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Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Titel: Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott
Autoren: Helmut Sakowski
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habe es beobachtet. Er hatte den Hals nach vorn ausgereckt, die Beine nach hinten und natürlich die Schwingen ausgebreitet. So schwebte er am Himmel, der Storch.
    Er kam Mitte April und war seiner Frau vorausgeflogen. Nun zog er seine Kreise über Pälitzhof. Es geht ihm wie mir, er hat es am liebsten von allen Dörfern der Welt. Der Storch setzte zur Landung an, und fußte auf seinem Nest. Die Leute traten vor die Tür, und die Kinder riefen: »Der Storch ist da! Der Storch ist da!«
    Adebar führte zur Begrüßung ein Kunststück vor. Er legte den Kopf bis ins Rückengefieder zurück und klapperte laut. Meine Großmutter sagte: »Lange hat er Heuschrecken fressen müssen, dahinten in Afrika. Im Frühling bekam er Heimweh nach Pälitzhof und machte sich auf den Weg. Er mußte über Abessinien fliegen, denke mal, den Nilfluß abwärts, rechts rüber zur Türkei, den Balkan lang, über Polen und all diese Gegenden, wohin deine Eltern früher auf Urlaub fuhren. Denn er ist ein Ost-Storch und so programmiert. Die West-Störche nehmen ihre Route über Gibraltar, Spanien und Frankreich.«
    »Sind denn die westdeutschen Störche anders als die aus dem Osten?« fragte ich.
    »Ich weiß nur eins«, sagte meine Großmutter, »wer so lange eigene Wege hat ziehen müssen, der unterscheidet sich.«
    Das Nest hatte der Storch schon vor Jahren auf dem Lichtmast an der Straße erbaut. Der Schnee war darauf gefallen und hatte es platt gedrückt, und der Sturm hatte daran herumgezerrt. Es machte einen liederlichen Eindruck.
    Der Storchenmann hat tagelang aufgeräumt, das Nest hergerichtet und auf seine Frau gewartet.
    Nach vierzehn Tagen flog sie endlich ein. Er hat laut geklappert und einen Freudentanz aufgeführt. Wahrscheinlich wollte er schmusen. Aber sie war mit der Wohnung nicht einverstanden und hat alles, was ihr nicht gefiel, hinausgeschmissen. Die Leute auf der Dorfstraße mußten beiseite springen.
    »Recht hat sie«, sagte meine Oma, »ihr wären ja die Eier über den Rand gekullert, so schlampig ist das Nest gemacht.«
    Der Storch hat inzwischen eingeschnappt auf einem Bein auf dem Dach von Greiners Scheune gestanden. Er besitzt nämlich ein Sperrgelenk, das kann er einschnappen lassen und deshalb stundenlang stehen wie ein Zinnsoldat. Das ist nicht gesponnen. Mein Großvater war bei der Forstwirtschaft, meine Oma war seine Frau und muß es also wissen.
    Ich stelle mir vor, ich hätte auch ein Sperrgelenk und stehe in der Schlafkammer auf einem Bein. Meine Oma kommt und ruft mit lauter Stimme: »Marsch ins Nest, Katja Henkelpott!« Dann sage ich: »Nein. Ich bin gerade eingeschnappt und schlaf heute nacht mal im Stehen.«
    Eines Tages war die Wohnung auf dem Mast endlich eingerichtet. Die Storchenfrau hat dem Mann freundlich zugeklappert, und es sah lustig aus, als sie sich paarten. Die Kinder riefen: »Storch, Storch, Bester, bring mir eine Schwester!«
    Ich hätte am liebsten ein Brüderchen. Leider müssen sich meine Eltern umschulen lassen, Vater in Wuppertal, Mutter in Magdeburg. Wie sollen sie sich da paaren?

Frösche im Quark

    An der Mittelstraße in Wesenberg steht kein einziger Baum. Frau Ziegenbalg, die Besitzerin des freundlichen Ladens, hatte mir einen Sonnenschirm aufgestellt, damit mir bei schlechtem Wetter die Ware nicht verregnet. Sie hatte auch das Schild für die Werbung gemalt: »Umweltfreundliche Eier, naturbraun, echt Ost.«

    Manchmal nahm ich Flix und Flax, die Meerschweinchen, zu meiner Gesellschaft mit oder Moritz, das handzahme Eichhörnchen. Die Leute freuten sich über die Tiere und mich und rissen mir die umweltfreundlichen Eier aus den Händen. Nur der dicke, rotgesichtige Chef von der Ladenkette gegenüber ärgerte sich und beschimpfte mich über die Straße wegen der Hygiene. Er behauptete, ich ließe auf meinem Sonnenschirm eine Ratte tanzen. Wer nicht mal ein Eichhörnchen, das leider an Haarausfall leidet, von einer Ratte unterscheiden kann, der sollte noch mal von vorn in die Schule gehen. Ich zeigte dem Mann meine Vorderzähne, die etwas auseinanderstehen. Da hat er geschrien: »Ich werde dir das Handwerk legen, du kleines Miststück!«
    Dafür wollte ich mich rächen. Vor dem nächsten Verkaufstag legte ich die Rodeländer Eier sehr sorgfältig in den großen Korb und in einen anderen Korb etwas anderes und wollte mich aufmachen, ehe es heiß wird. Da erschien Frau Greiner mit einer Kiepe voller Eier, die stammten von den Bauernhöfen im Dorf. Sie fragte: »Willst du sie für mich
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