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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta
Autoren: Patricia Cornwell
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»Er hat Angst vor Schmerzen und davor, seine Kleider auszuziehen?«
    »Und Caligynephobie, Angst vor schönen Frauen.«
      »Aha. Deshalb fühlt er sich in meiner Gegenwart so sicher.«
      »Das sollte ein Scherz sein. Er findet dich sehr attraktiv und fürchtet sich eindeutig nicht vor dir. Allerdings ist mir gar nicht wohl bei der Sache.«
      Das traf den Kern des Problems. Benton steckte in einem Dilemma und hätte am liebsten verhindert, dass Scarpetta auch nur einen Fuß nach New York setzte.
      »Ich verstehe es immer noch nicht ganz. Jaime Berger möchte also, dass ich in einem Schneesturm nach New York fliege und einen Patienten im Gefängnistrakt des Bellevue untersuche, der nicht unter Anklage steht ... «
    »Falls du in Boston starten kannst. Hier ist das Wetter schön. Nur kalt.« Benton blickte aus dem Fenster und sah nichts als Grau.
    »Dann lass mich jetzt mit dem Sergeant weitermachen, der im Irak getötet wurde, es aber erst gemerkt hat, als er wieder zu Hause war. Wir sehen uns am Nachmittag«, erwiderte sie. »Guten Flug. Ich liebe dich.«
      Benton legte auf und scrollte erneut durch die Website vor seinen Augen. Er las den Text ein ums andere Mal, so als würden diese anonym ins Internet gesetzten Verleumdungen durch die Wiederholung weniger widerwärtig, bösartig und abstoßend. »Was können Worte mir schon anhaben?«, lautete Scarpettas Motto. Das mochte vielleicht auf so manchen Zeitungsartikel über Scarpetta zutreffen. Doch dies hier war etwas anderes. Was für ein Ungeheuer schrieb nur so etwas? Woher hatte dieser Mensch die Informationen?
    Benton griff zum Telefon.
    Auf der Fahrt zum Logan International Airport hörte Scarpetta Bryce nur mit halbem Ohr zu. Seit er sie zu Hause abgeholt hatte, redete er wie ein Wasserfall.
      Vor allem beklagte er sich über Jack Fielding und erinnerte sie zum wiederholten Mal daran, ein Mensch, der in die Vergangenheit zurückkehre, sei wie ein Hund, der an seinem eigenen Erbrochenen schnuppere. Oder wie Lots Weib, das sich umgedreht habe und deshalb zur Salzsäule erstarrt sei. Bryces Vorrat an Gleichnissen aus der Bibel war ärgerlicherweise unerschöpflich. Was allerdings weniger daran lag, dass er religiös gewesen wäre - vorausgesetzt, dass er überhaupt an etwas glaubte. Es handelte sich um Perlen der Weisheit aus einer Seminararbeit mit dem Thema »Die Bibel als Literaturform«, die er vor Jahren auf dem College verfasst hatte.
    Ihr Verwaltungsmann wollte darauf hinaus, dass man keine Personen aus der eigenen Vergangenheit als Angestellte beschäftigen sollte. Und Fielding war ein Mensch aus Scarpettas Vergangenheit. Er hatte seine Probleme, aber wer hatte die nicht? Als Scarpetta ihren neuen Posten antrat und einen Stellvertreter suchte, hatte sie sich gefragt, was Fielding wohl inzwischen so trieb. Schließlich spürte sie ihn auf und fand heraus, dass es nicht besonders viel war.
      Bentons Reaktion auf diese Personalentscheidung war damals ungewöhnlich neutral, ja, sogar gönnerhaft ausgefallen, was Scarpetta inzwischen einleuchtete. Seiner Meinung nach war sie auf der Suche nach Beständigkeit. Viele Menschen blickten zurück anstatt nach vorn, wenn sie sich von einer Veränderung überfordert fühlten. Also sei es seiner Ansicht nach nur folgerichtig, dass sie jemanden einstellte, den sie schon seit den Anfangstagen ihrer beruflichen Laufbahn kannte. Allerdings hatte er hinzugefügt, man müsse darauf achten, die Vergangenheit nicht aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus zu verklären.
      Es war Bentons ausweichende Haltung, die sie verunsicherte. Er vermied es partout, ihr die längst überfällige Frage, wie sie das Zusammenleben mit ihm empfand, zu stellen, obwohl es immer noch genauso chaotisch und widersprüchlich verlief wie früher. Seit ihre Beziehung vor fünfzehn Jahren mit einem Seitensprung begonnen hatte, hatten sie erst im vergangenen Sommer die Erfahrung gemacht, was es hieß, den Alltag gemeinsam zu meistern. Es war eine schlichte Trauung hinter Scarpettas Kutschhaus in Charleston, South Carolina, gewesen, wo sie sich eine Privatpraxis eingerichtet hatte, die sie kurze Zeit darauf wieder schließen musste.
      Danach waren sie nach Belmont, Massachusetts, gezogen, um in der Nähe des McLean Hospital, der psychiatrischen Klinik, in der Benton arbeitete, zu wohnen. Scarpetta hatte unterdessen eine Stelle als Chief Medical Examiner des Commonwealth Northern District mit Sitz in Watertown angenommen. Weil es nicht weit
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