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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas
Autoren: Lutz Dirksen
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Anakondas, lebte vor 60 Millionen Jahren in Südamerika. Paläontologen fanden extrem große Wirbel dieser Schlange. Daraus errechneten sie eine Länge von unglaublichen 15 Metern! Ein wahrlich unglaublicher Titan muss sie gewesen sein und ganz sicher die Herrscherin über ihre längst vergangene Welt. Noch mehr als bei den Anakondas muss das Leben dieser Giganten ans Wasser angepasst gewesen sein. Selbst große Anakondas sind an Land sehr langsam, wirken eher plump und unbeholfen als schnell und agil.
    Etwa 15 Minuten haben wir mit der Anakonda gerungen – uns erschien es allerdings wie eine Ewigkeit. Ohne Micks beherzten Sprung ins Wasser und seinen Mut, sich zwischen den Sträuchern in die Reichweite des riesigen Mauls der Anakonda zu begeben, hätten wir dieses muskulöse Kraftpaket niemals gefangen. Bestimmt gehörte auch eine gehörige Portion Glück dazu, dass wir es tatsächlich geschafft haben, ohne dass einer von uns größere Blessuren davongetragen hat.
    Die Himmelsschleusen öffnen sich jetzt wie zur ultimativen Sintflut. Der Regen holt uns in die Wirklichkeit zurück, kühlt unsere erhitzten Gemüter ab. Wir ziehen der Schlange einen Baumwollbeutel über den Kopf. Ein solcher Beutel bietet entscheidende Vorteile: Das Reptil kann atmen, sieht aber nichts mehr – und kann nicht mehr richtig zubeißen. Erfahrungsgemäß bleiben Reptilien mit einem Beutel über dem Kopf ruhig liegen. Jetzt erinnern wir uns wieder an die Kamera, die nach wie vor am gegenüberliegenden Ufer steht und filmt. Zum Glück hatten wir sie mit einem Regenschutz versehen. Als wir sie holen, stellen wir enttäuscht fest, dass sich fast die ganze Szene außerhalb des Blickwinkels der Kamera abgespielt hat, weil die Anakonda seitlich ins Gestrüpp ausgewichen ist. Lediglich der schwankende Bug des Bootes und Wellen im Wasser lassen erahnen, welches Drama sich soeben abgespielt hat.
    Durch den Regen fahren wir mit Vollspeed zu unserem kleinen provisorischen Dschungelcamp. Hier wuchten wir die Anakonda an Land und legen sie zwischen uns auf den Boden. Im Moment ist sie ruhig und akzeptiert für den Augenblick, dass sie erst einmal in unserer Gesellschaft sein wird. Uns ist vollkommen klar, dass das auf Dauer so nicht bleibt. Die letzten Sonnenstrahlen blitzen bereits durch die Baumwipfel. Sehr bald schon wird es dunkel sein. Wir sind klitschnass, vom Fahrtwind durchgefroren und erledigt. Noch jagt das Adrenalin durch unsere Blutbahnen. Wir stehen um die Schlange herum und fragen uns, wo wir sie über Nacht lassen. Es kommt der Vorschlag auf, sie in mein Zelt zu packen. Das lehne ich vehement ab: »Seid ihr verrückt, ich brauche das Zelt noch! Die Anakonda drückt einmal gegen beide Seiten, und die Nähte platzen. Außerdem wäre sie weg.« Die drei anderen schlafen in Hängematten unter gespannten Planen. Daraus lässt sich jedenfalls kein sinnvoller Aufbewahrungsort für die Schlange herstellen. Je länger wir nachdenken, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass wir für unseren Gast kein Zimmer freihaben. Ein zweites Boot der Expedition soll erst in den nächsten Tagen mit weiterer Ausrüstung zu uns stoßen. Es gibt nur eine Lösung: Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns nachts rund um die Uhr zu ihr zu setzen und ihr abwechselnd Gesellschaft zu leisten. Mike und Bill übernehmen die ersten Nachtwachen, danach ist Jörg dran. Ich bin der Letzte, meine Nachtwache dauert von drei bis sechs Uhr morgens. Ich gehe früh ins Zelt, stelle meinen Wecker auf drei Uhr früh, lege mich auf meine Luftmatratze und krieche in den Schlafsack. Ich höre das Gemurmel der anderen drei, die sich angeregt unterhalten. An Schlaf ist allerdings nicht zu denken, ich bin innerlich noch viel zu aufgeregt. In Gedanken male ich mir aus, wie ich die Anakonda am nächsten Tag am besten vermessen und weitere Merkmale von ihr ermitteln werde. Die Enttäuschungen der letzten Wochen sind wie fortgeblasen. All die Strapazen, die wir auf uns genommen haben, führten uns schließlich hierher, zum Höhepunkt der Reise. Ich seufze auf, dieses Mal jedoch vor Erleichterung. Der Knoten ist geplatzt, ich fühle mich wie befreit. Leicht ist mir ums Herz, als ich müde und glücklich endlich einschlafe. Mein letzter Gedanke: Expeditionen sind eben keine Urlaubsreisen, jedoch viel schöner als diese, wenn das gesteckte Ziel erreicht wird!

2
Wie wir den Biber zum Beißen brachten

03:16 Uhr
    »Unsere Anakonda hier ist jedenfalls kein Menschenfresser!«, beruhige ich
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