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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein
Autoren: Michael Connelly
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in der Wonderland Avenue passiert war und was er auf dem Hügel gefunden hatte.
    »Wie alt sehen diese Knochen aus, Harry?«, wollte Billets wissen.
    Bosch sah auf das Polaroidfoto, das er von den kleinen Knochen gemacht hatte, die er auf der Erde gefunden hatte. Es war eine schlechte Aufnahme, der Blitz zu hell, weil er zu nahe dran gewesen war.
    »Keine Ahnung, für mich sehen sie alt aus. Ich würde sagen, mindestens ein paar Jahre.«
    »Okay. Was also am Tatort rumliegt, ist nicht frisch.«
    »Vielleicht frisch entdeckt, aber nein, es ist schon eine Weile da.«
    »Das habe ich auch gemeint. Deshalb glaube ich, sollten wir das Ganze erst mal auf sich beruhen lassen und erst morgen früh anfangen. Was da oben auf diesem Hügel liegt, läuft uns heute Nacht nicht weg.«
    »Richtig«, sagte Bosch. »Das finde ich auch.«
    Sie schwieg einen Moment, bevor sie sagte: »Diese Sorte Fälle, Harry …«
    »Ja, was?«
    »Sie kosten eine Menge Geld, sie kosten eine Menge Personal … und sie sind am schwersten zu lösen, falls sie sich überhaupt lösen lassen.«
    »Na schön, dann klettere ich eben wieder da hoch und decke die Knochen zu. Und dem Doktor sage ich, er soll seinen Hund künftig an der Leine lassen.«
    »Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an, Harry, Sie wissen genau, was ich meine.« Sie atmete laut aus. »Der erste Tag des Jahres, und dann gleich so was.«
    Bosch war still; er ließ sie ihre verwaltungstechnischen Frustrationen abarbeiten. Es dauerte nicht lang. Das war eins der Dinge, die er an ihr mochte.
    »Schön, sonst noch was passiert heute?«
    »Nichts Besonderes. Zwei Selbstmorde, das war’s bis jetzt.«
    »Okay, wann wollen Sie morgen anfangen?«
    »Ich würde gern möglichst früh da rausfahren. Ich telefoniere ein bisschen rum und sehe, was sich tun lässt. Und bevor wir überhaupt was unternehmen, lasse ich erst mal den Knochen untersuchen, den der Hund gefunden hat.«
    »Okay, halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Das versprach Bosch ihr und hängte auf. Als Nächstes rief er Teresa Corazon, die Leiterin des gerichtsmedizinischen Instituts, zu Hause an. Obwohl ihre außerdienstliche Beziehung schon vor Jahren zu Ende gegangen war und Teresa seitdem mindestens zweimal umgezogen war, hatte sie immer noch dieselbe Telefonnummer, und Bosch wusste sie auswendig. Das kam ihm jetzt sehr gelegen. Er erklärte ihr, worum es ging und dass er eine offizielle Bestätigung brauchte, dass es sich um einen menschlichen Knochen handelte, bevor er weitere Schritte einleiten konnte. Außerdem, erklärte er ihr, bräuchte er für den Fall, dass sich seine Vermutung bestätigte, ein archäologisches Team, das den Tatort so bald wie möglich untersuchte.
    Corazon ließ ihn fast fünf Minuten warten.
    »Okay«, sagte sie, als sie wieder zurückkam. »Ich konnte Kathy Kohl nicht erreichen. Sie ist nicht zu Hause.«
    Kohl war die Polizeiarchäologin. Ihr Spezialgebiet und der eigentliche Grund für ihre Vollzeitbeschäftigung bei der Polizei war, die Knochen von Leichen zu bergen, die in der Wüste im Norden des County beseitigt wurden, was im Schnitt einmal wöchentlich vorkam. Aber Bosch wusste, sie würde dafür abberufen werden, in der Wonderland Avenue die Suche nach weiteren Knochen zu organisieren.
    »Und was soll ich jetzt machen? Ich hätte das gern noch heute Abend bestätigt.«
    »Immer mit der Ruhe, Harry. Du bist immer so ungeduldig. Du bist wie ein Hund mit einem Knochen – kein Scherz beabsichtigt.«
    »Es handelt sich um ein Kind, Teresa. Das sollten wir schon ernst nehmen.«
    »Komm einfach her. Ich seh mir diesen Knochen an.«
    »Und was ist mit morgen?«
    »Ich werde die nötigen Schritte einleiten. Ich habe Kathy eine Nachricht hinterlassen, und sobald wir hier aufgehängt haben, sage ich im Büro Bescheid, dass sie sie über ihren Pager zu erreichen versuchen. Sie wird morgen, sobald es hell ist, mit der Grabung beginnen, und dann können wir dazustoßen. Wenn dann die Knochen geborgen sind, haben wir an der UCLA einen forensischen Anthropologen, der für uns arbeitet und den wir ebenfalls hinzuziehen können, wenn er gerade in L. A. ist. Und ich selbst werde auch hinkommen. Bist du jetzt zufrieden?«
    Die letzte Ankündigung ließ Bosch stutzen.
    »Teresa«, sagte er schließlich. »Ich möchte das so diskret wie möglich abwickeln – und das auch so lange wie möglich.«
    »Und was genau willst du damit sagen?«
    »Dass ich nicht ganz sicher bin, ob da unbedingt die Gerichtsmedizinerin des
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