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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht?
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geht nicht um die Nudeln!«, schreie ich. »Eric, du verstehst nicht. Ich habe dir in den letzten Wochen was vorgespielt. Und ich kann nicht mehr.« Ich deute auf den Riesenbildschirm. »Ich steh nicht auf das ganze High-Tech-Zeug. Ich kann mich hier nicht entspannen. Ehrlich gesagt, würde ich lieber in einem richtigen Haus wohnen.«
    »Einem Haus?« Eric macht ein entsetztes Gesicht, als hätte ich eben gesagt, ich wollte mit einem Rudel Wölfe leben und ihnen Kinder gebären.
    »Diese Wohnung ist fantastisch, Eric.« Plötzlich bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich seine Schöpfung so niedergemacht habe. »Sie ist wirklich atemberaubend, und ich finde sie ganz toll. Aber das bin ich nicht. Ich bin einfach nicht gemacht für ... Loft-Style-Living.«
    Aaaaah. Ich kann es nicht glauben. Ich habe tatsächlich diese blöde Geste mit den Händen gemacht.
    »Ich bin ... schockiert, Lexi.« Eric sieht ehrlich sprachlos aus. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so empfindest.«
    »Aber das Wichtigste ist, dass du mich nicht liebst.« Ich sehe ihm offen in die Augen. »Nicht mich.«
    »Natürlich liebe ich dich!« Eric scheint sein Selbstbewusstsein wiederzufinden. »Das weißt du auch. Du bist begabt, und du bist schön ...«
    »Du findest mich nicht schön.«
    »Das tu ich wohl!« Er scheint gekränkt. »Natürlich tue ich das!«
    »Du findest meine Kollagen-Behandlung schön«, korrigiere ich ihn sanft und schüttle den Kopf. »Und meine Porzellanzähne und meine Haartönung.«
    Eric schweigt. Er mustert mich von oben bis unten. Wahrscheinlich habe ich behauptet, dass alles an mir natürlich ist.
    »Ich glaube, ich sollte ausziehen.« Ich trete ein paar Schritte zurück und starre den Teppich an. »Es tut mir leid, aber ... der Druck ist einfach zu groß.«
    »Vielleicht haben wir es übereilt«, sagt Eric schließlich. »Vielleicht wäre eine Pause tatsächlich eine gute Idee. Nach ein, zwei Wochen siehst du alles ganz anders, und wir überlegen noch mal neu.«
    »Ja.« Ich nicke. »Vielleicht.«
    Es fühlt sich merkwürdig an, dieses Zimmer zu räumen. Das hier ist nicht mein Leben - es ist das Leben einer anderen. Ich stopfe nur das Allemötigste in einen Gucci-Koffer, den ich im Schrank gefunden habe - Unterwäsche, Jeans, Schuhe. Ich habe nicht das Gefühl, als hätte ich Anspruch auf die ganzen beigefarbenen Designer-Kostüme. Und - wenn ich ehrlich sein soll - will ich sie auch gar nicht haben. Als ich gerade fertig bin, fühle ich mich plötzlich beobachtet, blicke auf und sehe Eric in der Tür stehen.
    »Ich muss gehen«, sagt er steif. »Kommst du allein zurecht?«
    »Ja, kein Problem.« Ich nicke. »Ich nehme mir ein Taxi rüber zu Fi. Sie macht heute früher Feierabend.« Ich ziehe den Reiß-verschluss am Koffer zu und zucke zusammen, weil das Geräusch so endgültig klingt. »Eric ... danke, dass ich hier sein durfte. Ich weiß, dass es für dich auch nicht leicht war.«
    »Ich habe dich wirklich von Herzen gern. Ich hoffe, das weißt du.« Aus Erics Augen spricht echter Schmerz, und ich habe ein schlechtes Gewissen. Aber man kann nicht bei jemandem bleiben, nur weil man ein schlechtes Gewissen hat. Oder weil er Speedboat fahren kann. Ich stehe auf, reibe meinen Nacken und sehe mich in dem makellosen Zimmer um. Das hypermoderne Designer-Bett. Der eingebaute Bildschirm. Das Ankleidezimmer mit unzähligen Sachen. Ich bin mir sicher, dass ich in meinem Leben nie wieder so luxuriös wohnen werde. Ich muss doch verrückt sein.
    Als mein Blick übers Bett schweift, fällt mir etwas ein.
    »Eric, quieke ich im Schlaf?«, frage ich beiläufig. »Ist dir das mal aufgefallen?«
    »Ja, das tust du.« Er nickt. »Wir waren deshalb schon beim Arzt. Er meinte, du solltest deine Nasengänge mit Salzwasser spülen, bevor du schlafen gehst, und er hat dir eine Nasenklammer verschrieben.« Er geht zu einer Schublade, holt eine Schachtel hervor und zeigt mir ein gruselig aussehendes Plastikding. »Möchtest du sie mitnehmen?«
    »Nein«, presse ich hervor. »Aber danke trotzdem.«
    Okay, ich habe die richtige Entscheidung getroffen.
    Eric legt die Nasenklemme weg. Er zögert, dann kommt er herüber und nimmt mich unbeholfen in den Arm. Ich komme mir vor, als würde ich eine Anweisung aus dem Ehe-Handbuch befolgen: Trennung (Abschiedsumarmung).
    »Wiedersehen, Eric«, sage ich zu seinem teuren, duftenden Oberhemd. »Mach‘s gut.«
    Albernerweise bin ich den Tränen nah. Nicht wegen Eric ... sondern weil es vorbei ist.
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