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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre
Autoren: Imogen Parker
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einem geschlitzten
Löffel die Knoblauchzehen aus dem Öl und gab vorsichtig Auberginen und Zucchini
dazu, dann die tropfenden, auseinanderfallenden Tomatenscheiben. Sie verschloß
die Pfanne mit einem festsitzenden Deckel und drehte die Flamme niedriger. Sie
hörte, wie Stephen mit dem Restaurant sprach und wünschte sich plötzlich, sie
würden ausgehen. Sie brauchte dringend Abwechslung.
    »Sag ihnen, wir kommen heute abend doch«,
rief sie zu ihm herüber, aber er hatte bereits aufgelegt.
    »Nein, du hast schon recht, es ist
besser, wenn wir uns heute einen ruhigen Abend machen, nach deinem...« Er kam
über die abgeschmirgelten Dielen zurück.
    »Es geht mir wieder gut. Ehrlich.«
    »Der Tisch ist wahrscheinlich weg«,
sagte er. Offensichtlich war er nicht scharf darauf, noch einmal anzurufen.
»Egal, es riecht köstlich, was du da machst, viel leckerer.«
    »Das schmeckt morgen noch besser, das
ist immer so bei Ratatouille«, sagte sie, obwohl sie irgendwie wußte, daß sie
schon verloren hatte. Sie konnte nicht allzusehr drängen. Er würde sie langsam
für verrückt halten oder nach Gründen für ihr seltsames Verhalten suchen. »Na
gut, dann eben nächste Woche«, sagte sie.
    »Ja, nächsten Freitag. Ich hab gesagt,
um acht. Ist das okay?«
    »Gut.« Sie fühlte sich wie eine
Fremde, die am Telefon eine Verabredung zum Lunch trifft. Sie wandte sich
zurück zur Küche.
    »Alison?«
    »Ja?«
    »Geht es dir auch wirklich gut?«
    »Ja«, sagte sie, froh, daß sie ihm den
Rücken zudrehte und er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
     
    »Du hast sie gehaßt, stimmt’s?« fragte
Lia, als sie beobachteten, wie Ginger wegradelte. Lange nachdem ihre Silhouette
mit der Nacht verschmolzen war, reflektierte der glänzende Rucksack noch die
orangen Neonlampen der Straße.
    »Gehaßt nicht«, antwortete Neil
vorsichtig. »Ich fand sie nur arrogant. Und ein bißchen ordinär.«
    Lia lachte.
    »Ich mochte sie«, sagte sie. »Ich
glaube, hinter all dem großspurigen Getue verbirgt sich ein verängstigtes,
kleines Kaninchen.«
    Lia war eine gute Beobachterin. Sie
hatte die Fähigkeit, Leute dazu zu bringen, sich wohlzufühlen. Sie konnte
stundenlang über Nichtigkeiten reden, aber ihre Beobachtungen waren trotzdem
immer messerscharf. Er liebte ihren manchmal etwas seltsamen Sprachgebrauch,
der von ihrem langen Auslandsaufenthalt herrührte. Angsthase, dachte er, würden
die meisten Leute sagen. Ein kleiner Angsthase. Aber Lia sagte Kaninchen. Er
stellte sich Ginger mit Kaninchenohren vor, die aus ihrer stoppeligen
wasserstoffblonden Frisur herausstanden, und irgendwie kam er jetzt besser mit
ihr klar.
    »Wollen wir ein Taxi nehmen?« fragte
er und nahm Lias Arm.
    »Nein, laß uns zu Fuß gehen. Ich gehe
gern im Dunkeln spazieren und unterhalte mich mit dir«, sagte Lia.
    Er dachte an den Abend, an dem sie
sich kennengelernt hatten, wie sie im Mondschein nebeneinander hergegangen
waren und kaum ein Wort gesprochen hatten. Aber der Anstand gebot eine kurze
Wartezeit zwischen dem ersten Blickwechsel und Sex.
    »Willst du nicht mehr zu dem Kurs gehen?«
fragte er sie.
    »Ich weiß nicht. Ich dachte, ich
wollte all das über die Phasen der Wehen wissen, aber jetzt bin ich mir nicht
mehr so sicher. Ich habe mich ein bißchen komisch gefühlt, als diese Frau
ohnmächtig wurde, sobald wir reinkamen. Es war wie ein Omen.« Sie sah ihn von
der Seite an, um zu sehen, ob er zustimmte. Er tat so, als bemerke er es nicht.
»Ich weiß nicht«, fuhr sie fort. »Ich glaube, ich will lieber für alles offen
sein.«
    Er seufzte erleichtert. Er wollte auf
keinen Fall wieder hingehen, aber er wußte nicht, wie er das erklären sollte.
Er hätte sofort etwas sagen sollen, dachte er, anstatt zu warten, es
herauszuschieben, die Blondine mit zum Abendessen zu nehmen, um Zeit zum
Nachdenken zu haben.
    »Mal sehen, wie es nächste Woche
aussieht«, fügte sie hinzu.
    Er spürte, wie sich ein Samen der
Angst in seinem Magen einnistete. Wieder sagte er nichts. Es war leicht, im
Dunkeln zu schweigen, wenn sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Es war keine
Lüge, sagte er zu sich selbst. Er wollte nichts sagen, was sie aufregen würde,
nicht bei ihrem Blutdruck. Und überhaupt, folgerte er, gab es da eigentlich
überhaupt nichts zu sagen. Es zu erwähnen würde ihm eine Bedeutung verleihen,
die nicht angebracht war, würde es als Problem erscheinen lassen. Was es nicht
war. Überhaupt nicht.
     
    Am Fuße des Hügels stieg Ginger von
ihrem Fahrrad ab und fing
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