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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
Autoren: Ephraim Kishon
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stehen, von drei Scheinwerfern magisch angeleuchtet, dort verharrt er, während Mundek, der Beleuchter, die Scheinwerfer langsam abblendet und Podmanitzkis ehrfurchtgebietende Gestalt langsam ins Dunkel taucht - man fühlt die Hochrufe geradezu in der Luft schweben - auf Podmanitzkis müdes, tragisch verschwimmendes Lächeln zu - und dann fällt der Vorhang - und dann kommt kein Applaus. Warum? Niemand weiß es, niemand kann es begründen. Es kommt kein Applaus, und Schluß. Podmanitzki behauptet, daß er mit einem einzigen Satz, mit ein paar kurzen Worten während der Abdunkelung, einen Beifallsorkan entfesseln könnte. Aber der Regisseur und der Direktor des Hauses haben ihm strikt verboten, auch nur das kleinste Wörtlein zu seinem Text hinzuzufügen. Und so steht Podmanitzki da, und es kommt kein Applaus.
    Hingegen braucht Modche Schmulewitz nur das Wörtchen »meschugge« zu sagen - und das Publikum tobt.
    Jedermann weiß, daß Schmulewitz ein schlechter Schauspieler ist, ein Unglück für das Ensemble und eine Katastrophe in dieser Rolle. Aber im dritten Akt, während einer Auseinandersetzung mit dem Kardinal, hat er eine Sternstunde in der Dauer von mindestens zwei Minuten. Guttermann macht aus
    dem Kardinal ein wahres Monstrum, das den Zuschauern vom ersten Augenblick an unsympathisch ist. Während der Inquisitions-Szene hassen sie ihn sogar. Bevor Schmulewitz in die Folterkammer abgeführt wird, fragt ihn der Kardinal: »Hast du noch etwas zu sagen, du abtrünniger Hund?« Schmulewitz schüttelt den Kopf.
    »Ich dachte, du hättest Vernunft angenommen«, läßt Kardinal Guttermann sich nochmals vernehmen.
    Und in diesem Augenblick hebt Schmulewitz beide Arme, so daß die Ketten klirren, und sagt nach ein paar spannungsgeladenen Sekunden mit lauter Stimme: »Eminenz sind meschugge!« (Geht ab.) Das ist ein Abgang! Und der Abgangsapplaus nimmt kein Ende. Sogar der führende Theaterkritiker I. L. Kunstetter zeigte sich davon beeindruckt: »Mordechai Schmulewitz«, so schrieb er, »war anfangs ein allzu zurückhaltender Mucius, erreichte aber im weiteren Verlauf bemerkenswerte Wirkung.«
    Ja, ja. Ein kleines Wort kann Wunder wirken. Natürlich spielt bei alledem auch das Glück eine Rolle. Dem Autor liegt ja nichts am Abgangsapplaus eines Schauspielers; ihn interessiert nur sein Stück, nur sein jämmerlich schwacher Text. Noch gefühlloser verhält sich der Regisseur, der den Abgang (und damit den Abgangsapplaus) geradezu sabotiert, um, wie er sagt, »den Fluß der Handlung und den Rhythmus des Geschehens nicht zu stören«. Er sagt allen Ernstes »Rhythmus«. Er schämt sich nicht, mit einer so dummen, deutlich von Neid diktierten Ausrede daherzukommen. Oder was wäre es sonst, wenn er plötzlich die Probe unterbricht und auf die Bühne hinaufbrüllt:
    »Nicht verbeugen, zum Teufel! Ich habe Ihnen schon hundertmal gesagt, daß Sie sich nicht verbeugen sollen! Sie sollen einfach abgehen, ohne jede Spielastik!« Mme. Kischinowskaja weiß sich ihrer Haut zu wehren: »Entschuldigen Sie, aber ich spiele ein armes, verschüchtertes Dienstmädchen«, brüllt sie in voller Lautstärke zurück.
    »Ich muß doch vor meiner Herrin Respekt haben und muß das auch zeigen!«
    »Nein, das müssen Sie nicht. Sie sind eine kleine, dumme Landpomeranze und haben keine Ahnung von feinen Manieren! Bitte weiter!«
    Von nun an geht Mme. Kischinowskaja, denn sie ist eine erfahrene und disziplinierte Schauspielerin, bei den Proben ohne jede Spielastik ab. Erst am Premierenabend macht sie vor dem Abgang eine Verbeugung, eine tiefe, respektvolle Verbeugung - und bekommt keinen Abgangsapplaus. Das veranlaßt sie bei der nächsten Vorstellung zu einer raffinierten Textimprovisation. Sie verbeugt sich und zischt dabei zu ihrer Herrin hinauf: »Frauen wie Sie sind schuld daran, daß wir jetzt eine Inflation im Land haben!« Und während sie schluchzend abgeht, stellt sich prompt der gewünschte Applaus ein.
    Es hilft nichts, daß der Autor daraufhin einen Tobsuchtsanfall erleidet und sich bei der Leitung des Schauspieler-Kollektivs über Mme. Kischinowskajas unglaubliche Eigenmächtigkeit beschwert. Seine Beschwerde wird glatt zurückgewiesen. Mme. Kischinowskaja macht geltend, daß sie nicht nur eine Schauspielerin ist, also nicht nur ein Mensch und keine Maschine, sondern auch ein langjähriges Mitglied des Kollektivs. Sie beruft sich auf ihr Mitspracherecht. (Wir werden diesen Punkt im nächsten Kapitel ausführlich behandeln.)
    Die
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