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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg
Autoren: Kehrer
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schüttelte eine von Geschirrspülmitteln verschonte Hand und roch ein zartes Pfirsichparfüm.
    »Nicole arbeitet bei einem Privatsender. Sie macht da eine Talk-Show.«
    Wie viele Medienmenschen redete Nicole eine Spur zu laut: »Ich recherchiere die background informations. Eine unheimlich interessante Tätigkeit. Ich komme mit wahnsinnig vielen Menschen zusammen.«
    »Wie heißt denn die Talk-Show?« erkundigte ich mich.
    »Freispruch. Sie haben sie bestimmt schon einmal gesehen.«
    »Ist das nicht die, bei der sich die Diskussionsteilnehmer am Ende verprügeln? Oder wo jemand auf die Bühne geholt wird, der sagt, daß ihn der anwesende Politiker XY hinter einen Busch gezerrt hat?«
    Nicole machte eine niedliche Falte in ihre Stirn. »Die steifen Diskussionsrunden der Öffentlich-Rechtlichen sind doch out. Die Leute möchten Emotionen sehen. Wenn Sie so wollen, gehört dicke Luft zu unserem Konzept.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, zog Kiki an Nicoles Arm. »Jetzt müssen wir aber wirklich weg. Nicole hat nur zwei Stunden Zeit. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir noch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.«
    Nicole stemmte sich gegen Kikis Armzerren. »Kommen Sie doch mit! Das wird bestimmt ganz lustig.«
    »Er kann nicht«, sagte Kiki schnell.
    »Stimmt«, bestätigte ich. »Ich muß mich auf einen wahnsinnig wichtigen Termin vorbereiten.«
    »Schade«, sagte Nicole.
    »Viel Spaß!« rief ich ihnen nach.
    Ich schmierte mir zwei Vollkornbrote mit Entenleberpastete und drapierte mich vor dem Fernseher (immer noch US-Open). Pete Sampras ließ wieder mal die Zunge raushängen, spielte aber gnadenlos gut. Ich mußte daran denken, daß Andre Agassi gesagt hatte, niemand dürfe die Nummer eins der Tenniswelt werden, der aussähe, als sei er gerade vom Baum gestiegen (das war in der Zeit, als Andre Agassi sich schon die Brust rasierte).

XVII
    Wir wollten Winkelkötter überraschen, was gar nicht so einfach ist, wenn man fünfzehn Grünuniformierte im Schlepptau hat. Von Kulmbacher, der sich inzwischen die Beine in den Bauch gestanden hatte (ich kannte sein Gejammer noch von der berühmten Szene im Bad, als ihn Carlo Ponti angeschossen hatte), wußten wir, daß Winkelkötter eingetroffen war. Zusammen mit seiner Rechten Hand oder seinem Bodyguard oder Rausschmeißer Helmut Lippelt, genannt Texas Joe, der aus den Neuen Bundesländern stammte und seiner Vorliebe für den Wilden Westen mit Cowboystiefeln und -hüten und der Angewohnheit frönte, seine Widersacher auszupeitschen (über Geschmack läßt sich manchmal wirklich nicht streiten). Letzteres wußte ich übrigens von Stürzenbecher, der den Nachmittag tatsächlich sinnvoll genutzt hatte.
    Mit zwei Bullis hinter uns, die die fünfzehn knallharten Männer der Einsatzhundertschaft transportierten, fuhren wir Richtung Bahnhof. Stürzenbecher hatte einen Stadtplan auf den Knien und dirigierte Müller zu einer Nebenstraße, etwa zweihundert Meter vom Rosa Panther entfernt. Zweck des Manövers war, sich möglichst geräuschlos dem Objekt der Durchsuchung zu nähern.
    Wir stiegen aus. Die Grünuniformierten nahmen Aufstellung, rückten ihre Schußwesten zurecht und nestelten an ihren Pistolentaschen. Ein gewisses Lampenfieber war unverkennbar.
    Der Rosa Panther befand sich in der ersten Etage eines Neubaukomplexes, zusammen mit Büroräumen und dem Bildungsinstitut einer großen Gewerkschaft. Der Hinterhof, zubetoniert und von Garagen umzingelt, war leicht einsehbar. Stürzenbecher postierte fünf Männer in der Durchfahrt zu den Garagen, die den Hinterausgang im Auge behalten sollten. Dann, nach einem letzten Uhrenvergleich, traten wir in die heiße Phase ein.
    Stürzenbecher und ich schlenderten zu der Eingangstür. Der Rosa Panther gehörte zu jener Sorte Nachtbars, bei der man auf eine Klingel drücken muß. Ein Blick durch das Guckloch oder auf den Bildschirm einer Videokamera entscheidet darüber, ob man für würdig genug empfunden wird, pro Nacht und Nase einen Tausender auf dem Tisch des Hauses zu lassen. Bei mir hatte ich da keine Bedenken (ich trug meinen eleganten Trenchcoat und eine Seidenkrawatte), für Stürzenbecher sah die Sache dagegen nicht so gut aus. Sein uralter mausgrauer Anzug und die viel zu breite, fleckige Krawatte hätten auch der Kleiderkammer des Roten Kreuzes entstammen können. Ich fragte mich ernsthaft, ob die Landesregierung ihre Hauptkommissare wirklich so schlecht bezahlte, oder ob irgendjemand in seiner Familie einem teuren Hobby
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