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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht?
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alles voll Lametta. Sie haben einen geschmückten Weihnachtsbaum, und auf dem Zwischengeschoss steht ein Chor und schmettert Hark the Herald.
    Demnächst gehen die Vorbereitungen für Weihnachten schon am im Januar los. Oder sie fuhren ein zusätzliches »Mittsommer-Weihnachtsfest« ein. Oder es bleibt einfach durchgehend Weihnachten, auch über Ostern.
    »Sonderangebot: festliches Calvin-Klein-Duftset?«, leiert ein gelangweilt wirkendes Mädchen in Weiß, und ich weiche ihr aus, bevor sie mich anspritzt. Bei näherer Überlegung fällt mir ein, dass Debs dieses Parfüm ganz gern mag. Vielleicht kaufe ich es ihr.
    »Ja, gern«, sage ich, und das Mädchen kippt vor Überraschung fast hintenüber.
    »Hübsch festlich eingepackt?« Sie trippelt hinter ihren Tresen, bevor ich es mir anders überlegen kann.
    »Geschenkpapier, bitte«, sage ich. »Aber nicht weihnachtlich.«
    Während sie das Päckchen einwickelt, betrachte ich mich im Spiegel hinter ihr. Meine Haare sind noch immer lang und schimmern, wenn auch nicht mehr ganz so leuchtend wie vorher. Ich trage Jeans und eine Strickjacke, und meine Füße stecken in bequemen Wildlederschuhen. Mein Gesicht ist ungeschminkt und meine linke Hand unberingt.
    Mir gefällt, was ich sehe. Mir gefällt mein Leben.
    Vielleicht führe ich kein Traumdasein mehr. Vielleicht bin ich keine Millionärin mehr, die in einem Penthouse mit Blick über London residiert.
    Aber Balham ist ziemlich cool. Und was noch cooler ist: Mein Büro liegt direkt über meiner Wohnung, sodass ich den kürzesten Arbeitsweg der Welt habe. Was möglicherweise auch der Grund sein mag, wieso ich nicht mehr in meine allerschmalsten Jeans reinpasse. Das und die drei Scheiben Toast, die ich mir jeden Morgen zum Frühstück gönne.
    In den letzten drei Monaten haben sich die Geschäfte so gut entwickelt, dass ich mich manchmal kneifen muss. Der Vertrag mit Porsche läuft und hat bereits einiges Interesse bei den Medien geweckt. Wir haben einen weiteren Deal gelandet über Teppiche für eine Restaurantkette, und gerade heute hat Fi mein liebstes Deller-Design - ein orangefarbenes Kreismuster - an ein trendiges Wellness-Center verkauft.
    Deshalb bin ich hier beim Shoppen. Ich finde, alle im Team haben ein Geschenk verdient.
    Ich bezahle das Parfüm, nehme meine Tüte und spaziere weiter durch den Laden. Als ich an einem Regal mit ultrahohen Pumps vorbeikomme, fallt mir Rosalie ein, und unwillkürlich muss ich grinsen. Sobald sie gehört hatte, dass Eric und ich uns trennen würden, verkündete Rosalie, sie wolle sich auf keinen Fall auf die Seite des einen oder anderen schlagen, ich sei ihre beste Freundin, und sie wolle mir ein Fels in der Brandung sein, absolut ein Fels.
    Einmal hat sie mich besucht. Sie kam eine Stunde zu spät und behauptete, ihr Navigationsgerät funktioniere südlich der Themse nicht, und dann habe sie ein wahres Trauma erlitten, als sie Zeugin einer Straßenschlacht zwischen rivalisierenden Banden wurde. (Zwei kleine Jungs haben sich geprügelt. Sie waren acht.)
    Aber sie ist immer noch besser als Mum, die es fertiggebracht hat, jeden geplanten Besuch bisher wegen des einen oder anderen Hundeleidens abzusagen. Wir haben seit damals immer noch nicht miteinander geredet, jedenfalls nicht richtig.
    Aber Amy hat mich auf dem Laufenden gehalten. Offenbar hat Mum am Tag nach meinem Besuch, ohne jemandem etwas davon zu sagen, einen ganzen Schwung von ihren Rüschenklamotten eingesammelt und zur Kleiderspende gebracht. Dann ging sie zum Friseur. Anscheinend trägt sie jetzt einen Bob, der ihr wirklich gut steht, und sie hat sich ein paar moderne Hosen gekauft. Außerdem hat sie jemanden bestellt, der sich um den Schimmel kümmert - und hat ihm Geld gegeben, damit er Dads Gehwegplatten abholt.
    Ich weiß, es hört sich nicht nach viel an. Aber für Mums Verhältnisse ist es ein Riesenfortschritt.
    Absolut uneingeschränkt positiv und geradezu fantastisch ist, wie gut sich Amy in der Schule macht! Irgendwie hat sie sich in einen Wirtschaftskurs reingeschmuggelt, und ihr Lehrer ist ganz sprachlos, was für Fortschritte sie macht. In den Weihnachtsferien will sie bei uns ein Praktikum machen. Ich freu mich schon darauf.
    Was Eric betrifft ... ich seufze jedes Mal, wenn ich an ihn denke.
    Er glaubt immer noch, dass wir nur vorübergehend getrennt sind, obwohl ich wegen der Scheidung bereits Kontakt mit seinem Anwalt aufgenommen habe. Ungefähr eine Woche, nachdem ich ausgezogen war, schickte er mir den
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