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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen
Autoren: Jack Vance
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rechts und links und suchten etwas, mit dem sie ihre Blöße bedecken konnten.
    »Die Anastasia ist hingeschieden«, sagte Rodenave. »Wer ist die Älteste?«
    »Ich«, sagte eine von ihnen. Aus den drei Simulacra wurden zwei Ichkopien und ein eigenständiges Individuum. »Ich bin Die Anastasia.« Sie wandte sich an Ihre Surrogate. »Ihr kehrt in die Boxen zurück, und ich gehe in die Welt hinaus.«
    »Ihr kommt alle mit mir«, sagte Rodenave.
    Die Anastasia warf ihm einen verblüfften Blick zu. »Das ist nicht korrekt!«
    »Doch, das ist es«, erwiderte Rodenave. Und in einem begierigen Tonfall fügte er hinzu: »Nachdem Die Anastasia dich das letzte Mal besucht hat, heiratete sie mich. Du bist nun meine Frau.«
    Die neue Anastasia und die beiden Simulacra musterten ihn.
    »Diese Vorstellung fällt mir schwer«, sagte die neue Anastasia. »Du kommst mir bekannt vor. Wie heißt du?«
    »Vincent Rodenave.«
    »Ach … jetzt erkenne ich dich wieder. Wir haben schon von dir gehört.« Sie zuckte mit den Achseln und lachte. »Ich habe in meinem Leben viele verrückte Dinge getan. Vielleicht habe ich dich tatsächlich geheiratet. Aber ich kann es kaum glauben.«
    Sie nahm nun ganz die Verhaltensweise der berühmten Mime an. Es war, als glitte ein körperloser Geist in ihre fleischliche Hülle.
    »Kommt«, sagte Rodenave.
    »Aber wir können nicht alle gehen!« protestierte Die Anastasia. »Was wird sonst aus der Ichverbindung?«
    »Ihr müßt alle mitkommen«, erwiderte Rodenave unnachgiebig. »Falls nötig, werde ich Gewalt anwenden.«
    Sie wichen vor ihm zurück und starrten ihn ungläubig an. »Das ist unerhört. Was stieß der Prä-Anastasia zu?«
    »Ein eifersüchtiger Liebhaber hat ihr Leben geschändet.«
    »Das muß Der Abel gewesen sein.«
    Rodenave winkte ungeduldig mit der Hand. »Wir müssen nun gehen.«
    »Aber wenn wir alle die Zelle verlassen«, wandte die Älteste heftig ein, »gibt es drei Anastasias! Die beiden anderen sind genauso egoidentifiziert wie ich selbst. Wir drei sind vollkommen identisch.«
    »Eine von euch mag wie gewünscht Die Anastasia sein. Die zweite wird meine Frau. Und die dritte mag tun und lassen, was ihr beliebt.«
    Die drei Anastasias sahen ihn nachdenklich und mit unverhohlenem Mißtrauen an. »Wir legen keinen Wert drauf, mit dir liiert zu sein. Sollte eine Ehe bestehen, so wird sie aufgelöst. Wenn es erforderlich ist, werden wir unsere Zelle verlassen – aber nur dann.«
    Rodenave wurde blaß. »Eine von euch muß mit mir kommen! Also trefft die Entscheidung – welche soll es sein?«
    »Ich nicht.« »Ich nicht.« »Ich nicht.« Allen drei Stimmen haftete der gleiche Tonfall an.
    »Aber ihr seid mit mir verheiratet, das könnt ihr doch nicht einfach ignorieren!«
    »Ganz gewiß können wir das. Und das tun wir auch. Du bist kein Mann, mit dem wir gerne zärtlich wären.«
    »Alle Amarant«, erwiderte Rodenave mit gepreßter Stimme, »alle Simulacra und Surrogate müssen ihre Zellen verlassen – so lautet die jüngste Anordnung!«
    »Unsinn!« »Unsinn!« »Unsinn!«
    Rodenave trat vor und holte mit der Hand aus. Das Gesicht der einen Frau glühte rot. Dann drehte er sich um, marschierte zu seinem Luftwagen und flog allein nach Clarges zurück.
     
3
     
    Seit die Jacynth Martin ihn zum erstenmal auf den Fall Gavin Waylock aufmerksam gemacht hatte, war die Entscheidungsfreudigkeit Des Roland Zygmont immer mehr geschwunden, und jetzt kannte er nur noch Ärger und Probleme.
    Der Roland war ein sehr alter Mann, ein Angehöriger der ursprünglichen Großligagruppe. Er war schlank und von zarter Statur. Sein Gesicht war schmal, die Linien von Nase und Wangenknochen waren weich. Er hatte hellgraue Augen und dünnes, blondes Haar. Die Zeit hatte ihn reifen lassen, und so war er nicht von dem leidenschaftlichen Fanatismus Der Jacynth angesteckt worden. Nach jener apokalyptischen Nacht, die soviel Qual mit sich gebracht hatte, bestand seine erste Empfindung aus Erleichterung darüber, daß nun das Schlimmste gewiß überstanden war.
    Während der folgenden Tage sah er sich jedoch einem Nachspiel aus Unannehmlichkeiten und Verdruß ausgesetzt. Die eintausendsiebenhundertzweiundsechzig Surrogate stellten das größte Problem dar: Welcher Status sollte diesen neuen Bürgern von Clarges zugesprochen werden? Jeder einzelne der vierhundert Amarant, deren Zellen aufgebrochen worden waren, existierte nun in vier oder fünf Versionen – alle mit gleicher charakterlicher Struktur, der gleichen
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