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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk
Autoren: Hans Dominik
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Freund«, sagte der Kommissar ironisch. »Beruhigen Sie sich man! Sie werden schon mit der Zeit anderer Meinung werden. Vielleicht überlegen Sie sich das heute nacht? Morgen früh werde ich Sie mal besuchen.« Er gab dem diensttuenden Beamten einen Wink. Der führte Wittebold aus dem Zimmer einen Gang entlang, schloß eine Zelle auf, hieß ihn eintreten. —
    Aus der Ecke des halbdunklen Raumes scholl Wittebold ein kräftiges »Guten Abend!« entgegen. Er schaute dorthin, sah, daß da in der Ecke ein Mann auf einer Pritsche lag, der ihm grüßend die Hand entgegenstreckte. In dem unsicheren Gefühl, vielleicht längere Zeit mit diesem Zellengenossen zusammenbleiben zu müssen, überwand sich Wittebold, ging auf ihn zu und erwiderte seinen Händedruck.
    Beim Schein der schwachen Lampe konnte er die Züge des Mannes nur undeutlich erkennen. Soviel er sah, war es ein noch ziemlich junger Mensch. Der überschüttete ihn mit einem Schwall von Fragen, auf die Wittebold kaum Antwort gab. Dabei zeigte er großes Interesse, zu erfahren, weshalb der Neue verhaftet worden wäre.

Als Wittebold immer wieder versicherte, er sei unschuldig verhaftet, wurde der andere schließlich ärgerlich. »Denkst wohl, ich war’ so’n Achtgroschenjunge, der dich hier ausholen soll? Zu so was gibt sich Franz Holl nicht her. Denk dir mal bloß, was die Polente von mir will! Ich soll da an einer Fassade hochgeklettert sein und da in ein Fenster gewollt haben. Is natürlich Quatsch. An der Fassade war ich ja, als die beiden Schupos vorbeikamen; aber ich wollte noch ‘ne Etage höher, wo die Zimmermädchen schlafen. Mit der Minna hatte ich mal auf ‘nem Tanzvergnügen Bekanntschaft gemacht. Und weil ich sie lange nicht gesehen hatte, wollte ich sie mal wiedersehn ... Aber die glauben einem ja einfach gar nichts. Und die Minna – ja, weißte, treulos sind die Weiber ja alle. Das weiß die Menschheit, seitdem die Welt steht. Aber das hätte ich doch nicht gedacht, daß die Minna mich so gemein verleugnen täte. Hat gesagt, sie kenne mich nicht.«
    Wittebold hatte sich auf die Pritsche geworfen. Seine Nerven hielten nicht mehr. Er hörte kaum, daß der andere immerfort weitererzählte. Nur ein Gedanke in ihm: Ruhe finden! Ruhe! Ruhe!
    Aber vergeblich war alles Bemühen um Schlaf. Dieser Streich, den man ihm gespielt –! Von wem er kam, ahnte er. Man wollte ihn aus dem Wege räumen, unschädlich machen, bis ...
    Aber! Hier sprang er, alle Müdigkeit vergessend, auf, durchmaß mit heftigen Schritten die enge Zelle. Seine Gegner konnten doch unmöglich annehmen, daß er längere Zeit hier festgehalten würde. Denn irgendwie mußte es ihm doch gelingen, sich von dem Verdacht zu reinigen. Was sie also planten, mußte recht bald geschehen – womöglich gar schon heute nacht ... Er rang verzweifelt die Hände.
    »Se haben wohl vergessen, dir en Plümo unterzulegen? Dir ist wohl die Pritsche zu hart?« scholl es ironisch aus der Ecke.
    Wittebold gab keine Antwort. Ihm war zum Ersticken. Er rückte den Schemel unter das Fenster, stieg hinauf und riß den Flügel auf.
    »Weiter geht’s nich, Kollex! Da ist so’n schöner eiserner Vorhang draußen. Ich würde mich ja freuen, wenn du den aufkriegtest.«
    Verzweifelt, wie er war, griff Wittebold an die Traljen und rüttelte in ohnmächtiger Wut daran.
    »Keene Sachbeschädigung, Kollex! Staatseigentum! Vergreif dich ja nich an den Dingern! Freut mich aber doch, daß du so ‘ne große Sehnsucht hast, hier rauszukommen. Det möchten wohl alle ... ich auch.« Bei seinen letzten Worten war Holl aufgestanden und trat zu Wittebold heran. In dem hellen Mondlicht konnte er dessen Züge wohl erkennen. Er schaute ihn lange durchdringend an. Sagte dann! »Ich glaube doch, du bist ehrlich. Das heißt, um keenen Irrtum aufkommen zu lassen: du bist keen Achtgroschenjunge.«
    Wittebold sah ihn verständnislos an. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Ich bin unschuldig verhaftet. Aber das ist es nicht allein. Heute nacht wird etwas passieren – etwas Schlimmes! Ich – ich muß es verhindern! Vielleicht ist’s noch nicht geschehen ...« Er trat nah an Holl heran: »Sie wissen doch hier Bescheid. Wäre es möglich, daß ich den Wärter sprechen könnte, um ihm eine wichtige Nachricht zur Beförderung zu geben?«
    »Nee, Kollex. Zu elektrischen Klingeln haben wir’s hier noch nicht gebracht. Aber det könnte man ja jelegentlich anregen.«
    Wittebold wandte sich verzweifelt zur Seite. Hätte er das doch nur
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