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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen
Autoren: Jack Vance
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– ausgestattet mit seiner ureigensten Persönlichkeit, der charakterlichen Kontinuität und allen Erinnerungen –, um in die Welt hinauszuziehen und sein Dasein fortzuführen.
    Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen konnte es geschehen, daß ein Amarant während der Separation getötet wurde. Seine Surrogate, denen dadurch ein Persönlichkeitstransfer verwehrt war, wurden somit zu »Relikten«. Für gewöhnlich fanden sie auf die eine oder andere Weise einen Zugang zur Außenwelt, um dort ihr eigenes Leben zu führen. Von den gewöhnlichen Männern und Frauen unterschieden sie sich nur in ihrer Unsterblichkeit, die sie vom Prototyp geerbt hatten. Wünschten sie einen eigenen Aufstieg durch die Einstufungsphylen, so mußten sie sich wie alle anderen Bürger von Clarges vom Aktuarius registrieren lassen. Wenn sie Lulks blieben, konnten sie ewig und in immerwährender Jugend bleiben, mußten sich aber meistens verborgen halten und fürchteten sich davor, Aufmerksamkeit zu erregen: Denn sobald man sie erkannte, wurden sie automatisch als Schwarm eingestuft.
    Gavin Waylock behauptete, ein solches Relikt zu sein. Die Jacynth Martin wiederum war ein Surrogat mit der Persönlichkeit und Gedankenstruktur der ursprünglichen Jacynth Martin, deren Existenz mit dem Abschluß des Identitätstransfers beendet worden war.
     
3
     
    »Ein Relikt«, sagte die Jacynth nachdenklich. »Ein Relikt des Grayven Warlock … vor sieben Jahren … Für ein Duplikat ohne Ichtransfer scheinen Sie sich in diesen wenigen Jahren erstaunlich gut entwickelt zu haben.«
    »Ich bin recht anpassungsfähig«, gab Waylock ruhig zurück. »In gewisser Weise ist das ein Nachteil: Heutzutage sind es die Spezialisten, deren Lebenslinie die stärkste Steigung aufweist.«
    Die Jacynth nippte an ihrem Drink. »Der Grayven Warlock hatte ziemlich viel Erfolg. Was war sein Wettbewerbsgebiet?«
    »Journalismus. Er gründete den Clarges Anzeiger .«
    »Ah, jetzt erinnere ich mich. Der Abel Mandeville vom Clarino war sein Rivale.«
    »Und auch sein Feind. Sie trafen sich eines Abends hoch oben im Porphyrturm. Es kam zum Streit, sie beschimpften sich. Der Abel schlug Den Grayven. Der Grayven schlug zurück, und Der Abel fiel dreihundert Meter in die Tiefe und stürzte auf den Charterhausplatz.« Waylocks Stimme klang nun ein wenig bitter. »Der Grayven wurde als Ungeheuer gebrandmarkt, und die ganze Verachtung der Öffentlichkeit konzentrierte sich auf ihn. Man überantwortete ihn den Assassinen, noch bevor der vollständige Persönlichkeitstransfer auf seine Surrogate abgeschlossen war.« Die Augen hinter der Maske funkelten. »Gewalttätigkeiten unter den Amarant sind nicht selten. Wenn es zu einem Übergang kommt, so ist das nichts Endgültiges. Es bedeutet höchstens die Unbequemlichkeit einer Wartezeit von einigen Wochen, bis das nächste Surrogat vorbereitet ist. Sie statuierten ein Exempel an Dem Grayven – weil seine Gewalttat nicht vertuscht werden konnte. Er wurde den Assassinen übergeben, obwohl er gerade erst Amarant geworden war.«
    »Der Grayven Warlock hätte die Separation nicht verlassen sollen«, sagte Die Jacynth unbewegt. »Er ging ein großes Risiko ein.«
    »Der Grayven war impulsiv und ungeduldig. Er hielt es nicht so lange in der Isolation aus. Und er konnte nicht mit der Rachsucht seiner Feinde rechnen!«
    »Es gibt die Gesetze der Enklave«, sagte Die Jacynth, und ihre Stimme klang schärfer. Sie sprach in einem belehrenden Stakkato. »Die Tatsache, daß sie manchmal mißachtet werden, mindert nicht ihre wesentliche Rechtmäßigkeit. Jeder, der sich eines so abscheulichen Gewaltaktes schuldig macht, verdient nichts anderes, als aus der Gemeinschaft von Clarges entfernt zu werden.«
    Waylock antwortete nicht sofort darauf. Er ließ sich ein wenig in seinem Sessel zurücksinken, spielte mit dem Fläschchen vor ihm auf dem Tisch, beobachtete sie schweigend und analysierte ihre Gesichtszüge. »Was werden Sie nun tun?«
    Die Jacynth nippte an ihrem Likör. »Ich bin nicht gerade glücklich über das, was ich in Erfahrung gebracht habe. Einerseits fühle ich mich verpflichtet, ein Ungeheuer zu enttarnen, doch andererseits würde ich natürlich nur sehr ungern …«
    »Es gibt kein Ungeheuer zu enttarnen!« warf Waylock ein. »Der Grayven ist seit sieben Jahren tot und vergessen.«
    Die Jacynth nickte. »Ja, natürlich.«
    Ein von schwarzen Federn umrahmtes, rundes Gesicht schob sich hinter der Balustrade hervor. »Das ist doch der alte Gavin –
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