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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta
Autoren: Patricia Cornwell
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Berger hinzu. »Du wirst wieder gesund. Alles wird gut.«
    Sie streichelte Lucys Arm.
      »Ich bin nicht ganz sicher«, sagte Lucy. »Ich weiß noch, dass ich in der Dusche war. Dann lag ich plötzlich auf dem Boden, und mein Kopf fühlte sich an, als hätte mir jemand eins mit einem Amboss übergezogen. Im ersten Moment konnte ich nichts sehen. Ich dachte schon, ich wäre für immer blind geworden. Aber dann nahm ich wieder Licht und Umrisse wahr. Ich hörte ihn unten, habe es aber nicht geschafft aufzustehen, weil mir so schwindlig war. Also bin ich zu dem Stuhl gekrochen, habe mich über den Holzboden zu meiner Jacke geschleppt und die Pistole herausgeholt. Dann wurde meine Sicht wieder klar.«
      Die blutige Glock lag auf dem Boden neben dem Geländer der Galerie. Scarpetta erinnerte sich, dass Marino sie Lucy zu Weihnachten geschenkt hatte. Es war Lucys Lieblingswaffe, ihren Worten nach das schönste Geschenk, was sie je von ihm bekommen hatte, eine Pistole Kaliber -40 im Taschenformat mit Laser-Sichtgerät und einigen Schachteln passender Hochgeschwindigkeits- Hohlmantelmunition. Marino kannte Lucys Geschmack. Schließlich hatte er ihr als Kind das Schießen beigebracht. Damals waren die beiden einfach in seinem Pick-up losgefahren. Später hatte Lucys Mutter - Scarpettas Schwester Dorothy -, gewöhnlich, wenn sie betrunken war, angerufen und herumgeschrien, Scarpetta verderbe Lucy und sie dürfe sie nie mehr wiedersehen.
      Vermutlich hätte Dorothy Lucy wirklich nicht erlaubt, Scarpetta zu besuchen, wenn es da nicht ein kleines Problem gegeben hätte: Dorothy wollte eigentlich kein Kind, weil sie selbst noch eines war und sich nach einem Vater sehnte, der für sie sorgte und sie vergötterte, wie ihr Vater es bei Scarpetta getan hatte.
      Scarpetta stützte weiter mit einer Hand Lucys Stirn und hielt ihr mit der anderen das Handtuch an den Hinterkopf. Inzwischen fühlten sich ihre Hände heiß und geschwollen an und pochten. Obwohl die Blutung inzwischen stark nachgelassen hatte, verkniff sie sich eine erneute Untersuchung, sondern drückte nur auf die Wunde.
      »Sieht aus wie aus einer Achtunddreißiger«, stellte Lucy fest und schloss wieder die Augen.
      Offenbar hatte sie die Kugel bemerkt, die Scarpetta Berger gegeben hatte.
      »Ich möchte, dass du die Augen offen hältst und wach bleibst«, wies Scarpetta sie an. »Es geht dir zwar den Umständen entsprechend gut, aber du darfst nicht einschlafen. Ich glaube, ich habe ein Geräusch gehört. Bestimmt ist das der Notarzt. Wir fahren jetzt in die Notaufnahme und lassen dort all die netten Untersuchungen durchführen, an denen du immer solche Freude hast. Röntgenaufnahmen. Magnetresonanztomographie. Sag mir, wie du dich fühlst.«
      »Ich habe mordsmäßige Schmerzen. Hast du seine Waffe gesehen? Ich frage mich, was für eine es war. Ich kann mich nämlich weder an ihn noch an die Pistole erinnern.«
      Scarpetta stellte fest, dass sich unten die Tür öffnete. Geklapper und angespanntes Stimmengewirr hallten zu ihr hinauf, als die Rettungsmannschaft eintraf. Marino eilte vor den laut durcheinandersprechenden Sanitätern die Treppe hinauf. Oben angekommen, machte er Platz und betrachtete erst Lucy in ihren blutigen Badelaken und dann die Glock auf dem Boden. Er beugte sich vor und hob die Waffe auf. Und dann tat er etwas, das an einem Tatort eigentlich streng tabu war. Er hielt sie in der Hand, obwohl er keine Handschuhe trug, und verschwand damit im Bad.
      Der Arzt sprach mit Lucy und stellte ihr Fragen, die sie beantwortete, während sie auf einer Trage festgeschnallt wurde. Weil Scarpetta so mit ihrer Nichte beschäftigt war, fiel ihr gar nicht auf, dass Marino plötzlich wieder unten stand und sich zu drei uniformierten Kollegen gesellt hatte. Zwei weitere Sanitäter hoben Morales' Leiche auf eine Bahre. Wiederbelebende Maßnahmen sparten sie sich, denn er war zweifelsfrei tot.
      Marino nahm das Magazin aus der Glock - Lucys Glock und leerte die Kammer, während einer der Polizisten eine Papiertüte offen hielt. Dabei erklärte Marino, Berger habe, unbemerkt von Morales, mit der Fernbedienung die Wohnungstür geöffnet und ihn hereingelassen. Er erfand eine Geschichte, er habe sich so nah wie möglich herangeschlichen und dann absichtlich ein Geräusch gemacht, damit Morales aufblickte.
      »Das gab mir gerade genug Gelegenheit, abzudrücken, bevor er jemanden erschießen konnte«, log Marino. »Er stand nämlich hinter Doc Scarpetta
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