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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma
Autoren: H Brown
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Lieblingsbeschäftigung wartete auf ihn: unaufhörlich auf die Arbeitsfläche springen und wieder hinuntergescheucht werden. Lydia löste das Problem diplomatisch und stellte seinen höchsten Kratzbaum in die Mitte der Küche, damit er das Geschehen von dort oben überwachen konnte. Unablässig wurde dabei »gequatscht« und er beantwortete jede Frage mit einem Miauen oder Zungenschnalzen oder, wenn er aus irgendeinem Grund nicht einverstanden war, einem Nicksen.
    »Ich bin bloß seine Küchenhelferin«, sagte Lydia dann lachend.
    Manchmal vermisste ich fast den Räucherstäbchenduft, wenn ich am Fuß der Treppe stand. Sie meditierte nicht mehr viel. Ich riet ihr, es nicht ganz aufzugeben.
    Da Katharine beschlossen hatte, in ein Studentenwohnheim zu ziehen, war es wieder still im Haus geworden – es waren nur wir drei übrig, vier, wenn man Jonah mitzählte. Nach ein paar Monaten fühlte sich Lydia so weit, in eine Wohngemeinschaft mit Leuten ihres Alters zu ziehen. Zusammen mit drei Freundinnen fand sie ein schickes modernes Apartment über einer Galerie in Carlton. Es war sonnig und großzügig geschnitten, ideal. Da sie nach dem Master in Psychologie promovieren wollte, würde sie dort einige Jahre wohnen.
    Sie zog an einem jener strahlenden Tage aus, die es im Winter manchmal gibt. Sie hatte beschlossen, ihr Bett mitzunehmen, aus dem Philip das von Jonah vollgepinkelte Stück Holz herausgesägt hatte.
    Der Apfelbaum streckte seine nackten Äste zu einem Abschiedsgruß aus, als zwei Umzugsmänner ihren Schreibtisch, den Stuhl und mehrere Kisten mit Kleidung den Gartenweg hinuntertrugen. Nachdem der Umzugswagen weggefahren war, rief sie mich nach oben. Bis auf ein vollgestopftes Bücherregal war ihr Zimmer leer. Ich strich über die apricotfarbenen Wände. Selbst jetzt noch hatte das Zimmer eine wunderbare, überirdische Atmosphäre.
    »Was war das doch für ein Abenteuer für uns alle«, sagte ich und hob ein dickes Meditationskissen auf. »Nimmst du das nicht mit?«
    »Du kannst es gerne haben«, sagte sie.
    »Meditation«, sagte ich und drehte das Kissen gedankenverloren in meinen Händen. »Manchmal hilft mir das, nach dem Schreiben abzuschalten.«
    »Du wirst auf deine alten Tage doch nicht etwa Nonne werden wollen?«, zog Lydia mich auf.
    Ich schüttelte lachend den Kopf. Lydia legte die Hände auf meine Schultern und zog mich an sich.
    »Danke für alles, Mum.«
    Ich bekam heiße Ohren. Ich konnte gar nicht glauben, was ich eben gehört hatte.
    Meine widerspenstige, willensstarke Tochter, die mich immer nur Helen genannt hatte, hatte endlich Mum zu mir gesagt.

45.
Schwanzende
    Lass sie frei … in Maßen.
    An diesem Nachmittag legte ich Jonah sein Geschirr um und nahm ihn mit in den Garten.
    Ich machte es mir auf einer Liege bequem und schloss die Augen. Jonah sprang auf die Liege neben mir und rollte sich in der goldenen Wärme schnurrend auf den Rücken, damit ich ihm den Bauch streichelte. Wie alle guten Konkubinen gehorchte ich.
    Die halbe Tablette Katzen-Prozac gehörte mittlerweile zu seinem Alltag. Er war noch immer so verrückt, bezaubernd und herrisch wie früher, aber das Medikament hatte viel zur Lösung seines »kleinen Problems« beigetragen. Mittlerweile pinkelte er nur noch dann irgendwo ins Haus, wenn eine der schwarzen Katzen aus unserer Straße mit finsterem Blick durch das Fenster starrte oder wenn er einen von uns beim Kofferpacken erwischte. Da das Klavier meines Vaters nach wie vor ein unheilvolles Interesse auf sich zog, blieb es in Frischhaltefolie eingewickelt, zum Amüsement unserer Gäste.
    »Du bist ein guter Junge, nicht wahr?«, sagte ich, als er sich auf die Seite legte und die Augen schloss.
    Unser Kater machte einen so ruhigen und gelassenen Eindruck, dass ich beschloss, das Risiko einzugehen und ihm zu geben, wonach er sich immer gesehnt hatte. Jonah schien kaum mitzubekommen, dass ich die Leine von seinem Geschirr löste. Einträchtig lagen wir Seite an Seite da und genossen den Sonnenschein und die Gesellschaft des anderen. Er war jetzt frei und hatte sich trotzdem dafür entschieden, bei mir zu bleiben. Geschmeichelt schloss ich die Augen und döste ein wenig.
    Aber richtig entspannen konnte ich mich nicht. Alle paar Sekunden sah ich nach, ob Jonah noch neben mir lag. Er rührte sich nicht vom Fleck. Bis ich ihn dabei ertappte, wie er mich mit durchdringendem Blick anstarrte, so als wollte er sichergehen, dass ich schlief.
    Während ich mich also schlafend stellte,
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