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Katrin mit der großen Klappe

Katrin mit der großen Klappe

Titel: Katrin mit der großen Klappe
Autoren: Marie Louise Fischer
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deutliches Pochen gegen das
Glas der Terrassentüre hörbar.
    Die Mädchen sahen sich an,
unwillkürlich erschrocken, aber am erschrockensten war Katrin selber.
    Eine Stimme drang ins Zimmer,
gedämpft durch das dicke Glas: „Mach auf, Katrin! Ich bin’s, Mutti!“
    Katrin riß den Vorhang zurück.
Ihre Erleichterung war so groß, daß sie ganz vergaß, daß sie eigentlich ein
schlechtes Gewissen hätte haben müssen. Sie öffnete die Türe zur Terrasse, fiel
ihrer Mutter um den Hals. „Oh, Mutti, Mutti! Wie gut, daß du da bist!“
    Die junge Frau Bär hielt ihre
Tochter ganz fest an sich gedrückt und sah, über ihren Kopf hinweg, eines der
Mädchen nach dem anderen an, und sie fühlten sich nicht recht behaglich unter
diesem forschenden Blick.
    Dann machte Katrin sich los.
„Das sind meine Freundinnen“, sagte sie und sah ihre Mutter flehend an, mit der
stummen Bitte, sie nicht zu verraten. „Sie wollten gerade gehen.“
    „Sehr schön“, sagte Frau Bär,
„dann auf Wiedersehen, Kinder! Katrin, bring deine Freundinnen hinaus, sieh zu,
daß sie nichts vergessen!“
    Es war eine ziemlich schweigsame
Schar, die Katrin, nachdem sie Mäntel, Mützen und Handschuhe verpackt hatten,
zum Gartentor führte. Keine von ihnen brachte die Überwindung auf, sich zu
entschuldigen, aber es war jeder einzelnen von ihnen anzusehen, wie leid es ihr
tat, daß sie sich danebenbenommen hatte.
    Katrin war so froh, daß alles
noch einmal einigermaßen gutgegangen war, daß sie es fertigbrachte, großmütig
zu sein: „Auf Wiedersehen, Freunde, bis nach Weihnachten!“ sagte sie herzlich
und streckte einer nach der anderen die Hand hin. „Ich wünsche euch ein frohes
Fest!“
    „Ja, frohe Weihnachten!“ rief
Olga erleichtert, und die anderen stimmten ein: „Frohe Weihnachten!“ — „Frohe
Weihnachten!“
    Katrin winkte ihren Freundinnen
nach, bis sie ihren Augen entschwunden waren. Dann drehte sie sich um und ging
ins Haus zurück, in dem ihre Mutter auf sie wartete.
     
     
     

Der große Reinfall
     
    Frau Bär hatte sich eine von
Großmutters Schürzen vor ihr schickes Winterkostüm gebunden, räumte bei
Weikerts auf und war gerade dabei, die Plätzchenkrümel zusammenzukehren, als
Katrin zurückkam.
    „Oh, Mutti“, sagte Katrin
reuevoll, „es tut mir ja so leid!“ Sie war drauf und dran, alles zu gestehen,
weil sie sicher war, daß ihre Mutter den Schwindel ohnedies durchschaut hätte.
    Aber Frau Bär ahnte nicht, daß
ihre Tochter so lügen konnte, und konnte sich gar nicht vorstellen, daß sie
sich und den anderen Mädchen eine richtige Scheinwelt vorgegaukelt hatte. „Ich
verstehe ja, daß du auch einmal deine Freundinnen einladen wolltest“, sagte sie
bekümmert, „aber wenn du es wenigstens noch unten, in Großmutters Zimmer, getan
hättest.“
    „Unten? Aber da ist es doch
viel zu eng!“ entgegnete Katrin, die sofort wieder Oberwasser hatte.
    „Die wenigsten Leute leben in
so großen Häusern wie Weikerts!“
    „Ja, ich weiß. Aber die meisten
haben doch wenigstens...“ Katrin biß sich auf die Lippen, sie merkte gerade
noch rechtzeitig, daß sie im Begriff gewesen war, ihre Mutter sehr zu
verletzen.
    Frau Bär konnte Katrins
unausgesprochene Gedanken lesen. „Es tut mir ja so leid, Liebling, daß ich dir
kein richtiges Zuhause bieten kann...“
    „Macht doch nichts, Mutti!“
Katrin lief zu ihr hin und schmiegte sich in ihre Arme.
    „Doch, es macht schon etwas, es
ist sogar sehr schlimm. Nicht nur für dich, sondern auch für mich, Katrin.
Kannst du dir nicht vorstellen, wie gerne ich meine kleine Tochter bei mir
haben würde?“
    „Großmutter sagt, daß es bald
soweit wäre... daß wir dann alle zusammenziehen können!“
    Frau Bär gab ihr einen kleinen
zärtlichen Kuß auf die Wange. „Ja, das stimmt, Liebling, wenn alles klappt,
haben wir es bis Ostern geschafft! Versprichst du mir, bis dahin ganz, ganz
brav zu sein?“
    „Bestimmt, Mutti!“ trompetete
Katrin mit Überzeugung.
    „Und keine Freundinnen mehr
einzuladen?“
    „Das schon gar nicht, Mutti!
Ehrlich, es war gar nicht so lustig, wie ich es mir vorgestellt hatte! Ich war
direkt froh, daß du gekommen bist.“
    „Das glaube ich dir gerne“,
sagte Frau Bär. „Aber schuld daran bist du selber!“
    „Ich!?“ Katrin tippte sich
entgeistert mit dem Finger auf die Brust.
    „Ja, du! Weil du sie heimlich
eingeladen hattest, und heimliche Handlungen gehen meistens schief.“
    „Aber das wußten die doch gar
nicht!“
    „Und du
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