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Kaylee

Kaylee

Titel: Kaylee
Autoren: R Vincent
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über Berge von Stoff und legte mich oben drauf. Rollte mich ganz klein zusammen und zog etwas Weiches, Plüschiges an meine Brust. Fuhr mit den Fingern immer wieder darüber. Klammerte mich an das letzte Stückchen Realität, das mir blieb.
    Schmerzen. Es tut weh. Mein Hals tut weh.
    Meine Finger fühlen sich nass an. Klebrig.
    Irgendjemand greift nach meinem Arm. Hält mich fest.
    Ich schlage um mich. Schreie. Alles tut weh.
    Etwas sticht in mein Bein, gefolgt von brennendem Schmerz. Ich blinzele und sehe ein bekanntes Gesicht, ganz grau im Nebel. Es ist Tante Val. Emma steht hinter ihr, tränenüberströmt. Tante Val sagt irgendwas, das ich nicht verstehe. Und plötzlich werden meine Augen ganz schwer.
    Wieder wallt Angst in mir auf. Ich kann mich nicht bewegen. Die Augen nicht öffnen. Nur meine Stimmbänder funktionieren noch. Um mich wird es dunkel, eng, ganz still, bis auf den schrillen Schrei, der immer noch aus meinem wunden Hals strömt.
    Eine neue Dunkelheit. Unverfälscht. Kein Grau mehr.
    Aber ich schreie immer noch.
    Meine Träume sind ein einziges, wirbelndes Chaos. Um sich schlagende Arme und Beine. Wogende Schatten. Fest zupackende Hände. Und alles überlagernder, nicht enden wollender Schrei, heiser und viel schwächer jetzt, aber nicht minder schmerzhaft.

3. KAPITEL
    Helligkeit drang durch meine geschlossenen Augenlider. Alles war rot und verschwommen. Die falsche Luft. Zu kalt. Der falsche Geruch. Zu sauber.
    Ich riss die Augen auf und blinzelte ein paar Mal, bis ich scharf sehen konnte. Meine Zunge war so trocken, dass sie sich wie Schleifpapier anfühlte, und ich hatte einen seltsamen Geschmack im Mund. Jeder Muskel im Körper tat mir weh.
    Ich versuchte mich aufzurichten, aber ich konnte meine Arme nicht bewegen. Wie auch? Sie waren festgebunden! Mein Herz machte einen Satz. Als ich die Füße bewegen wollte, merkte ich, dass auch sie festgebunden waren.
    Nein! Mir schlug das Herz bis zum Hals, während ich mit Armen und Beinen zerrte, sie hin und her riss, doch sie ließen sich bloß wenige Zentimeter weit bewegen. Ich war an Hand- und Fußgelenken gefesselt und konnte mich nicht aufsetzen. Konnte mich nicht umdrehen. Mir nicht einmal die Nase kratzen!
    „Hilfe!”, rief ich, doch nur ein heiseres Krächzen kam heraus. Frei von Vokalen oder Konsonanten. Blinzelnd drehte ich den Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung, um zu sehen, wo ich mich befand.
    Das Zimmer war erdrückend klein. Und leer, bis auf mich, die in der Ecke installierte Kamera und die harte Matratze, auf der ich lag. Sonst nur sterile, weiße Betonwände. Fenster konnte ich keine erkennen, den Boden auch nicht. Aber die Ausstattung und der Geruch ließen kein Zweifel.
    Ein Krankenhaus . Ich lag festgebunden in einem Krankenhausbett. Ganz allein.
    Ich kam mir vor wie in einem von Emmas Videospielen, in denen die Hauptfigur in einem unbekannten Zimmer aufwacht und nicht mehr weiß, wie sie dort hingekommen ist. Mit dem Unterschied, dass es im wahren Leben keine Truhe gab, in der ein Schlüssel für die Ketten und ein auf Pergament geschriebener Überlebensratschlag zu finden waren. Und hoffentlich auch keine Videospiel-Monster, die nur darauf lauerten, mich zu fressen, sobald ich mich befreit haben würde; denn selbst wenn es hier eine Pistole gegeben hätte, hatte ich keinen blassen Schimmer, wie man so ein Ding benutzte.
    Mein Ziel war jedenfalls klar: Raus hier. Ab nach Hause.
    Leider war das, ohne die Hände zu benutzen, leichter gesagt als getan.
    Das Blut rauschte mir in den Ohren, wie ein Nachhall echter Angst. Der übermächtige Drang zu schreien war weg, und an seine Stelle war eine anders geartete Furcht getreten. Was, wenn ein Feuer ausbrach? Oder ein Erdbeben kam? Oder ein neuerlicher Schreianfall? Würde mich jemand holen kommen, oder musste ich hier sterben? In meinem jetzigen Zustand war ich leichte Beute für diese Schattendinger und jede Art von Naturgewalt – ganz zu schweigen von einem verirrten Psychopathen, der zufällig hier vorbeikam.
    Ich musste von diesem Bett runter. Aus diesen dämlichen … Bettfesseln raus.
    „Bitte”, sagte ich flehend in Richtung Kamera.
    Wie schwach meine Stimme klang. Ich schluckte und versuchte es noch einmal.
    „Schnallen Sie mich bitte los!” Diesmal war meine Stimme schon klarer, wenn auch kaum lauter. „Bitte …”
    Nichts geschah. Mein Herz begann noch schneller zu pochen, und Adrenalin peitschte durch meine Adern. Vielleicht waren alle anderen tot und
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