ihren Büros herüberblickte. Das Video lief offenbar, denn Strickland sah die Blätter des Baums im leichten Wind zittern.
    Strickland beugte sich an den Bildschirm und studierte dann das Raconteur-Log mit dem markierten Eintrag: Rabe sitzt in Baum .
    «Okay, Raconteur hat eine Vogelart erkannt. Wir sind
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