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Keine Pille gegen Mord

Keine Pille gegen Mord

Titel: Keine Pille gegen Mord
Autoren: Carter Brown
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einiger Mühe erhob ich
meine Blicke wieder zum dunklen Gesicht mit den hellbraunen Augen, die gar
nicht mehr furchtsam dreinblickten.
    »Wo sind Ruth und Roger ?« fragte ich.
    »Ruth ist drinnen. Roger...«
    »Danke, ich weiß schon«,
unterbrach ich.
    »Wollten sie etwas von ihm ?«
    Ich schüttelte den Kof .
    »Wissen Sie, Mr. Randall — der
Sheriff war sehr böse, weil Sie nicht auf ihn gewartet haben. Er sagte etwas
von einem Haftbefehl gegen Sie. Ich hoffe sehr, daß Sie keinen Ärger kriegen .«
    »Ich werde mich schon
herausreden«, meinte ich.
    »Oh, das hoffe ich auch .« Sie lächelte aufmunternd, dann umwölkte unendliche Trauer
ihre Züge. »Wissen Sie, es war furchtbar. Ich meine, als sie den armen Aldo
heraustrugen. Sie mußten ihn hier durchtragen, sie fanden keinen anderen Weg
aus dem Haus. Und ich mußte die Leiche identifizieren. Es war einfach
furchtbar. Er war ganz steif und sah so schrecklich aus, sein Gesicht war so
grau, und das Blut...«
    »Ich habe ihn gesehen«, sagte
ich kurz. »Aber es muß schon schlimm für Sie gewesen sein, ihn so zu sehen, mit
demselben zornigen Ausdruck in den Augen, den er auch trug, als Sie ihm das
Messer in den Bauch stießen .«
    Danach war es sehr still in der
Küche. Hannah starrte mich mit einer Mischung aus Neugier und Abwägen an. Es
erinnerte mich an einen Metzger, der abschätzt, wie viele Steaks er wohl aus
diesem Ochsen schneiden kann.
    Und ich blieb still, weil ich
das Küchenmesser vergessen hatte, das lose in Hannahs Hand hing; jetzt
überlegte ich krampfhaft, wie ich es ihr abnehmen konnte.
    Dann kam Ruth aus der staubigen
Stille des Wohnzimmers und blieb vor uns stehen, die Hände in die Seiten
gestützt, die hübschen Beine gespreizt. Mit rauchiger Stimme sagte sie: »Randy,
ist das wahr ?«
    »Juristenhirne arbeiten
langsam, sogar meines, aber ich bin sicher, daß Hannah die Mörderin ist.
Aufgrund eines Ausscheidungsprozesses ist sie, wie wir Anwälte sagen, die
logische Wahl .«
    »Mr. Roberts, ich meine doch,
Sie sollten sich diesen Vorwurf nochmals gründlich überlegen«, sagte Hannah.
Ihre Augen blitzten so scharf wie die Klinge in ihrer Hand.
    »Ja, Randy, ich glaube, Sie
haben sich an Rhodas Geistesschwäche etwas infiziert. Hannah konnte
unmöglich... Lieber Gott, von allen Leuten ausgerechnet die willenlose Hannah.
Da wäre ja eher ich zu einem Mord fähig !«
    »Das glaube ich nicht, Ruth.
Sie sind aggressiv, gewiß. Sie empfinden Haß und Abneigung gegen Menschen, Sie
sind eine dynamische Persönlichkeit. Aber Sie reagieren sich ab, Sie entladen
sich, wenn Ihnen der Kragen zu eng wird. Sie lassen Ihre Wut ständig an anderen
Leuten aus, genau wie Aldo es tat. Roger andererseits ist zu dumm und
gefühlsarm, um menschliche Regungen wie Eifersucht, Angst ,
Haß und Gier zu empfinden. Er wird gewalttätig, wenn Sie ihn dazu bringen, aber
er ist viel zu genügsam, um jemals Groll gegen die Welt gehegt zu haben. Hannah
hingegen wurde ständig herumgeschubst. Sie hat sich mit Haß förmlich aufgeladen .«
    Ruth starrte mich an, als hätte
ich ein Gesicht, wie es gar keines geben könne. Dann, langsam und kaum
merklich, nickte sie. »Ja, ich verstehe«, sagte sie mit zitternder Stimme. »So
muß es sein. Ich dachte, Rhoda sei’s gewesen. Aber Rhoda ist verrückt, lebt in
einer Traumwelt. Sie dreht mal durch, wie bei Ihnen, vielleicht wäre sie auch
mit dem Messer auf Aldo losgegangen. Vielleicht hätte sie ihn in dieses Zimmer
gelotst — sie ist sehr beredt, und Sie wissen, wie ich das meine — , aber sie wäre niemals fähig gewesen, mit dem Messer
dicht genug an ihn heranzukommen, ohne daß ihm etwas geschwant hätte. Dazu
brauchte es Berechnung. Das Messer mußte verborgen sein. Und so hätte Rhoda
nicht gehandelt. Wenn es also Roger und ich nicht waren...«
    Ich sprang beiseite, als Hannah
mit dem Küchenmesser auf mich losstürzte. Ich hätte es nie geschafft, wenn ich
sie nicht ständig im Auge behalten hätte; im Augenblick, ehe sie sprang,
verrieten mir die gespannten Beinmuskeln, was passieren würde.
    Ich drückte mich an die Wand, während
das Messer durch die Luft schnitt. Ich griff nach ihrem rechten Arm, bekam das
Handgelenk zu packen, aber sie ließ das Messer nicht los, und dabei kratzte sie
mit der freien Hand nach meinen Augen. Sie verfehlte sie, aber die Nägel
harkten mir schmerzhaft übers Gesicht.
    Während ich mit ihr rang und
mir Tränen in die Augen schossen, hörte ich plötzlich einen dumpfen Schlag —
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