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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen
Autoren: Gerold , Haenel
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hören, aber es reicht danndamit auch. Die Schlussfolgerungen überlass doch bitte besser …« Fast hätte er »uns« gesagt, kriegte den Bogen aber noch. »Lepcke und den anderen Kollegen, die an dem Fall dran sind.« Er drehte sich zu Lepcke. »Wisst ihr schon, wer …«
    »Gleich«, unterbrach ihn Lepcke. »Warte einen Moment. – Todesursache?«, wendete er sich wieder an den Pathologen.
    »Wahrscheinlich innere Blutungen, aber wie gesagt, ich muss erstmal …«
    »Gut. Kommen wir zu unserer zweiten Leiche«, erklärte Lepcke. Er winkte Tabori, dass er ihm zu dem anderen Tisch folgen sollte. »Aber ich warne dich«, setzte er noch hinzu, bevor er das Tuch von dem Körper zog.
    Tabori schluckte schwer. Die Warnung war nicht unberechtigt gewesen. Er hatte während seiner Jahre bei der Mordkommission viel gesehen, aber noch kaum einen so bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Körper. Er musste sich zwingen, den Blick nicht einfach abzuwenden. Ein Frauenkörper. Oder vielmehr einzelne Teile eines Frauenkörpers, ein Fuß fehlte, der Unterleib war nur noch eine undefinierbare Masse aus Hautfetzen und inneren Organen. Das Gesicht kam ihm vage bekannt vor, aber er wusste nicht, woher.
    »Extrem«, meldete sich der Gerichtsmediziner zu Wort. »Nicht mehr viel übrig, woraus sich irgendwelche Schlüsse ziehen ließen.«
    »Die Kollegen von der Spurensicherung haben geschlampt«, kam es von Lepcke. »Aber eigentlich spielt es auch keine Rolle, dass sie den Fuß bisher nicht gefunden haben.«
    »Eine Scheißidee, sich von einer Brücke vor einen Zug zu stürzen«, sagte Bohnenkamp, als wäre die Tat gegen ihnpersönlich gerichtet gewesen. »Aber als Endlösung durchaus wirkungsvoll.«
    Die Kälte ist es, dachte Tabori, dieser andauernde Zynismus, der mich so wütend macht. »Selbstmord?«, fragte er, nur um endlich den Blick abwenden zu können.
    Bohnenkamp wendete sich demonstrativ zu Lepcke, bevor er antwortete. »Wie gesagt, schwierig bei dem Zustand. Ich muss da noch mal genauer ran, sie weist ein paar Hämatome an Brust und Schenkeln auf, ebenso am Hals und im Nackenbereich, die schon länger zurückliegen. Genauso wie die Brandnarben unter ihrer Fußsohle.«
    »Die nicht von Zigarettenkippen stammen«, erklärte Lepcke.
    »Exakt. Die Verbrennung ist zu großflächig. Ich würde auf ein heißes Stück Eisen tippen. Eine Herdplatte vielleicht. Die Ränder deuten darauf hin. Als hätte sie jemand vor einiger Zeit auf eine heiße Herdplatte gestellt. Aber ich bräuchte leider den zweiten Fuß, um das konkret sagen zu können. Und es hat nichts mit den Verletzungen zu tun, die zum Tode geführt haben, das ist sicher.«
    »Gibt es Spuren von Geschlechtsverkehr? Vergewaltigung?«
    »Der Abstrich hat nichts ergeben. Allerdings gibt es auch hier Anzeichen von Verletzungen im Analbereich, muss ich mir auch noch genauer vornehmen.«
    »Und die Kopfwunde da?«, fragte jetzt Tabori. »An der Schläfe, meine ich. Der Bluterguss unterhalb der Wunde, die Färbung ist ähnlich wie bei den Stellen am Hals. Könnte es sein, dass die Wunde ebenfalls nicht von dem Sturz von der Brücke stammt. Oder von dem Zug, der sie überrollt hat?«
    »Danke, dass du mich extra noch mal darauf hinweist«,knurrte Bohnenkamp unwillig. »Aber ist mir auch schon aufgefallen, stell dir mal vor! Ich brauche nur mehr Zeit, das ist es. Ihr seid nicht die Einzigen, die ständig was von mir wollen. Und wenn ihr jetzt auch noch anfangt, mir hier jeden Tag neue Leichen anzuschleppen, dann …«
    »Sie ist also entweder freiwillig gesprungen«, führte Lepcke weiter aus, ohne auf Bohnenkamps Beschwerde einzugehen, »oder sie ist gestoßen worden, es hat vorher einen Kampf gegeben, es existiert da irgendeine Vorgeschichte …«
    »Habt ihr die Brücke schon auf irgendwelche Spuren untersucht?«, fragte Tabori. »Was ist das überhaupt für eine Brücke? Gibt es irgendwelche Zeugen, die etwas gesehen haben könnten?«
    »Wir sind noch dabei«, erklärte Lepcke und zuckte mit den Schultern. »Eine Treckerbrücke übrigens, das nächste Kaff besteht aus einem verfallenen Bahnhofsschuppen und zwei einsamen Häusern an einer hoffnungslos von Unkraut überwucherten Sackgasse. Kein schlechter Platz, wenn du nicht gesehen werden willst! Wenn überhaupt kommt über die Brücke vielleicht alle paar Tage mal ein Bauer, das heißt nur leider, dass es auch für uns schwierig wird, irgendeinen Zeugen aufzutreiben. Offiziell läuft es jetzt erstmal unter Selbstmord. Und nein,
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