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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt
Autoren: Niels Peter Henning
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Waffe selbst
vor. Das AKS-74U stellte eine verkürzte Version des Avtomat Kalashnikova AK-74
dar - eine Waffe mit den Ausmaßen einer Maschinenpistole und der Feuerkraft
eines ausgewachsenen Sturmgewehrs. Ideal für den Einsatz durch Sonderkräfte. Er
betätigte die Entriegelung des Magazins und zog den Munitionsbehälter aus
seinem Schacht. Auch dieses Magazin verfügte über eine volle Ladung von 30 Patronen.
Er begann seine Aufgabe also mit insgesamt 90 Patronen. Die Waffe verfügte über
eine hohe Kadenz. Bei Dauerfeuer reichte die Munition bestenfalls für drei
Feuerstöße von jeweils kurzer Dauer aus. Damit konnte er zwar keinen Krieg
gewinnen, doch es würde genügen, um das Primärziel zu entsorgen. Abgesehen
davon würde er unterwegs weitere Munition finden. Das Management würde dafür
sorgen.
    Er kontrollierte das
Patronenlager der Waffe. Dann schob er das Magazin wieder in den Schacht, ließ
es einrasten und prüfte die Sicherung. Anschließend klappte er die
Schulterstütze aus, hob das Gewehr an die Schulter und visierte probeweise die
Tür am gegenüber liegenden Ende des Raums an. Effektiv konnte er die Waffe nur
im Nahkampf einsetzen, doch etwas anderes als den Nahkampf würde er in dieser
Welt ohnehin nicht erleben. Er klappte die Schulterstütze wieder ein und hängte
sich die Waffe über die Schulter.
    Zuletzt hob er das
Sichtgerät auf. Er hielt den Apparat mit beiden Händen vor sich in die Höhe,
als halte er eine heilige Reliquie. Ein schwarzes Kästchen aus Metall, gerade
groß genug, um in eine Männerhand zu passen. Eine Deckfläche des Geräts wurde
vollständig von einem Display eingenommen. An einer Längsseite befand sich eine
versenkte Taste. Ein Dissident hätte darin nicht mehr als ein elektronisches
Spielzeug gesehen. Ein tragbares Navigationssystem. Oder vielleicht einen
Fotoapparat ohne Objektiv. Er hingegen kannte das wahre Potential des
Sichtgeräts. Dieses Kästchen verband ihn direkt mit dem Management. Es zeigte
ihm alles, was er sehen musste. Es sagte ihm alles, was er wissen musste. Doch
er musste damit  vorsichtig sein. Ein Download aus dem Sichtgerät
verursachte Schmerzen. Außerdem musste er genau hinsehen, wenn er Daten
anforderte. Das Sichtgerät offenbarte seine Geheimnisse nicht jedem
x-beliebigen Idioten, der auf den Knopf drückte. Man musste schon wissen, wie
man damit umzugehen hatte.
    Er schob das Sichtgerät in
seine rechte Hosentasche. Zeit, sich auf den Weg zu machen. Zeit, diesem
Gesindel dort draußen Zucht und Ordnung beizubringen. In seinem Kampfanzug
würde er über sie kommen wie ein monochromer Albtraum.
    Er wurde schon wieder sauer.
Doch diesmal versuchte er nicht, sich am Riemen zu reißen. Diesmal ließ er sich
ordentlich auf Drehzahl kommen. Er stürmte zur letzten Tür und packte den
Türgriff.
    Halt!
    Gerade während seines
letzten Schrittes - hatte er da nicht etwas gehört? Hatte er nicht gerade das
Lachen eines Kindes gehört, draußen vor der Tür?
    Er hielt den Türgriff in der
Hand, doch er drückte ihn nicht nieder. Was, wenn dort draußen die Kinder auf
ihn warteten? Würde er seine Aufgabe dann noch erfüllen können? Oder würde er
versagen, wie er es schon einmal versagt hatte?
    Er wusste es nicht. Und er
war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Doch er musste! Das Management würde
kein Versagen dulden. Nicht noch einmal. Er schüttelte seinen Kopf, um die
Angst zu verscheuchen. Er durfte sich nicht von ihr lähmen lassen.
    Es funktionierte. Ein Teil
seines Selbstvertrauens kehrte zu ihm zurück. Er würde nicht versagen. Diesmal
nicht. Er würde sich nicht von einer Bande von Kindern aufhalten lassen. Er
atmete noch einmal tief durch. Dann öffnete er die Tür und trat in den Korridor
hinaus.
    Genau, was er erwartet
hatte: Dreck, Unordnung und Chaos. Der Anblick brachte ihn ordentlich in Rage
und ließ ihn die Kinder beinahe völlig vergessen. Hier sah er aus erster Hand,
was die Dissidenten anrichteten, wenn man ihnen keinen Einhalt gebot. Doch
genau damit würde er nun beginnen.
    Er hatte ein Ziel. Alles,
was er nun brauchte, war ein Weg.
    Das Sichtgerät aus der
Hosentasche zu ziehen gestaltete sich schwieriger, als er angenommen hatte,
denn seine Hände zitterten vor Wut. Dann hatte er das Gerät endlich befreit und
hielt es mit dem Display voran vor seine Augen. Er wusste, es würde wehtun,
doch er benötigte taktische Daten, um sein Ziel ausfindig zu machen. Also biss
er seine Zähne zusammen und drückte mit seinem rechten
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