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Keine Pille gegen Mord

Keine Pille gegen Mord

Titel: Keine Pille gegen Mord
Autoren: Carter Brown
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ganz normal .«
    »Und seither war Rhoda zu Hause ?« fragte ich.
    »Nein. Es gab Ärger, verstehen
Sie .« Er blieb stehen, fuhr sich übers Gesicht und
wies auf eine grasbewachsene Böschung neben der Straße. »Kommen Sie, da wollen
wir uns ein wenig ausruhen. In meinem Alter wird Sitzen zu einem sehr
geschätzten Zeitvertreib .«
    »Okay«, sagte ich. Es war ein
schönes Plätzchen, schon der Aussicht wegen. Wir befanden uns über der Stadt
und dem Binnensee, und in blauer Feme konnte man den Pazifik sehen. Der Tag war
klar und warm.
    »Vor einem Jahr wurde Rhoda in
ein anderes Privatsanatorium gebracht, nachdem sie verrückt gespielt hatte«,
sagte Macintosh. »Es gehört einem Dr. Hufford und
liegt dreißig Kilometer weiter oben an der Küste. Es heißt
Rest-View-Sanatorium. Hufford ist ein anerkannter
Psychiater, er kam vor zwei Jahren aus San Francisco .«
    »Verrückt gespielt — heißt das,
sie fing an, die Männer gleich auf der Hauptstraße zu vernaschen ?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf,
und das dichte graue Haar stellte sich im Wind und wuchs zu einem
Heiligenschein um seinen Kopf. »Jemand wollte sie umbringen. Eine wütende
Ehefrau. Rhoda war in der Stadt, und die Frau fing an, von der anderen
Straßenseite mit dem Revolver auf sie zu ballern. Sie war natürlich hysterisch
und hat nicht getroffen, aber Rhoda verlor den Kopf. Sie rannte schreiend die
Straße hinunter und drei Kilometer zur Stadt hinaus — bis wir sie wieder
einfingen .«
    »Muß das aufregendste Ereignis
des Jahrhunderts gewesen sein — für Humboldt Creek«, sagte ich.
    Er lächelte, und tief in seinen
Augen glomm es auf. »Sie wollen sich doch nicht über unser Städtchen lustig
machen, Randall ?«
    »Was ist mit Roger — Ruths Mann ?« fragte ich.
    »Ein stiller Mensch.« In Dale
Macintoshs Augen leuchtete es noch. »Möchten Sie einen Schluck trinken ?«
    »Gern«, sagte ich. »Wollen wir
zurückgehen ?«
    »Nicht nötig.« Er griff in die
hintere Hosentasche und zog eine flache Flasche heraus. »Ich hoffe, Sie mögen
Whisky pur .«
    »Nach Wodka-Collins mein liebstes
Getränk«, sagte ich und nahm die Flasche. Ich trank ausführlich und gab sie ihm
zurück. Die Wärme im Magen tat wohl, und die Aussicht gefiel mir noch besser.
    »Roger, Ruths Mann, stammt vom
Ort, wie Aldo auch«, sagte Macintosh, belustigt die Flasche in seiner Hand
betrachtend. »Er ist erst zweiundzwanzig. Drei Jahre jünger als seine Frau und
noch ziemlich unberührt von den Sorgen dieser Welt. Es scheint ihm nichts
auszumachen, daß Ruth die Hosen anhat. Sie läßt ihn angeln, und er gibt keinen
Mucks von sich, wenn sie ihn abkanzelt .«
    »Bleiben Ruth selber — und
Hannah«, sagte ich.
    »Es sind beide hübsche Frauen,
aus denen auch ganz normale Hausfrauen und Mütter geworden wären — wenn sie
nicht von einer Frau großgezogen worden wären, die mehr oder weniger verrückt
war. So sitzen sie seit Jahren in diesem Haus wie in einem Gefängnis und warten
nur darauf, daß die Alte stirbt und sie endlich wegziehen können .«
    Ich sah ihn an, und seine
hellen Augen erwiderten den Blick, voll der betrüblichen Weisheit eines Philosophen,
der viel mehr weiß, als er einem anvertraut.
    »Vielleicht ist eine von ihnen
zur Ansicht gelangt, sie habe schon zu lange gewartet«, sagte ich.
    »Vielleicht«, war alles, was er
sagte. Er nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche.
     
     
     

2
     
    Das Haus der Birrels entstammte
nicht der Planung eines vernunftbegabten Menschen. Ich hatte viel davon gehört,
aber jetzt hatte ich es erstmals vor Augen.
    Langsam fuhr ich den Feldweg
hinauf, wo zwischen den Räderfurchen kniehoch Gras wuchs, und dabei hatte ich
Muße, das Haus von drei Seiten zu bestaunen.
    Es stand auf der höchsten
Stelle einer riesigen Wiese, mit Blick aufs Meer, das etwa sieben Kilometer
entfernt war. Hinter dem Haus stieg das Gelände steiler an, Eichen und
Nadelhölzer stritten sich dort, wer in diesem Wald am meisten zu wachsen habe.
Die zwanzig Hektar Grund, vornehmlich eben, erstreckten sich nördlich des
Anwesens bis zum Ufer einer langen schmalen Bucht, die einige Kilometer lang
zum Besitz der Birrels gehörte.
    Das verwirrende,
zweigeschossige Haus ragte mitten aus einem Tohuwabohu von Räumen heraus, die
wie verlorene Riesenwürfel über die Wiese verstreut schienen. Sie waren
verschieden groß und sogar verschieden hoch. Die Wände bestanden aus jeglichem
Material, von Bruchstein bis Teerpappe.
    Es war unmöglich, die Anzahl
der
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