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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk
Autoren: Hans Dominik
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Schreibtisch zuletzt in der Hand gehabt?«
    »Seit Wochen nicht mehr.«
    »Nun, dann wollen wir mal gleich sehen, wie’s damit steht.«
    Der Beamte nahm das Kästchen vorsichtig heraus und prüfte es genau. Lachte vergnügt. »Hier auf dem weichen Lederbezug sind die Abdrücke tadellos zu erkennen.« Bei diesen Worten hatte er das Kästchen geöffnet. Es war leer.
    »Mein Ring!« rief Moran. »Mein schöner Ring ist fort!« »Hm«, brummte der Polizeibeamte. »Wie sah denn der Ring aus?«
    »Es war ein alter, glatter Goldring, mit einem Brillanten â jour gefaßt, daneben zwei Saphire.«
    Der andere Beamte notierte alles, was Dr. Moran sagte, in sein Notizbuch. Dann nahmen die beiden die Wirtschafterin in ein Verhör. Doch die wußte gar nichts zu sagen. Kurz nach fünf hätte der Bürodiener Wittebold die Akten gebracht und in ihrem Beisein auf den Schreibtisch gelegt. Dann war er wieder fortgegangen, und sie hätte sich nach den hinteren Räumen begeben, wäre gar nicht wieder nach vorne gekommen. Während der ganzen Zeit hätte es nicht geklingelt, wäre niemand gekommen.

»Hm!« Der Kriminalbeamte besah sich die Aktenmappe. Sie war aus genarbtem Rindleder, in der Mitte etwas abgegriffen. Diese Stelle begann er jetzt mit Lampe und Lupe genau zu untersuchen. Fragte wieder nebenher: »Wie heißt dieser Bürodiener?«
    »Wittebold«, gab Moran zur Antwort.
    »Und wie lange ist er im Werk?«
    »Seit einigen Monaten.«
    Jetzt sah der Kriminalbeamte Moran voll ins Gesicht. »Haben Sie einen Verdacht, daß dieser Bürodiener Wittebold der Täter sein könnte?«

Moran zuckte die Achseln. »Wie kommen Sie zu der Frage?«
    »Nun – die Abdrücke an dieser Mappe stimmen vollkommen überein mit den Abdrücken auf dem Schreibtisch und dem Ringkästchen.«

»Ah! Das wäre allerdings ein starkes Stückchen!« sagte Moran entrüstet. »Ein schnöder Vertrauensbruch dieses Menschen, den ich immer für die ehrlichste Haut auf der Welt hielt!«
    »Ja, Herr Doktor, man täuscht sich so manchmal«, meinte der andere Beamte. »Bleibt natürlich nichts anderes übrig, als sich diesen Herrn Wittebold mal zu kaufen.«
    »Wenn er inzwischen nicht Leine gezogen hat«, fiel der erste Beamte ein. Er ging zum Telefon und sprach mit dem Polizeibüro. »Wir gehen jetzt, Herr Doktor. Ich möchte Sie aber bitten, sich zur Verfügung zu halten, falls wir Sie noch im Laufe des Abends mit diesem Bürodiener konfrontieren müßten.«
    Kaum waren die beiden gegangen und die Wirtschafterin aus dem Zimmer, da sagte Dr. Abt triumphierend: »So weit ist’s gelungen! Den sind wir auf einige Zeit los!« —
    »Ein hartnäckiger Bursche!« sagte der Kommissar zu dem Protokollführer. »Hier gibt’s doch wirklich nichts zu leugnen! Sind Sie denn ganz von Gott verlassen, Wittebold, daß Sie diesen erdrückenden Beweisen gegenüber überhaupt noch versuchen wollen, den Einbruch abzustreiten?«
    Wittebold, müde der andauernden Fragen, schwieg. Was sollte er auch sagen? Im Anfang des Verhörs hatte er immer wieder seine Unschuld beteuert. Der Kommissar hatte ihn ausgelacht.
    Gewiß! Vom Standpunkt des Polizeibeamten war jedes Leugnen unsinnig. Wittebold wußte ja auch, daß ein Fingerabdruck ein untrügliches Indizium des Verbrechers ist. Und man hatte ihm seine Fingerabdrücke an der Mappe und an dem Ringkästchen genau nachgewiesen.
    »Ich will versuchen, mein Alibi nachzuweisen. Ich muß mich da erst auf einiges besinnen. Im übrigen wiederhole ich Ihnen immer wieder, Herr Kommissar: Wäre Herr Doktor Fortuyn hier, würde ...«
    Hier stockte Wittebold ... Ja, gewiß! Wäre Fortuyn hier, er würde für ihn eintreten ... Aber die Fingerabdrücke, dieses unerschütterliche Beweismittel? Würde Fortuyn demgegenüber nicht auch mißtrauisch werden? Die Blässe auf seinem Gesicht vertiefte sich noch, als er dachte, daß auch Fortuyns Vertrauen in ihn erschüttert werden könnte.
    »‘s ist alles nutzlos, was Sie da reden, Wittebold! Ich kann Ihnen nur raten, ein offenes Geständnis abzulegen und vor allen Dingen zu sagen, wo Sie den Ring gelassen haben«
    Wittebold zuckte verzweifelt die Achseln. Er sah: jedes Wort, das er sprach, war Verschwendung. Er wandte sich mißmutig zur Seite: »Ich sage Ihnen hiermit, daß ich von jetzt ab auf keine Frage mehr antworten werde. Was ich Ihnen schon hundertmal versichert habe: daß ich unschuldig bin und irgendein Teufel mir da einen Streich gespielt hat – das glauben Sie mir ja doch nicht.«
    »Na ja, mein lieber
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