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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
Autoren: Ephraim Kishon
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stehen mir nur im Weg... entweder die Elefanten oder ich, Herr Direktor!« »Ich nehme Ihre Kündigung zur Kenntnis. Hier ist die Anweisung für Ihre Probengage, gehen Sie zur Kassa und lassen Sie sich hier nicht mehr blicken.«
    Der Komiker richtete sich zur vollen Größe auf, verließ gemessenen Schritts den Raum, ging zur Kassa, nahm das Probenhonorar in Empfang und schloß sich in seiner Garderobe ein, um sein Solo zu studieren.
    Der Intendant atmete auf:
    »Alles in Ordnung. Bis auf das eine, daß Ihr Stück zu lang ist. Wir müssen ungefähr eineinhalb Stunden kürzen.«
    Abermals wurde unser Gespräch durch das Erscheinen des persönlichen Referenten unterbrochen.
    »Was gibt's?« fragte der Intendant.
    »Die Elefanten verlangen ein Solo.«
    Das war selbst für die Engelsgeduld des Intendanten zu viel:
    »Zum Teufel«, schrie er, »ich kann doch nicht jedem Elefanten ein Solo geben!«
    »Sie müssen«, entgegnete ungerührt der persönliche Referent. »Die Elefanten haben erklärt, daß sie sonst nicht als Ballett auftreten. Sie beschweren sich ohnedies, daß sie auf der Bühne immer verdeckt sind...«
    Von draußen hörte man die schmetternde Stimme des Zweiten Tenors:
    »O Solo mio!« sang er. Er befand sich seit einer Woche im Hungerstreik, um seiner Forderung nach einem zweiten Solo Nachdruck zu verleihen. Jetzt drohte er, von draußen, daß er andernfalls das Theater in Brand stecken würde.
    Der Intendant und ich wählten den Ausgang durch das Fenster, um dem jugendlichen Liebhaber zu entgehen, der schon seit zwei Tagen vor dem Bühneneingang wartete. Nachdem wir unsere Kleider notdürftig gesäubert hatten, fragte ich den Intendanten, wie er es in diesem Irrenhaus aushaken könne.
    »Irrenhaus?« wunderte sich der Intendant. »Das war doch heute ein ganz normaler Tag.«
     

Exit
     
    Die Darsteller meines Musicals - es handelte schließlich von Tarzan dem Halbaffen, der sein Vermögen im Kartenspiel verliert, aber die Elefanten bringen es ihm wieder -, die Darsteller also standen mit ihrem Verlangen nach Soli keineswegs vereinzelt da. Im Bewußtsein jedes großen Schauspielers ist die Bühne nichts weiter als der pseudo-naturalistische Raum eines mit metaphysischen Mitteln zu erreichenden Erfolgs, der auf zwei Faktoren beruht: möglichst oft allein auf der Bühne zu stehen und möglichst viel zu sprechen.
    Leider haben die dramatischen Schriftsteller den Hang, zahlreiche Akteure in die Handlung ihrer Stücke zu verwickeln und den Text - oft ohne ersichtlichen Grund - unter verschiedenen Sprechern aufzuteilen, so daß dem einzelnen nur selten Gelegenheit geboten wird, seine Qualitäten hervorzukehren. Außerdem sind die meisten Stücke nach einer veralteten technischen Methode geschrieben, welche erfordert, daß der Schauspieler von Zeit zu Zeit abgeht. Was bleibt ihm unter diesen Umständen an Wirkungsmöglichkeiten übrig?
    Es bleibt ihm nichts übrig als der Abgang.
    Diesem Abgang haftet keinerlei makabre Nebenbedeutung an. Er hat nichts mit dem sogenannten »letalen Abgang« zu tun, den die Medizin als »exitus« kennt. Vielmehr bezeichnet er den atembeklemmenden Augenblick, da der Schauspieler für kürzere oder längere Zeit von der Bühne verschwindet und im Publikum ein Gefühl von nahezu schmerzhafter Leere zurückläßt. Der Schmerz hört erst auf, wenn der Schauspieler wieder auf die Bühne kommt - ein Vorgang, den das Publikum nicht selten durch Applaus zu beschleunigen sucht. Ein guter Abgang kann aus einem guten Publikum bis zu vier oder fünf Abgangsapplaussalven herausholen, schwache Dienstage ausgenommen; an Samstagen mischen sich bisweilen laute Bravorufe in den Abgangsapplaus.
    Die Gesetze des Abgangs sind hart und grausam. Ob die Zuschauer in spontanen Beifall ausbrechen, entscheidet sich einzig in jenem schicksalsschweren Augenblick, in dem der Schauspieler tatsächlich die Bühne verläßt. Planung und Berechnung sind hier fast ebenso sinnlos wie beim Roulette.
    Wenden wir uns wieder einmal Jarden Podmanitzki zu. Es herrscht allgemeine Übereinstimmung, daß er in der Todesszene des Tyrannen weit über sich hinauswächst. Während der kurzen, aber tief bewegenden Worte, die er der Leiche ins Jenseits nachruft, ist kein Laut zu hören, kein Husten, kein Sesselrücken. Die Zuschauer hängen atemlos an seinen Lippen, folgen ihm hingerissen, wenn er hernach in stiller Würde an die Rampe tritt, unter den Triumphbogen, über den sich alsbald der Vorhang senken wird.
    Dort bleibt er
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