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Kein Weg zurück

Kein Weg zurück

Titel: Kein Weg zurück
Autoren: Natalie Schauer
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nicht da war. Meine Großmutter musste ins Krankenhaus und ich verbrachte die ganze Nacht bei ihr. Es tut mir unendlich leid. Um dir meine Liebe zu beweisen, will ich, dass du diesen Brief liest. Er ist an meine Mutter adressiert, die ihn allerdings nicht mehr lesen kann. All meine wahren Gefühle stecken in diesem Umschlag. Bitte lies ihn für sie.
     
    In wahrer Zuneigung, Josephine.
     
    Jonathan stolperte zurück, ließ die Waffe fallen. Was hatte er nur getan? Er hatte seine große Liebe getötet! Er hatte Josephine erschossen, den einzigen Menschen, der ihn jemals wirklich liebte! Ihm wurde schwarz vor Augen. Er wusste nicht mehr, wo er war und was er getan hatte. Einige Sekunden später hörte er die Polizeisirenen und er war wieder im Hier und Jetzt. Die wenigen Sätze veränderten alles. Nicht sie war die Böse, sondern er selbst. Er nahm die Waffe, setzte sie an seine Stirn und schoss, ohne lange darüber nachzudenken. Das war am 17. Juni 2011 – als Jonathan zum Mörder wurde und seine große Liebe tötete.
     
     

 
    Gib mir die Kraft
     
    Dorothea saß vor dem Grab ihrer Tochter, die seit über vierzig Jahren tot war. Es war ein schönes Grab. Sie hatte sich für einen herzförmigen Grabstein entschieden, denn Herzen hatte Jasmin immer so ger ne gemocht. Dorothea entfernte mit ihrer zittrigen Hand das herabgefallene Laub vom Grab und betrachtete die schönen Rosen, die sie gepflanzt hatte. Die goldene Schrift war etwas verblasst, doch die Erinnerung an den Tag der Beerdigung, an das Gefühl des Verlustes waren genauso präsent wie damals. Sie sah immer noch das leere Bett vor sich. Spürte noch immer die Angst und die traurige, dunkle Gewissheit.
     
    „ Ich hasse dic h!“ Jasmin knallte die Türe zu ihrem Kinderzimmer zu und l ieß ihre Mutter ratlos stehen. In letzter Zeit häuften sich die Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter. Dorothea unternahm keine Ansta lten, ihrer pubertierenden Tochter zu folgen, sondern begab sich ins Wohnzimmer. Es würde ohnehin nichts brin gen, mit Jasmin zu reden. Sie blieb dieses Wochenende zuhause und damit basta. Es reichte wohl nicht aus, dass sie vor einer Woche beim Ladendiebstahl erwischt worden war . Nein, dieses Mal nicht. Dorothea wollte von nun an härter durch greifen.
     
    „ Sie lässt mich nicht weg.“
    „ Du musst aber mit. Ich traue mich nicht allein.“
    „ Ich kann nicht, ehrlich. Seit letzter Woche ist sie nur noch misstrauisch. Ich darf es jetzt nicht übertreiben, sonst muss ich in den Ferien wieder zu meinen Großeltern.“
    „ Tobi hat das Auto. Er kann dich abholen.“
    „ Spinnst du. Wenn meine Mom das mitkr iegt, komme ich nie wieder raus.
    „ Sie muss es ja nicht wissen.“
    „ Ich weiß nicht.“
    „ Komm schon. Um zehn holen wir dich an der Kurve ab, und morgen früh bist du wieder in deinem Bett. Sie merkt nichts.“
    Jasmin war nicht wohl bei der Sache, doch sie wollte nicht als Spielverderberin dastehen.
    „ Ok, um zehn.“
     
    Dorothea klopfte um neun Uhr nochmal an die Türe ihrer Tochter. Sie wollte sich vor dem zu Bett gehen noch mit Jasmin aussprechen, doch die Türe war verschlossen. Dorothea wusste nicht, wie sich das Verhältnis zu ihrer Tochter so plötzlich hatte verschlechtern können. Vor ein paar Jahren noch waren sie ein super Team gewesen – beste Freundinnen. Von einem Tag auf den anderen hatte sich alles geändert: Jasmin war in die Pubertät gekommen und hatte begonnen, gegen Dorothea zu rebllieren.
     
    „ Jasmin. Darf ich rein kommen?“
    „ Verpiss dich.“
    „ Ich habe morgen Frühschicht. Ich sch aue, bevor ich fa hre, nochmal bei dir rein.“
    „ Von mir aus.“
    „ Gute Nacht.“
    „ Nacht.“
     
    Dorothea schreckte aus dem Schlaf. Was war das? Die Tür e? Ja, es läutete. Verschlafen späte sie auf ihre Armbanduhr. Fünf Uhr. Wer konnte das sein? Sie schnappte sich ihren Bademantel und tappte zur Haustüre. Sie ging dabei am Zimmer ihrer Tochter vorbei. Den Lichtstrahl, der unter der Türe durchschimmerte, den bemerkte Dorothea nicht. Ohne zu f rag en, wer draußen stand, öffnete sie die Türe.
    „ Frau Bauer?“ Verwirrt blickte Dorothea in die Gesichter zweier Polizisten.
    „ Ja. Was wollen Sie?“
    „ Dürfen wir kurz herein kommen?“
    „ Weswegen? Um was geht es?“
    „ Es geht um ihre Tochter?“
    „ Um Jasmin?“
    „ Frau Bauer, dürfen wir bitte hereinkommen?“
    Dorothea bekam es mit der Angst zu tun. Sie geleitete die beiden Herren ins Wohnzimmer. Warum standen
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