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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel
Autoren: Eloisa James
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»Für diejenigen unter Ihnen, die erst später zu uns gestoßen sind: Wir haben schon ein wenig geübt, indem wir aus dem Stegreif zitiert haben. Heute Abend wird es zwei Lesungen geben. Zuerst liest Lady Beatrix aus einem Stück von Shakespeare, und dann werde ich etwas aus der Bibel vortragen.«
    Mr Cable lebte ein wenig auf. Offenbar war ihr gutes Beispiel nicht ohne Einfluss auf die junge Witwe geblieben. Shakespeare und die Bibel – eine gute Kombination. Lady Beatrix ging nach vorn und stellte sich vor dem Kamin auf. Sie trug ein seidenes Abendkleid in einem kräftigen Rosé. Natürlich enthüllte das Mieder viel mehr Hals und Busen, als Mrs Cable annehmbar fand. Doch Lady Beatrix machte einen nervösen Eindruck, was Mrs Cable wieder ein wenig mit ihrer Aufmachung versöhnte. Eine junge Dame, die vor illustren Gästen lesen sollte, musste ja vor Angst zittern.
    Und Mrs Cable hatte recht: Bea zitterte vor Aufregung. Immer wieder schielte sie verstohlen zu Stephen hinüber, doch der machte ein ernstes Gesicht. Nichts an seinem Auftreten ließ darauf schließen, dass er die letzte Nacht in ihrem Bett verbracht hatte. »Ich lese einen Dialog aus
Romeo und Julia
«, verkündete Bea den Zuhörern.
    »Eine ausgezeichnete Wahl«, bemerkte Lady Bonnington. »Ich bin von Shakespeares Werken sehr angetan. Ich bin nicht derselben Meinung wie gewisse andere, die ihn der Frivolität zeihen.«
    »Für einen Dialog brauchen Sie aber einen Mann«, meinte Esme. »Suchen Sie sich doch einen Partner aus, Bea.«
    Meine Güte, wie zweideutig Esme dreinschauen kann,
dachte Bea. Geschähe ihr recht, wenn ich den Marquis nähme, wenn ich Esme ihren angeblich unerwünschten Freier vor der Nase wegschnappte. Und natürlich musste Esme gerade zwischen den beiden attraktivsten Männern des Publikums sitzen: Stephen saß links von ihr und der Marquis zu ihrer Rechten.
    Aber Bea wählte natürlich nicht Bonnington. Sie wandte sich an Stephen und lächelte ihn schmelzend an. »Mr Fairfax-Lacy, wenn Sie bitte so freundlich wären?«
    Seine Miene gab nichts preis. Anmutig erhob er sich und nahm das Buch, das sie ihm reichte.
    »Wir lesen aus der Balkonszene«, sagte Bea.
    »Sehr gut! Sehr schön!«, trompetete Lady Bonnington. »Besonders
Oh Romeo! Warum denn Romeo?
hat mir immer so gut gefallen.« Sie wandte sich an ihren Sohn. »Erinnerst du dich, wie wir letztes Jahr Edmund Kean als Romeo gesehen haben, mein Lieber?«
    Sebastian bedachte seine Mutter mit einem finsteren Blick. Er hatte das Gefühl, dass heute etwas Wichtiges geschehen würde und obendrein etwas, das Esmes fingiertes Verlöbnis mit Fairfax-Lacy scheitern lassen würde. Lady Beatrix war gewiss ein Wirbelwind, aber so, wie Fairfax-Lacy sie ansah, war er wohl gewillt, die Herausforderung anzunehmen.
    Währenddessen sah Stephen seine Bea an, und sein Herz klopfte in freudiger Erregung. Sie umwarb ihn! Sein Liebling hatte beschlossen, nun doch um ihn zu werben! Er schaute in sein Buch. »
Doch still, was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Ost, und Julia die Sonne!
« Seine Blicke erzählten ihr das Gleiche: Sie war sein Osten, seine Sonne, sein Leben. Doch sie starrte in ihr Buch, das dumme Ding, als verließe sie der Mut.
    Bea hielt ihr Buch ganz fest, weil sie so das Zittern ihrer Finger verbergen zu können glaubte. Sie tat es wirklich und wahrhaftig, sie machte es wahr: Sie stahl sein Herz, nahm ihn, ruinierte ihn … »
Nun gute Nacht
«, sprach sie mit ruhiger Stimme. »
So süße Ruh’ und Frieden, als mir im Busen wohnt, sei dir beschieden
.« Dann endlich wagte sie es, ihn anzusehen. Das zärtliche Lächeln in seinen Augen war alles, was sie sich ersehnt hatte. Sie holte tief Luft und las weiter, bis sie zu der Stelle kam. Verstohlen schielte sie auf ihre Zuhörer, begegnete Esmes lachenden Augen und Helenes stoischen grauen, Sebastian Bonningtons ironischem, mitfühlendem Blick und schließlich den Augen Lady Bonningtons, in denen sich beginnendes Verständnis abzeichnete. Dann wandte sie sich wieder Stephen zu.
    Bea brauchte das Buch nicht mehr, sie klappte es zu und legte es beiseite. »
Wenn deine Liebe, tugendsam gesinnt, Vermählung wünscht
«, sprach sie klar und deutlich, »
so lass mich morgen wissen
…«
    Doch seine Stimme griff die Zeile auf, während er ihr seine Hände hinstreckte. »
Wo du und wann die Trauung willst vollzieh’n. Dann leg ich dir mein ganzes Glück zu Füßen und folge durch die Welt dir als Gebieterin

    »Ich will«,
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