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Kein Zurueck nach Oxford

Kein Zurueck nach Oxford

Titel: Kein Zurueck nach Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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entspannen und den Abend von Herzen genießen konnte. Wenn Devlin sich einigermaßen benahm, würde die Veranstaltung ein Kinderspiel werden. Und tatsächlich: Devlin schien wirklich in Form zu sein. Vielleicht hatten die Krankenschwestern ihn so das Fürchten gelehrt, dass er ganz brav geworden war.
    Kate schlenderte durch die Buchhandlung und begutachtete das Angebot. Hier möchte ich einmal viel Zeit verbringen dürfen, dachte sie. Es gab eine Menge Bücher, die sie ihrer eigenen Sammlung gern einverleibt hätte. Gartenbücher, Kochbücher. Kochbücher! Unwillkürlich musste sie an Andrew denken, und ihre gute Laune bekam einen Dämpfer. Schluss damit, Kate, mahnte sie sich. Du hast hier zu arbeiten. Du wirst lächeln und fröhlich aussehen. Sie ging zurück zu den Romanen, nahm die neue Kate Atkinson aus dem Regal, die sie schon lange lesen wollte, und ging damit zur Kasse. Wenn sie wieder in Oxford war, würde sie sich ein paar Stunden Zeit nehmen und sich dem Ergebnis der harten Arbeit einer anderen Autorin widmen.
    Die ersten Kunden trafen ein. Sie wirkten lebendiger als das Publikum, das bisher ihre Veranstaltungen besucht hatte. Vielleicht waren sie auch ein wenig jünger. Und was Bob angekündigt hatte, stimmte: Sie schienen einander zu kennen. Überall im Geschäft begrüßte und umarmte man sich.
    Kate drehte sich zu Aisling um. »Nicht ein einziges bekanntes Gesicht heute Abend«, flüsterte sie ihr zu.
    »Wieso? Hatten Sie jemanden erwartet?«, fragte Aisling.
    »Nein, aber ich war schon fast daran gewöhnt, bei jeder Lesung mindestens einen von Devlins Widersachern vorzufinden.«
    »Sprechen Sie über mich?« Devlin war unmittelbar hinter Kate aufgetaucht.
    »Ja, natürlich«, bestätigte Kate. »Und wo wir gerade dabei sind: Können Sie mir zufällig beschreiben, wie Edmund aussieht?«
    »Wozu das denn?«
    »Für alle Fälle. Bei der Lesung in der Bibliothek war nämlich ein Edmund anwesend.«
    »Edmund ist groß, dürr und hat eine ziemliche Mähne, die ihm in die Stirn fällt. Und er trägt eine Brille.«
    »Ist er so um die siebzig?«
    »Fünfunddreißig.«
    »Dann war es nicht Ihr Edmund.« Kate verspürte eine gewisse Erleichterung. Nachdem Rodge handzahm geworden war, sah es fast danach aus, als ob sie an diesem Abend keinen Angriff zu befürchten hätten.
    »Hallo Kate«, ertönte eine sanfte Stimme unmittelbar hinter ihrem Stuhl.
    Sie blickte sich um. Es war Jim Russell. Jessie konnte sie nicht entdecken, aber Bill und Joy winkten ihr fröhlich von der ersten Stuhlreihe aus zu. Ihre Groupies. Wie schön, eine treue Gefolgschaft zu haben!
    Bob Alden bat um Ruhe und kündigte an, dass Kate eine kurze Rede halten und anschließend aus ihrem neuesten Werk vorlesen würde.
    Die Rede konnte Kate inzwischen fast im Schlaf halten. Ehe ich zu schreiben beginne , recherchiere ich sehr gründlich über das Thema . Jim Russell hatte sich neben die Brents in die Mitte der ersten Reihe gesetzt. Ununterbrochen lächelnd folgte er mit den Augen jeder ihrer Bewegungen. Merkwürdig, wie selten man Männer so ganz ohne triftigen Grund lächeln sah. Ich mache mir die Mühe , mich so tief in die entsprechende Zeit hineinzuversetzen , dass ich genau weiß , wie sich meine Personen in jeder Situation verhalten , und auch , was sie essen oder trinken . Frauen in einem bestimmten Alter lächelten ständig, als gehöre es zu ihrer Pflicht als Frau, glücklich und zufrieden zu erscheinen. In gewisser Weise handelt es sich bei den Recherchen um den leichtesten Teil meiner Arbeit . Das Merkwürdige an Jim Russell war, dass seine obere Gesichtshälfte nicht zur unteren passen wollte. Seine Stirn war flach und breit; die Augenbrauen sahen aus, als habe man sie mit einem feinen, in hellbraune Farbe getauchten Pinsel aufgemalt. Seine Augen waren die eines Sehers, eines Propheten. Sie waren dunkelbraun und wirkten sehr sanft. Während sie sprach, beobachtete er sie ununterbrochen durch die obere Hälfte seiner Zweistärken-Brille. Nicht ein einziges Mal ertappte sie ihn beim Blinzeln. Meine Entwürfe halte ich in einem , manchmal auch in zwei Notizbüchern fest . Sein Nasenrücken war schmal und sehr gerade. Wenn ich dann zu schreiben beginne , ist es wichtig , dass ich mich in strenger Selbstdisziplin übe . An der Spitze wurde die Nase etwas breiter. Die Nasenflügel bebten wie bei einem erregten Pferd oder einem Mops. Seine Oberlippe war ausgeprägt, stark gekerbt und wurde von großen Zähnen so weit nach vorn geschoben,
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