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Keinesfalls Liebe (German Edition)

Keinesfalls Liebe (German Edition)

Titel: Keinesfalls Liebe (German Edition)
Autoren: Zoi Karampatzaki
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weiß mit dem Alkohol umzugehen.“ Er zwinkerte mir zu. „Ich trinke mir andauernd die Hucke voll und war noch kein Mal im Koma.“
    Ich hatte die starke Befürchtung, dass sich das ändern könnte, und hatte mir ein bisschen vorgenommen, ihn zu beobachten.
Abgesehen davon: Kein Mensch ist so wie Carlos. Niemand ist so wie ein anderer, aber Carlos ist der einzigartigste Mann, den ich bis dato kennengelernt hatte, und ich sehnte die erste Party mit ihm herbei.
    „Sagt mal, ist Carlos nicht da?“, fragte ich und warf einen Blick zu einer geschlossenen Tür, die in sein Zimmer führte.
Die beiden machten fast dieselbe verlegene Geste; während Celine an einer schwarzen Haarsträhne herumzupfte, fuhr Sean sich einmal kräftig durch seinen Schopf.
    „Ähm, tja“, murmelte Sean.
    „Carlos ist noch nicht da“, sagte Celine und schaute entschuldigend. „Wir haben ihm gesagt, er soll so höflich sein und wenigstens kurz vorbeischauen. Wir haben ihm schon eine SMS geschickt, als dein Flieger gelandet ist. Er hat nicht geantwortet – tut mir leid.“
    „Ach was, das macht nichts“, versicherte ich ihr. „Ich werde ihn schon noch zu Gesicht bekommen.“
    Sean lächelte schwach. „Ja, bestimmt. Ähm – möchtest du was essen?“
„Am liebsten würde ich eine Dusche nehmen und mich dann ins Bett legen“, seufzte ich. „Ich bin total fertig. Wäre das okay für euch?“
„Natürlich, gar kein Problem.“ Celine drückte mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. „Schön, dass du jetzt endgültig da bist.“
    „Wir wünschen dir eine schöne Zeit“, sagte Sean und wirkte dabei sympathisch unbeholfen.
    „Danke“, erwiderte ich mit einem strahlenden Lächeln.
    Ich nutzte die Zeit, die ich anschließend für mich hatte, duschte gründlich, um die Anstrengung der Reise wegzuspülen, und zog mir eine gemütliche Jogginghose und ein ebenso schlabbriges Oberteil an. Erst dann räumte ich meinen Koffer aus und baute meine Staffelei auf. Spontan machte ich mich daran, an meinem neuen Schreibtisch ein Flugzeug mit Bleistift zu skizzieren, doch ich war zu unruhig.
    Obwohl ich im Flugzeug den Großteil der Zeit verpennt hatte, überwältigte mich der Jetlag und ich packte seufzend die Skizze in meine prall gefüllte Mappe, die ich seit meinem dreizehnten Lebensjahr regelmäßig mit meinen Zeichnungen füllte. Das Erste, was ich aus einem Feuer retten würde, wäre diese Mappe.
Ich war fast eingeschlafen, als den leisen Stimmen von Sean und Celine eine Dritte hinzukam, eine energische, flotte mit rhythmischem Akzent. Eine Tür knallte zu, Lachen ertönte und dann ein Poltern. Carlos war endlich da. Fast wäre ich aufgestanden, aber die Erschöpfung wollte mich rasch wieder in den Schlaf ziehen. Ich hatte gerade die Augen geschlossen und gähnte inbrünstig, als mich ein beherztes Klopfen erneut aus meiner schläfrigen Trance riss.
    „Hmmja?“, murmelte ich.
    Die Tür wurde geöffnet und Carlos steckte sein sonnengoldenes Gesicht in mein Zimmer. Ein breites Lächeln schien ihn zu erleuchten, doch in seinen Augen, die genauso schimmerten wie seine Haut, lag trotz der Freude, mich zu sehen, noch etwas anderes; etwas Trauriges, als hätte er einen inneren Kampf auszutragen.
„Hola, Jo!“, rief er überschwänglich – sein spanisches Temperament nahm überhand – und entlockte mir ein müdes, herzliches Lächeln.
    „Hola, Carlos.“
    „Cool, dass du da bist“, sagte er schlicht. „Und sorry wegen meiner Unpünktlichkeit.“
    Ich war nicht sauer auf ihn gewesen. Spätestens sein bittender Blick und der angenehme, raue Singsang seiner ans melodiöse Spanisch gewöhnten Stimme hätten meinen Zorn ohnehin verrauchen lassen.
    „Ach was, ist okay. Find’s auch toll, hier zu sein.“ Ich gähnte wieder. „Allerdings …“
    „Klar“, lachte Carlos. „Gute Nacht.“ Er hob wie zum Gruß die Hand, dann schlüpfte er aus dem Zimmer und schloss die Tür mit ein bisschen zu viel Schwung.
    Zufrieden seufzend zog ich mir die Decke über den Kopf.

Rotschopf und Braunbär
    Schlaftrunken und etwas desorientiert ließ ich mich später am Abend dazu überreden, beim Abendessen zu helfen. Die meisten Leute, die hier wohnen – vor allem die in der reicheren Gegend am Rande der Stadt, wo sich prunkvolle Häuser aneinanderreihen wie Dominosteine – gehen häufiger aus, als dass sie zuhause essen. Denn in San Bernardino gibt es unzählige Möglichkeiten zu essen und auszugehen; von einer Pizzeria über Chinarestaurants bis
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