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Kay Scarpetta bittet zu Tisch

Kay Scarpetta bittet zu Tisch

Titel: Kay Scarpetta bittet zu Tisch
Autoren: Patricia Cornwell
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seine Mutter saßen im Lieferwagen, der Junge vorne, seine Mutter hinten.
    »Gute Nacht dann also«, sagte Marino. »Und laß es dir noch einmal gesagt sein, du kleiner Wicht.« Er knuffte Jimmy in die Rippen. »Noch ein Schneeball auf mein Haus, und alles ist aus. Jugendgericht. Todestrakt. Kapito?«
    Jimmy hatte zwar keine Angst mehr, wirkte aber plötzlich ganz traurig. Seine Mutter war sehr still. Eigentlich war sie selbst noch ein Kind. Sie trug einen alten Kordmantel mit Pelzimitat und sah müde und bleich aus.
    Plötzlich kam Marino eine Idee.
    »Moment mal«, sagte er zu ihnen. »Hey, hört mal«, sagte er dann in die Muschel. »Gib mir doch mal den Doc.« Scarpetta kam an die Leitung.
    »Wo stecken Sie, und warum sind Sie nicht hier?« fragte sie. »Ich koche gerade einen Eintopf.«
    »Verdammt, das ist ja ein Volltreffer«, sagte Marino. Es schien ihm ernst zu sein. »Ich dachte mir schon, daß Sie am
    Kochen sind. Machen Sie doch immer, wenn Sie bei Ihrer Mutter und Ihrer durchgeknallten Schwester waren.«
    »Hüten Sie Ihre Zunge«, beschied Scarpetta ihm.
    »Haben Sie genug für zwei weitere hungrige Mäuler?«
    »Haben Sie sie gecheckt?« fragte sie zurück. »Bei dem Jungen bin ich mir nicht so ganz sicher«, sagte Marino und warf dem Jungen einen Blick zu, der hart und furchteinflößend wirken sollte. »Aber ich werde ihn schon im Auge behalten.«
    Damit war die Sache für sie in Ordnung. Scarpetta kannte Marino gut genug, um zu spüren, daß seine Gäste etwas Besonderes waren und etwas Warmes gut brauchen konnten. Er hatte schon früher merkwürdige Gestalten mitgebracht, nie aber jemanden, gegen den sie etwas einzuwenden gehabt hätte.
    Die Ketten krallten sich ins Eis und schlugen rhythmisch auf, als er aus der Einfahrt des Simpsonschen Hauses wieder herausfuhr und der Straße zum Turnpike Midlothian folgte. Kurz darauf gelangte er auf die I-95 Nord, wo er die Ausfahrt West Carry Street nahm. Die Straßen waren fast leer - bei diesem Wetter wohl auch besser so. Marino fuhr langsam und blieb unter vierzig Meilen die Stunde.
    »Warum tun Sie das alles für uns?« fragte Mrs. Simpson l eise.
    »Haben Sie sich angeschnallt?« Es war mehr ein Befehl als eine Frage, als er sie im Rückspiegel ins Auge faßte. »Ich bin es immer noch«, sagte sie.
    »Er hat mir heute morgen ein Omelette gebacken«, prahlte Jimmy bei seiner Mutter. »Mit Käse drin und Marmelade oben drauf. Und er ißt gerne Schokoplätzchen. Ich hab 'ne Schachtel davon auf dem Kühlschrank stehen sehen. Er ist echt cool.«
    »Schokoplätzchen sind nichts für dich.« Mrs. Simpson klang müde.
    »Wenn man eine Banane daraufschneidet, schon«, w idersprach Marino ihr, als er vorsichtig in eine schmale, von Bäumen gesäumte Straße einbog.
    Er hielt am Wächterhäuschen an und kurbelte sein Fenster herunter, um Roy zu begrüßen, der an diesem schneereichen Winterabend immer noch Dienst hatte.
    »Hältst uns den Ärger vom Hals, was?« fragte Marino und zündete sich eine Zigarette an.
    »Diese Cadillacs rutschen überall nur so herum.« Roy schüttelte den Kopf.
    »Einer von ihnen wird in den Zaun schlittern, das weiß ich jetzt schon.«
    »Ich denke mir, wenn man in einem derart mit Geld gepflasterten Viertel wohnt wie diesem, dann ist einem das Wetter egal, oder?«
    Roy lachte. Er war froh, daß keiner der Hauseigentümer, deren Nebenkosten sein Gehalt finanzierten, hören konnte, wie er sich auf ihre Kosten amüsierte.
    »Schon was gegessen?« fragte Marino ihn.
    »Nee, kann ich erst, wenn ich hier um Mitternacht rauskomme.«
    »Hungrig?«
    »Ich komm' hier doch nicht weg«, erinnerte ihn Roy. »Nicht nötig«, erklärte Marino.
    Die Fenster von Scarpettas prächtigem Haus waren erleuchtet, und als Marino seinen Kleintransporter zu den anderen geparkten Wagen stellte, hätte man glauben können, daß hier eine Party oder Versammlung stattfand. Mrs. Simpson fiel beim Aussteigen beinahe hin. In einem solchen Viertel war sie noch nie gewesen, geschweige denn als Gast in einem solch vornehmen Haus. Das schüchterte sie plötzlich ein, aber die Dame, die die Haustür öffnete, vertrieb alle Unsicherheiten oder Zweifel. Sie trug eine weihnachtliche Schürze über ihrer Freizeithose und dem Turtleneckpullover. Sie war hübsch, b lond, blauäugig und mittleren Alters. Ihr Lächeln war warm und freundlich.
    »Kommen Sie doch rein«, sagte Scarpetta, als seien sie schon seit Urzeiten miteinander bekannt. »Ich bin Kay.«
    »Ich heiße Jimmy,
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