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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani
Autoren: C Paglieri
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anderer. Seinem Schmerbauch und den Blicken nach zu urteilen, die er dem Po des Mädchens hinterherschickte, musste das der
     Besitzer der Bar sein. Du dämlicher, alter Lustmolch, dachte Marco Luciani, ich habe doch keine Operation hinter mir. »Bist
     du sicher, dass er trinken |34| darf?«, fragte der Mann das Mädchen, das mit einem sagenhaft großen Becher Wasser zurückgekommen war. »Wieso? Er hat doch
     keine Operation hinter sich«, sagte sie und hob mit einer Hand Lucianis Hinterkopf an, anscheinend ohne sich vor der Schweißschicht
     zu ekeln, die ihn bedeckte. »Hier, aber trinken Sie langsam, es ist kalt.« Marco Luciani schämte sich seiner selbst, seiner
     Magerkeit, seiner Hässlichkeit und weil er sich nicht ordentlich gewaschen hatte, ehe er laufen gegangen war. Wer sie von
     Ferne gesehen hätte, er so dürr, elend und unrasiert, sie auf der Erde kniend, auf den Lippen ein besorgtes Lächeln, hätte
     sie für Jesus Christus und Maria Magdalena halten können.
    »Sollen wir einen Krankenwagen rufen? Oder jemanden, der Sie abholen kann? Ihre Frau, Ihre Freundin …«
    »Rufen Sie, um Himmels willen, nicht beide gleichzeitig«, sagte Marco Luciani, und das Mädchen lachte erleichtert. »Wenn Sie
     schon wieder zu Scherzen aufgelegt sind, dann scheint es Ihnen besserzugehen.« Er nickte und setzte sich auf. Sein Kopf hatte
     wieder eine ovale Form angenommen, sein Herzschlag hatte sich beruhigt. »Ja, danke«, sagte er zu ihr. »Tut mir leid, wenn
     Sie meinetwegen Zeit verloren haben.« Er stand auf. Der Bigo 1 schien einige Arme mehr als gewöhnlich und das Meer sämtliche Kais geflutet zu haben, aber was den Rest anging, war die Situation unter Kontrolle. Er winkte allen zum Abschied und machte
     sich auf den Heimweg, zuerst im Spazierschritt, dann locker trabend.

|35| Sieben
    Ranieri
    Assisi, sechzehn Monate zuvor
     
    »So, nach der Beschreibung Ihres Vaters müsste es hier sein. Hinter dem Klavier.«
    Ludovico und Pater Antiochus waren hinunter in den Keller gegangen, kaum dass sich der Arzt verabschiedet hatte, ein Stadtrat
     und Parteigenosse, der in Rekordtempo aufgelaufen war und versprochen hatte, er würde den Papierkrieg zur Erlangung der Todesurkunde
     ein wenig abkürzen. Er hatte kondoliert und erklärt, er stehe dem Interimsrektor in jedwedem Bedarfsfall zur Verfügung. Ludovico
     gewöhnte sich allmählich an das berauschende Gefühl, dass andere sich überschlugen, um ihm gefällig zu sein.
    »Das ist kein Klavier. Das ist ein Pianola von Kranich & Bach, erste Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts«, stellte
     er richtig.
    »Jedenfalls scheint es sehr schwer zu sein. Wir sollten jemanden rufen, der uns hilft, es wegzurücken.«
    »Nein, Pater. Je weniger Leute von dieser Geschichte wissen, desto besser.«
    Ludovico krempelte die Hemdsärmel hoch, bedeutete Pater Antiochus, mit anzupacken, und gemeinsam schafften sie es, schwitzend
     und keuchend, das Pianola so weit zu verrücken, dass sich eine Gasse öffnete. Hinter dem Instrument stand, direkt an der Wand,
     eine riesige Holztruhe, lang wie ein Sarg und über einen Meter hoch. Verriegelt war sie mit einem soliden Eisenschloss.
    »Verdammt. Sie ist abgeschlossen«, sagte Ludovico.
    Der Priester schaute ihn mit schuldbewusster Miene an und zog aus der Tasche seines Gewandes einen Schlüssel.
    |36| »Den hat mir Ihr Vater gegeben. Er bewahrte ihn in der Nachttischschublade auf.«
    Der andere riss ihn ihm fast aus der Hand und steckte ihn ins Schloss, auch wenn er bezweifelte, dass es sich würde öffnen
     lassen. Nach all den Jahren war der Mechanismus bestimmt eingerostet. Der Schlüssel ließ sich jedoch fast mühelos drehen.
     Sein Vater musste von Zeit zu Zeit in den Keller gekommen sein, um den mysteriösen Schatz zu kontrollieren.
    Ludovico war ziemlich aufgeregt, als er den Deckel hob, aber was er sah, enttäuschte ihn. Bettlaken, Unterwäsche, Spitzendeckchen,
     leinene Handtücher: eine alte, vergilbte Aussteuer, und darunter nur das Papier, mit dem der Holzboden ausgeschlagen war.
     Hatte sein Vater sich einen Scherz mit ihm erlaubt?
    »Es muss einen doppelten Boden geben«, sagte der Priester, nachdem er mit einem Blick die inneren und äußeren Ausmaße verglichen
     hatte.
    »Sie haben recht. Und der dürfte ganz schön hoch sein.«
    Mit Hilfe des Priesters räumte Ludovico die Wäsche aus, hob den dünnen Holzboden an, und schließlich sah er, heftig schnaufend
     und mit wild pochendem Herzen, wie ein blütenweißes
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