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Katrin mit der großen Klappe

Katrin mit der großen Klappe

Titel: Katrin mit der großen Klappe
Autoren: Marie Louise Fischer
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Olga an der Reihe. Aber sie
schaffte es nicht — weder beim ersten noch beim zweiten, noch beim dritten
Anlauf.
    „Zieh doch die Knie hoch!“ rief
Fräulein Freysing. „Du mußt springen! Ja, was verstehst du unter springen?
Abfedern, hochspringen... ja, ich weiß, daß das weh tut! Aber nur, weil du es
falsch machst! Also, probiere es noch einmal!“
    Olga hatte einen hochroten Kopf
bekommen. Jetzt brach sie in Tränen aus. Und genau in diesem Augenblick fiel
Katrin um.
    Ohne einen Laut von sich zu
geben und ohne daß jemand sie gestoßen hätte... Sie war zurückgekommen und
stand als letzte in der Reihe und fiel plötzlich zu Boden.
    Die kleine Ruth, die vor ihr
stand, merkte es als erste. „Fräulein Freysing, Fräulein Freysing!“ rief sie.
„Katrin ist umgekippt!“ Die anderen drehten sich jetzt alle zu Katrin um, die
bleich und mit geschlossenen Augen am Boden lag.
    „Ach, die markiert sicher nur“,
behauptete Silvy. Aber ein Zittern in ihrer Stimme verriet, daß sie das selber
nicht glaubte.
    Fräulein Freysing unterbrach
die Ratschläge, die sie der heulenden Olga gegeben hatte, und kam
herbeigelaufen. Sie kniete sich neben Katrin, hob ihr die Augenlider hoch und
sagte: „Nein, Katrin markiert bestimmt nicht!“ Sie sprang auf. „Ich werde
Kampfer holen...“ Sie sah auf Katrin nieder, die erschreckend blaß und abgezehrt
wirkte. Ihre Wangen waren ganz hohl, die Arme und Beine schienen nur aus Haut
und Knochen zu bestehen. „Nein, ich rufe lieber gleich den Schularzt an“, sagte
sie. „Vielleicht ist sie ernstlich krank. Bitte, verhaltet euch ruhig, ich bin
gleich wieder da.“
    Diese Mahnung wäre nicht
notwendig gewesen. Die Mädchen hätten kein lautes Wort hervorgebracht, auch
wenn man es von ihnen verlangt hätte. Stumm und betreten standen sie um die
ohnmächtige Katrin herum.
    Leonore sprach aus, was die
anderen dachten: „Wir sind schuld. Wir hätten nicht so gemein zu ihr sein
dürfen.“
    Silvy widersprach: „Unsinn. Von
so etwas wird man doch nicht krank.“ Aber es klang alles andere als
überzeugend.
    Dann kam Dr. Herbert. Er
schickte die Mädchen in die Garderobe, bevor er Katrin untersuchte. Doch sie
hörten ihn noch sagen: „Ich werde sie in die Klinik einweisen lassen. Sie ist
in einer sehr schlechten körperlichen Verfassung.“
    Zehn Minuten später — die
Schülerinnen der 6a waren in ihre Klasse zurückgegangen — kam ein Krankenwagen.
Vom Fenster aus sahen sie, wie Katrin auf einer Trage hineingehoben wurde. Dann
schloß sich die Tür, der Wagen fuhr ab, mit Blaulicht und heulendem
Martinshorn.
    Diesmal gab es keine aufgeregte
Besprechung zwischen Silvy, Leonore, Olga und Ruth. Niemand wußte nachher mehr,
wer es zuerst gesagt hatte, aber alle waren sofort mit dem Vorschlag
einverstanden: „Wir müssen Katrin in der Klinik besuchen und uns erkundigen,
wie es ihr geht.“
    Noch am gleichen Nachmittag
zogen sie alle zusammen los. Sie wurden nicht zu Katrin gelassen. „Die
Patientin braucht absolute Ruhe“, erklärte eine strenge Oberschwester.
    Die vier ließen es sich nicht
verdrießen. Nachmittag für Nachmittag erschienen sie wieder in der Klinik und
verlangten, ihre Schulfreundin zu sehen.
    Endlich, eine Woche später,
sagte die Oberschwester: „Heute darf die Patientin Besuch empfangen. Aber vier
sind zuviel. Ich kann höchstens eine hineinlassen...“
    „Bitte, mich!“ sagte Leonore.
„Ich... ich bin ihre beste Freundin!“
    „Einverstanden.“
    „Aber ich muß auch mit hinein“,
erklärte Silvy. „Ich habe ihr etwas abzubitten. Das ist auch wichtig.“
    Das wirkte. Die Oberschwester
war gnädig und ließ beide in das Krankenzimmer, Leonore und Silvy.
    Katrin lag nicht allein,
sondern mit vielen Kindern in einem hellen großen Raum. Sie war immer noch sehr
mager, aber ihre Wangen und Lippen hatten wieder Farbe bekommen, und ihre
schwarzen Augen funkelten sehr lebendig.
    „Wir kommen als Abordnung“,
sagte Silvy und fühlte sich ganz ungewohnt und wider Erwarten sehr verlegen.
    „Die anderen stehen draußen,
sie durften nicht mit herein“, sagte Leonore.
    Katrin richtete sich in ihren
Kissen auf. „Ich freue mich, euch wiederzusehen“, sagte sie. „Aber wenn ihr nur
gekommen seid, weil ihr ein schlechtes Gewissen habt und ich euch leid tue...“
    Silvy ließ sie nicht ausreden.
„Ach, nun spinn doch nicht gleich wieder!“ sagte sie heftig. „Kannst du dir
denn nicht vorstellen, daß du uns einfach fehlst?“
    „Ich hatte in letzter Zeit
nicht
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