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Kein Weg zurück

Kein Weg zurück

Titel: Kein Weg zurück
Autoren: Natalie Schauer
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geht es los?“
    „ Treffen wir uns um sieben vor der Schule?“
    „ Ja. Ich freue mich!“
    Jonathan war glücklich, er hatte sich überwunden und das wurde belohnt. Er hatte ein Date, ein richtiges Date!
     
    Der Donnerstagnachmittag ging nur langsam vorüber und Jonathan überlegte fieberhaft, was er anziehen sollte. Er wollte nicht zu übertrieben auftreten, doch es sollte doch etwas Schickes sein. Das erste Mal seit der Grundschule ging er auf ein Schulfest. Er war mehr als aufgeregt, doch die Vorfreude auf Josephine überwiegte. Was würde sie anziehen? Wahrscheinlich ein Sommerkleid, nicht zu elegant, aber trotzdem unbeschreiblich schön. Er versank in Tagträumereien und malte sich den Abend in allen Farben aus. Bereits eine halbe Stunde zu früh stand er in schwarzer Hose, weißem Hemd und Krawatte vor der Schule. Er hatte noch eine Rose dabei, auch wenn das etwas lächerlich aussehen mochte. Er war eben ein Gentleman der alten Schule, dachte er sich. Es war bereits fünf vor sieben, doch Josephine tauchte nicht auf, dafür kamen seine drei „Peiniger“, die in schallendes Gelächter ausbrachen, als sie ihn sahen.
    „ Na, hat dich deine Sahneschnitte versetzt?“
    „ Weißt du es denn noch nicht? Sie war gerade mit mir zugange.“
    Jonathan versuchte nicht hinzuhören, doch seine Wut stieg ihm in den Kopf.
    „ Ach komm, lass ihn, der sieht schon noch, dass sie ihn verarscht.“
     
    Er war erleichtert, als sie weg waren und wartete weiter. Die Minuten vergingen, doch Josephine war nicht in Sicht. Als er das letzte Mal auf die Uhr schaute, zeigte sie halb neun an. Jonathan ging nach Hause, warf die Rose in den Müll und fasste einen folgenschweren Entschluss. Er war geblendet von den Sprüchen der Jungs und hatte einen Hass auf seine Liebe, die ihn einfach so sitzen ließ. Er riss sich die Krawatte vom Hals, stieg die Treppen zu seinem Zimmer hoch und fasste unter sein Bett. Er bekam eine Gänsehaut, als er die kalte Waffe in seinen Händen fühlte. Doch er spürte noch etwas anderes – den Zettel, den er vor Wochen so akribisch genau geschrieben hatte. Er nahm beides mit und verließ das Haus erneut. Die Nacht verbrachte er vor dem Schulgebäude. Er schlief nicht und er aß nichts. Er wusste, dass es die richtige Entscheidung war und er war bestens vorbereitet. Er hätte es schon vor Wochen machen sollen, doch diese Schlampe hatte ihn in die Irre geführt. Er steigerte sich in seine Verzweiflung derartig hinein, dass er den Moment der „Abrechnung“ nicht mehr abwarten konnte. Er wartete ab, bis alle Schüler in den Klassen waren und ging dann wie immer den langen Flur mit den grünen Wänden entlang. Warum wurden die Wände in Schulen immer so gestrichen? Ein dunkles, dreckiges Grün, das beängstigend wirkte. Er kam an seinem Spind vorbei, beachtete ihn aber nicht. Der Weg hinauf zu seinem Klassenzimmer kam ihm unendlich lang vor, länger als an einem normalen Schultag. Die Waffe hielt er fest umklammert. Er hatte genau sechs Schuss, mehr brauchte er nicht. Er dachte an seine Liste, die er in der Hosentasche trug, doch er würde sie nicht benutzen, denn er kannte die Namen in- und auswendig. Er öffnete die Klassentüre, die Lehrerin lächelte, doch als sie seine Hand sah, versteinerte sich ihr Gesicht. Es vergingen nur einige Sekunden, dann ertönte der erste Schuss - er traf Ben direkt am Kopf. Ein Kreischen ging durch die Klasse. Der zweite traf David an der Schulter. Der dritte ging ins Leere. Der vierte traf Daniel mitten im Gesicht. Jonathan nahm die Schreie der anderen Mitschüler nicht wirklich war. Er war wie betäubt. Blut spritzte überall und er war zufrieden. Er wollte die Klasse verlassen, als Josephine den Raum betrat und Jonathan ihr, ohne zu überlegen, mitten ins Herz schoss. Ihre Augen waren riesig und starrten ihn an. Sie fiel direkt vor seine Füße. Jonathan lief denselben Weg zurück, den er gekommen war. Er musste diese verdammte Waffe loswerden. Sein Spind fiel ihm ins Auge. Er würde die Waffe dort verstecken. Er gab den Code ein und öffnete die Türe, dann fiel ihm ein Brief direkt vor die Füße. Er zitterte am ganzen Körper, als er den Brief aufhob. Es stand in großen Buchstaben sein Name darauf: JONATHAN. Sein Herz begann, wie wild zu klopfen. Er wusste, dass er das Richtige getan hatte, doch was war das für ein Brief? Er öffnete ihn langsam und las die ersten Sätze, die ihm das Herz zerrissen.
     
    Mein lieber Jonathan,
     
    entschuldige, dass ich gestern
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