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Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Titel: Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Autoren: Lorelei Mathias
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man – Amelie las es mit Kummer und Entsetzen – leider hatte entlassen müssen. Und weiter ging’s mit dem Loblied auf das große Talent: Es wurde berichtet, wie er sich schon in jungen Jahren in Sydney einen Ruf erworben hatte, dass er mehr Preise eingeheimst habe als jeder andere seiner australischen Berufskollegen. Amelie überflog das Weitere, und ihr Magen zog sich erschreckt zusammen: Da stand, dass Josh schon viele »kühne Ideen« habe, dass er »neue Initiativen« einbringen, »Umstrukturierungen« vornehmen wolle. Großer Gott – das war doch wohl Managercode für Entlassungen, oder? Das wusste doch jeder, oder? Amelie, die es nun wirklich mit der Angst bekam, hatte auf einmal das Gefühl, dass ihr Job tatsächlich auf dem Spiel stehen könnte, jetzt wo ihnen dieser neue Creative Director vor die Nase gesetzt worden war. Auf einmal sah sie die Fast-Love-Kampagne in einem ganz neuen Licht.
    Also gut, dachte sie entschlossen. Ich werde in den nächsten vier Wochen auf jegliches Privatleben verzichten. Sie machte ihre Handtasche auf und kramte ihren Terminkalender heraus. Brutal strich sie die meisten Verabredungen aus, und nur mit großen Gewissensbissen ließ sie hie und da etwas stehen. Dann klappte sie den Kalender wieder zu. Sie hörte, wie im Stockwerk allmählich die Lichter ausgingen, und erkannte, dass sie mal wieder zu den Letzten gehörte, die noch da waren. Also gut, Zeit zu gehen, sagte sie sich. Sie nahm ihre Handtasche, mummelte sich fest in Schal und Mantel und verließ das Gebäude.
    Als Amelie auf den Soho Square hinaustrat, merkte sie, dass aus dem Nieselregen, der den ganzen Tag auf London herabgefallen war, nun ein weit ungemütlicherer Eisregen geworden war. Kleine Hagelkörner peitschten ihr ins Gesicht. Mit hochgezogenen Schultern schlurfte Amelie an einem Zeitungsverkäufer vorbei, einem alten Mann, der sie unfehlbar jeden Morgen grüßte. Sie griff in ihre Tasche und gab ihm eine Ein-Pfund-Münze und zwei Zwanzig-Pence-Stücke.
    »Ich hab zwar keine Zeit, sie zu lesen, aber hier haben Sie trotzdem das Geld.«
    »Großer Auftrag, was?«, sagte der Mann und nahm die Münzen entgegen.
    Amelie blieb verblüfft stehen. Woher wusste er? »Ja... ja, das stimmt. Vielleicht sogar der wichtigste Auftrag meines Lebens.«

2. KAPITEL
    Feldforschung wider Willen – eine Tagebuchaufzeichnung
    Büro, Freitag, 7. Januar, 15:00 Uhr
     
    Liebes Tagebuch!
    Hallo. Ist schon’ne Weile her, seit ich das zum letzten Mal gemacht habe... du musst Geduld mit mir haben, bin ein bisschen aus der Übung.
    Die Sache ist die: Bin gezwungen, zum Speed-Dating zu gehen – was mir, lägen die Dinge anders, nicht mal in meinen schlimmsten Albträumen einfallen würde! Aber die Umstände erzwingen es: Seit ich weiß, dass Duncans und meine Karriere auf dem Spiel stehen, fällt mir überhaupt nichts mehr ein – mein Hirn ist wie leer gefegt. Und dies scheint die einzige, wenn auch verzweifelte Lösung zu sein.
    Ursprünglich dachte ich, es könnte unseren Feldforschungen dienlich sein, wenn wir uns Notizen machten, doch dann kam ich auf den Gedanken, wie lange es her ist, seit ich zum letzten Mal ein Tagebuch geführt habe. Habe als Kind andauernd in mein Tagebuch geschrieben, aber, liebes Tagebuch, du weißt ja, wie das ist (oder auch nicht): Man wird erwachsen, das »wahre« Leben mit all seinen Anforderungen klopft an die Tür, und das Tagebuchschreiben bleibt auf der Strecke... Hatte lange Zeit fest vor, alles später nachzutragen, aber man vergisst so schnell ... Und schließlich habe ich das Schreiben, wenn auch mit schlechtem Gewissen, ganz aufgegeben. Aber das ist jetzt vorbei! Jetzt geht’s wieder los, liebes Tagebuch. Es ist inzwischen – in immerhin dreizehn Jahren – viel passiert, aber das wirst du schon nach und nach mitkriegen...
    Also, meiner bescheidenen Meinung nach ist Speed-Dating so ziemlich das Unromantischste, was man machen kann. Duncan, unverbesserlicher Optimist, der er ist, scheint dagegen der Meinung zu sein, dass irgendwas Gutes ja an der Sache sein müsse. Er sagt, es sei wie mit all dem anderen Schrott, für den wir uns Werbekampagnen haben einfallen lassen: Man müsse »Das Produkt« so lange »erforschen«, bis man was Gutes oder Nützliches dran findet und daraus kann man dann die Kampagne stricken. Hat nicht einer aus der Branche mal gesagt, man müsse »das Produkt so lange verhören, bis es gesteht«? Bisschen übertrieben, ich weiß, aber nicht ganz unwahr. Also dann, hier
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