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Keine Pille gegen Mord

Keine Pille gegen Mord

Titel: Keine Pille gegen Mord
Autoren: Carter Brown
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eine zweite Tür, was wohl eine von denen war,
die ich draußen am Haus bemerkt hatte. Fenster gab es keins.
    Ich dachte an den L-förmigen Grundriß der Küche und fügte in Gedanken Wohnzimmer und
Vorhalle an. Da blieb ein quadratischer Raum, der sich wohl hinter der
mittleren Tür befand, an die ich hatte klopfen wollen, als Aldo auftauchte. Ein
quadratischer Raum mit einer Tür, die nirgends hinführte. Vielleicht wurden
dort die Skelette der Familie aufbewahrt...
    Ich hörte Geräusche aus dem
Wohnzimmer, steckte den Kopf hinein und sah, daß Aldo die Tür schloß, durch die
er vorhin hinausgegangen war. Bei ihm war eine Frau Ende Zwanzig, in einem
Kleid aus bedrucktem Stoff, das ihr bis über die Knie hing.
    »Sie sind Mrs. Hannah Charles —
Winifred Birrels Tochter ?«
    »Ja«, sagte sie leise und
nickte.
    »Sie haben mir geschrieben, ich
solle herkommen und Sie beraten, ob an den Bestimmungen des Testaments etwas zu
ändern sei ?«
    »Ja.« Sie nickte wieder. »Mein
Mann hat mir dazu geraten. Wir haben doch ein Recht auf das Geld, nicht wahr?
Es gehört doch sonst niemandem, und wir müßten es doch bekommen können. Nicht
wahr?« Bei der letzten Frage hob sich ihre Stimme, und sie sah mich nervös an,
dann gleich wieder ihren Mann.
    »Nehmen Sie Platz, Mrs.
Charles«, sagte ich. »Ich werde mein Bestes tun und die gesetzlichen Probleme
erläutern, um die es hier geht. Das dürfte Ihnen zumindest viele Sorgen
ersparen .«
    Aldo runzelte die Stirn. »Warum
kommen Sie nicht zum springenden Punkt, Mr. Roberts ?«
    »Nehmen Sie Platz, Mrs.
Charles«, wiederholte ich und ignorierte ihn. Sie sah ihren Mann unverwandt an,
ihre Blicke flehten um ein Zeichen der Zustimmung.
    Er nickte kaum merklich, und
sie seufzte erleichtert. Die Couch senkte sich tief, als sie sich an einem Ende
niederließ. Sie war zu alt, um noch ächzen zu können.
    Hannah Charles hätte eine
schöne Frau sein können, wenn man sie aus diesem Kleid genommen, ihr
kurzgeschnittenes, glänzend schwarzes Haar frisiert und die Angst in den
dunkelbraunen Augen kuriert hätte. Ich konnte ihre Beine nur vom Knie abwärts
sehen, aber nichts sprach gegen die Annahme, daß sie weiter oben genausogut aussahen. Trotz des billigen Fähnchens, das
vielleicht zu ihrer Großmutter gepaßt hätte, war ich bereit zu schwören, daß
ihre Figur so erfreulich war wie das Bankkonto ihrer Mutter.
    Ich setzte mich neben der Couch
auf einen Stuhl mit gerissenem Ledersitz. »Gibt es einen besonderen Grund,
wieso Sie das Geld gerade jetzt haben möchten, Mrs. Charles ?« fragte ich beiläufig.
    Sie sah mich an und schien
ehrlich verwirrt. »Nein. Ich meine...« Sie spreizte die Hände, und die Spur
eines Lächelns hob ihre Mundwinkel an. »Natürlich brauchen wir das Geld, Mr.
Roberts. Wie Sie sehen, leben wir nicht in Luxus .«
    »Haben Sie irgendein Einkommen,
abgesehen von dem, was Ihre Mutter Ihnen zukommen läßt ?«
    »Was, zum Donnerwetter, geht
Sie das an ?« schnauzte Aldo. »Wir wollen über unsere
Rechte informiert werden, mehr nicht. Das gibt Ihnen noch lange keinen Vorwand,
sich nach unseren Privatangelegenheiten zu erkundigen .«
    Hannah saß wie auf heißen
Kohlen, blickte starr vor sich hin und massierte sich den Hals, nur um etwas zu
tun zu haben. Auch wenn sie sich vorübergehend mal entspannte, blieb in ihren
Zügen ein Ausdruck ständiger Depression — als steckten sie fortwährend in einer
Kelter. So war ihr wohl zumute, und Aldo drehte immer mal wieder am Rad dieser
Presse.
    Aldo zwang sich, ruhig zu
bleiben. Er setzte das höfliche, aber sarkastische Lächeln wieder auf. »Spielt
es überhaupt eine Rolle, wozu wir das Geld brauchen? Es ist gar kein Geheimnis —
wir brauchen es in erster Linie, um aus diesem Bau hier herauszukommen .«
    Ich sah ihn fragend an. »Sie
wollen sagen, daß Sie erst ausziehen können, wenn Sie Ihre Erbschaft erhalten
haben ?«
    Er vergiftete mich mit Blicken,
rang sich aber durch, umgänglich zu bleiben. »Die Sache ist die, daß ich kein
Geschäft oder so etwas habe, verstehen Sie? Sicher, ich könnte in einer
Tankstelle oder sonstwo ein paar Dollar verdienen.
Oder Hannah könnte arbeiten gehen, als Verkäuferin beispielsweise. Aber ich
will das nicht, und ich...«
    »...arbeite ungern«, vollendete
ich den Satz für ihn.
    Seine dunklen Augen
konzentrierten sich auf mich wie der Doppellauf einer Schrotflinte. Mühsam
schluckte er die Galle hinunter und fuhr fort: »Es ist so, mein Lieber, daß wir
wie die Irren arbeiten
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