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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel
Autoren: Eloisa James
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bewacht. »Ich möchte, dass Sie es als Erste erfahren«, sprach sie, jedes Wort sorgfältig betonend.
    »Oh?«, machte Fanny und wirkte ein wenig nervös.
    »Ich unterhalte eine Affäre mit dem Verlobten Ihrer Tochter, mit Mr Fairfax-Lacy. Wir erfreuen uns Nacht für Nacht aneinander – in rauschhafter Vereinigung.«
    Fanny klappte der Mund auf. »Wie können Sie es wagen, in meiner Gegenwart solche Worte in den Mund zu nehmen?!«, rief sie schrill.
    »Wenn es Sünde ist, Mr Fairfax-Lacy zu lieben … nun, dann will ich eine Sünderin sein!«, gab Lady Godwin zurück. Sie erhob sich. »Meine Anwesenheit kann wohl nur noch als störend empfunden werden, deshalb ziehe auch ich mich zurück.«
    Honoratia fand Lady Godwins Wortwahl reichlich seltsam. Da sie im Lauf ihres Lebens viele Ehen und viele illegitime Verbindungen beobachtet hatte, bezweifelte sie stark, dass Lady Godwin jemals eine rauschhafte Vereinigung erlebt hatte. Dennoch, Loyalität war eine lobenswerte Eigenschaft, und Lady Godwin besaß sie in höchstem Maße.
    Fanny hatte sich inzwischen wieder beruhigt und verzehrte mit Appetit eines der Zitronentörtchen, die sie abends niemals zu sich nahm. Nun saßen sie nur noch zu zweit da, zwei alte Xanthippen, die zwar einen makellosen Ruf, aber sonst nicht viel vorzuweisen hatten. Keiner von beiden war in den letzten Jahren ein amouröses Angebot gemacht worden.
    Fanny tupfte sich geziert den Mund ab. »Ich wundere mich doch sehr, dass du ausgerechnet dieses Haus ausgesucht hast, um der Saison in London zu entfliehen, teure Honoratia«, sagte sie. »Ich werde morgen in aller Frühe zu Lady Pindlethorp zurückkehren. Ich habe Esme heute Morgen in diesem Sinne unterrichtet, und jetzt bin ich fest entschlossen. Es wäre mir mehr als lieb, wenn du mich begleiten würdest.«
    »Möchtest du nicht lieber bleiben und deinen Enkel etwas besser kennenlernen?«
    »Das wäre zu schmerzlich für mich. Meine Tochter versteht den Kummer nicht, der mich jedes Mal überfällt, wenn ich an meinen teuren verblichenen Sohn erinnert werde. Im Übrigen fürchte ich, dass meine anfänglichen Zweifel bezüglich der Läuterung meiner Tochter nur zu begründet waren. Ich bewundere deine großzügigen Anschauungen, meine Liebe, aber du bist viel zu optimistisch. Hast du gewusst, dass meine Tochter nicht weiß, wer der Vater ihres Kindes ist?«
    »Natürlich nicht!«, erwiderte Honoratia mit Donnerstimme. Esmes Mutter würde doch gewiss nicht so niederträchtig sein und derartigen Klatsch über die eigene Tochter verbreiten!
    Fanny biss von ihrem Törtchen ab. »Ich habe sie, ganz diskret natürlich – brieflich –, dazu befragt. Sie hat jedoch nicht auf meine Frage geantwortet, was ja bereits Antwort genug ist, nicht wahr? Der Tee ist übrigens kalt.« Sie läutete. »Wie gesagt, ich würde es sehr begrüßen, wenn du mich morgen begleitetest.«
    Honoratia erhob sich. Fanny sah erschrocken zu ihr auf. Honoratia stampfte heftig mit dem Stock auf, und wirklich bebte Fanny vor Angst wie ein faules Hausmädchen. »Du wirst niemandem auch nur ein Wort über die Vaterschaft deines Enkels sagen!«, befahl sie.
    »Nein, natürlich nicht, ich …« Fanny war vollkommen aus der Fassung gebracht. »Ich sage es ja auch nur dir als enger Freundin!«
    »Von diesem Augenblick an sind wir keine engen Freundinnen mehr«, sagte Honoratia und richtete sich noch mehr auf. »Tatsächlich ist unsere Freundschaft beendet. Und wenn ich jemals einen Hauch von Klatsch über deine Tochter oder deinen Enkel hören sollte, der von dir ausgegangen ist, Fanny, dann werde ich dich vernichten.«
    Fanny starrte sie mit großen Augen an.
    »Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«
    Fanny zuckte zusammen, schwieg jedoch.
    »Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
    Fanny wand sich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mir etwas so Ordinäres zutrauen kannst, wie über die Unmoral meiner Tochter zu sprechen.« Sie stockte, als sie Honoratias entschlossene Miene sah. »Ich sage nichts!«, rief sie schrill.
    Honoratia machte sich nicht die Mühe, etwas zu erwidern. Sie humpelte zur Tür und ließ Fanny zwischen Törtchenkrümeln und Tassen zurück, in denen der Tee immer kälter wurde.

37
    Nächte rauschhafter Vereinigung
    »Und dann habe ich gesagt, wir würden Nächte in rauschhafter Vereinigung verbringen!«
    »Rauschhafte was?«, fragte Esme.
    »Rauschhafte Vereinigung. Das war das Einzige, was mir in dem Moment einfiel. Ist wirklich ein merkwürdiger
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