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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance
Autoren: H Coben
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Besonders Stacy.
    Stacy hatte mich nicht besucht, oder auch nur angerufen, aber bei ihr überrascht mich nichts mehr.

    Schließlich drehte sich meine Mutter wieder zu mir um. Ich drückte den ausgeblichenen Oscar etwas fester an mich, als mir etwas durch den Kopf ging: Wir waren wieder allein. Dad vegetierte nur noch vor sich hin. Stacy war weg, nur noch eine leere Hülle. Ich griff nach Moms Hand und spürte ihre Wärme und die in letzter Zeit dicker gewordene Haut. Wir verharrten so, bis die Tür wieder geöffnet wurde. Die Schwester von vorhin streckte den Kopf herein.
    Mom richtete sich auf und sagte: »Marc hat auch mit Puppen gespielt.«
    »Mit Action-Figuren«, korrigierte ich sie hastig. »Das waren Action-Figuren, keine Puppen.«
    Auch mein bester Freund Lenny und seine Frau Cheryl schauten jeden Tag im Krankenhaus vorbei. Lenny Marcus ist ein prominenter Strafverteidiger, der für mich allerdings auch Kleinigkeiten regelt, wie die Sache mit dem Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und den Vertragsabschluss für unser Haus. Als er sein Examen gemacht hatte und für den Staatsanwalt arbeitete, gaben ihm Gegner und Freunde wegen seines aggressiven Auftretens im Gericht bald den Namen Bulldog . Irgendwann war man dann zu dem Schluss gekommen, dass der Name zu mild für Lenny war, worauf sich dann Cujo durchsetzte. Ich kenne Lenny seit der Grundschule. Ich bin der Patenonkel seines Sohnes Kevin. Und er ist Taras Patenonkel.
    Ich habe nicht viel geschlafen. Ich liege im Bett, starre an die Decke, zähle die Pieptöne, lausche den anderen Geräuschen im Krankenhaus und versuche mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln nicht an meine kleine Tochter und die unendlich vielen Dinge zu denken, die ihr widerfahren sein könnten. Es gelingt mir nicht immer. Das Gehirn ist, wie ich erfahren musste, wahrhaftig eine finstere Schlangengrube.
    Später kam Detective Regan mit einer möglichen Spur vorbei.
    »Erzählen Sie mir von Ihrer Schwester«, fing er an.
    »Wieso?«, fragte ich zu hastig. Ehe er eine Erklärung abgeben konnte, hob ich die Hand, um ihn zu bremsen. Meine Schwester war drogensüchtig. Wo es Drogen gab, kamen auch andere kriminelle Elemente ins Spiel. »Wurde etwas gestohlen?«, fragte ich.
    »Vermutlich nicht. Es scheint nichts zu fehlen, aber die Wohnung war verwüstet.«
    »Verwüstet?«
    »Irgendjemand hat alles durcheinander geworfen. Haben Sie eine Ahnung, warum?«
    »Nein.«
    »Dann erzählen Sie mir von Ihrer Schwester.«
    »Haben Sie Stacys Akte?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Ich wüsste nicht, was ich dem noch hinzufügen könnte.«
    »Sie beide haben sich entfremdet, stimmt’s?«
    Entfremdet? Passte das auf unser Verhältnis? »Ich liebe sie«, sagte ich langsam.
    »Und wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    »Vor sechs Monaten.«
    »Gleich nach Taras Geburt.«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Wo ich sie gesehen habe?«
    »Ja.«
    »Stacy war im Krankenhaus«, sagte ich.
    »Um ihre Nichte zu sehen.«
    »Ja.«
    »Was ist bei diesem Besuch passiert?«
    »Stacy war high. Sie wollte das Baby auf den Arm nehmen.«
    »Sie haben es ihr nicht erlaubt?«

    »Genau.«
    »War sie wütend?«
    »Sie hat kaum eine Reaktion gezeigt. Wenn meine Schwester auf Drogen ist, ist sie ziemlich lahm.«
    »Aber Sie haben sie rausgeworfen.«
    »Ich habe ihr gesagt, dass sie in Taras Leben nichts zu suchen hat, solange sie nicht clean ist.«
    »Verstehe«, sagte er. »Sie haben gehofft, sie auf diese Weise dazu zu bringen, in eine Entzugsklinik zu gehen.«
    Vielleicht habe ich gegluckst. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    Ich überlegte, wie ich das ausdrücken sollte. Ich dachte an ihr Lächeln auf dem Familienfoto und an das andere, ohne Vorderzähne. »Wir haben Stacy schon Schlimmeres angedroht«, sagte ich. »Tatsache ist, dass meine Schwester nicht aufhören wird. Die Drogen haben sie fest im Griff.«
    »Sie haben also keine Hoffnung auf einen erfolgreichen Entzug?«
    Das Nein wollte mir einfach nicht über die Lippen. »Ich konnte ihr meine Tochter nicht anvertrauen«, sagte ich. »Belassen wir es dabei.«
    Regan ging zum Fenster und schaute hinaus. »Wann sind Sie in Ihr jetziges Haus gezogen?«
    »Monica und ich haben das Haus vor vier Monaten gekauft.«
    »Es ist nicht weit von den Häusern Ihrer Eltern entfernt, nicht wahr?«
    »Das stimmt.«
    »Kannten Sie sich schon lange?«
    Die Frage überraschte mich. »Nein.«
    »Obwohl Sie im selben Ort aufgewachsen sind?«
    »Wir
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