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Kein Sex ist auch keine Loesung

Kein Sex ist auch keine Loesung

Titel: Kein Sex ist auch keine Loesung
Autoren: Mia Morgowski
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Klaus sich mit den Fäusten auf die Schreibtischplatte und lässt
     mit sich überschlagender Stimme die Katze aus dem Sack. Dabei kann er nicht aufhören, sich nach jeder noch so kleinen Pause
     panisch umzusehen.
    «Die Agentur ist pleite! Komplett abgerockt, alles aus und vorbei.»
    |34| Und mit einem Gesicht, als hätte er den leibhaftigen Antichrist vor sich, fügt er wimmernd hinzu: «Wir werden alle unseren
     Job verlieren. Arbeitslos und mittellos   …»
    An dieser Stelle drückt er sich nun auch noch theatralisch eine Träne aus dem Auge. Mir reißt endgültig der Geduldsfaden.
     Wenn ich eins noch furchtbarer finde als heulende Frauen, dann sind das heulende Männer. Oder das, was dazwischenliegt.
    «Jetzt bleib mal locker. Bist du sicher, dass du da nicht vielleicht etwas falsch verstanden hast? Ich meine, du hast schließlich
     die Bespitzelung abgebrochen, ehe das Telefonat zu Ende war. Vielleicht sind dir dabei wichtige Details entgangen?» Ein ‹April,
     April› zum Beispiel, denke ich gehässig.
    «Nein, ich bin mir ganz sicher. In solchen Dingen bin ich absolut zuverlässig. Ich würde dich niemals damit behelligen, wenn
     ich mir nicht ganz sicher wäre, es auch wirklich gehört zu haben», prahlt er nun ganz ungeniert.
    Mir kommen auch gleich die Tränen, allerdings weil ich gerade zufällig auf die Uhr gesehen habe und genau jetzt zwei Stockwerke
     höher im Meeting sitzen sollte.
    «Jetzt pass mal auf.» Ich nähere mich Klaus’ operiertem Näschen mit einem Geodreieck – das Erstbeste, was ich auf meinem Schreibtisch
     an gefährlich anmutenden Accessoires ergreifen kann. «Ich werde der Sache nachgehen. So lange hältst du allerdings deine Klappe,
     verstanden? Oder aber   …» Langsam wandert das Geodreieck von Klaus’ Nase abwärts bis zu seinen Genitalien. «Oder aber ich beauftrage ein paar Leute,
     mal in deinem Kleiderschrank ein bisschen auszumisten. Dann bleibt nichts übrig außer deiner alten Edwin-Jeans.»
    |35| Das wäre ja für mich schon eine Horrorvorstellung, und auch an Klaus zieht die Drohung nicht spurlos vorüber. Mit zitternder
     Hand schiebt er beschwichtigend das Geodreieck fort.
    «Nee, nee, ist klar. Kannst dich auf mich verlassen. Ehrlich. Ich will doch nicht, dass Panik ausbricht.» Jetzt zwinkert er
     mir zu, als müsse er mich beruhigen und nicht ich ihn.
    Ich drehe ihn an den Schultern herum, öffne die Tür und pikse ihm zum Abschied mit dem Geodreieck in den Hintern. «So, husch,
     husch, die Waldfee, ich muss jetzt in den Konferenzraum.»
    Quiekend schießt Klaus aus dem Zimmer, und ich knalle lautstark die Tür hinter uns beiden zu. Ich hasse Dienstage, vor allem,
     wenn ich an das Meeting denke, welches mir jetzt bevorsteht.
     
    «Hey, Tom!»
    «Hey, Marc!»
    Unsere beiden auf Schulterhöhe erhobenen Hände klatschen im Vorbeigehen aneinander.
    Jeden Dienstagvormittag treffen sich alle zum kollektiven Anschiss, dem sogenannten Statusmeeting. Hatte man bis hierher noch
     geglaubt, die Spuren eigener Unzulänglichkeiten unbemerkt im Pool des globalen Chaos verschwinden lassen zu können, so ist
     dies der Tag des Jüngsten Gerichts. Und das im Grunde nur, weil immer mindestens zwei Kolleginnen meinen, an diesem Tag ihrer
     Niederträchtigkeit freien Lauf lassen zu müssen.
    Ich sage hier bewusst Kolleginnen, denn während Männer sich zwar vereinzelt zum Ehebruch oder zu rasantem |36| Autofahren hinreißen lassen, ist nackte Bosheit eine typisch weibliche Unart.
    Natürlich wird in diesen wöchentlichen Treffen auch das eine oder andere Lob verteilt, und wenn man nicht gerade den Server
     gelöscht oder Spionage für die Konkurrenz betrieben hat, kommt man in der Regel mit dem Leben davon. Alte Hasen wie ich nutzen
     sogar die Zeit, um hinter interessiert dreinblickender Fassade alle sonstigen Körperfunktionen in den Stand-by-Modus zu schalten.
    Unser heutiges Beisammensein unterscheidet sich jedoch im Wesentlichen von den üblichen Meetings, weil das sonst so beliebte
     Aus-einer-Mücke-einen-Elefanten-Machen ausnahmsweise mal zugunsten wirklicher Arbeit ausbleiben muss.
    Die bevorstehende Wettbewerbspräsentation um den Etat eines großen Lebensmittelkonzerns hat auf die Agentur ähnliche Auswirkungen
     wie ein Störfall auf die Enterprise: Alle huschen flink und geschäftig durch die Gänge, machen ernste Gesichter und versuchen,
     davon abzulenken, dass sie eigentlich gar keine Ahnung haben, was als Nächstes zu tun ist. Vermutlich geht es in drei
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