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Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)

Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)

Titel: Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Autoren: Diane Oliver
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wieder, wenn sie verkauft war. Es kam aber doch darauf an – sie wollte in diesem fremden Land nicht allein und ausgegrenzt sein.
    Ein neues Gewand gab ihnen Gelegenheit, neidische und gehässige Bemerkungen auszustauschen. Giuliana hatte niemandem etwas erzählt, aber auf geheimnisvollen Pfaden hatten Einzelheiten über ihre Bestrafung den Weg in dieses Serail gefunden. Basin Farhaads Interesse an ihr verschaffte ihr eine Sonderstellung. Von den Tuscheltanten wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gewand in Sulanas Händen zu. Sie und die kleingewachsene, füllige Scheiderin halfen ihr hinein.
    Das Kleid war überraschend hochgeschlossen und langärmelig. Giuliana hatte ein knappes Stück Stoff erwartet, das ihren Körper mehr zur Geltung brachte, als ihn zu verhüllen. Anscheinend stellte sich in Istanbul eine Frau nicht öffentlich zur Schau, und das galt auch für Frauen, die in den Serail eines reichen Osmanen verkauft werden sollten. Die Schneiderin tanzte um sie herum, nahm letzte Maße, steckte den Stoff fest und sagte ein ums andere Mal, wie hübsch sie in dem Kleid aussehen werde. Giuliana beherrschte genug Osmanisch, um das zu verstehen.
    Mimi kam in den Aufenthaltsraum, ein weiter Mantel wehte wie eine Fahne hinter ihr her.
    »Habt ihr nichts zu tun?« Wie ein Raubvogel stieß sie auf die drei Klatschbasen in der Ecke nieder.
    Zwei von ihnen flüchteten eilig ins Bad, eine in die Schlafräume. Giuliana grinste. Sie und Mimi waren zwar keine Freundinnen geworden, aber sie verspürte Achtung vor der blonden Augsburgerin.
    »Für dich gibt es nichts zu grinsen.«
    Jetzt war sie an der Reihe. Schnell setzte Giuliana eine ernste Miene auf. Unterdessen befreiten Sulana und die Schneiderin sie von dem neuen Kleid. Hastig schlüpfte sie wieder in ihr altes.
    »Unser Herr will dich sehen. Komm mit.«
    Basin Farhaad erwartete sie diesmal weder in dem kahlen Raum für spezielle Spiele zwischen Mann und Frau und auch nicht in dem Innenhof, in dem sie ihm bereits zweimal gegenübergestanden hatte, sondern in einem kleinen Gemach mit vergitterten Fenstern. Eine Kohlenpfanne spendete angenehme Wärme. Der Hausherr lag auf einem niedrigen Ruhesofa. Er trug einen einfachen beige-blau gestreiften Kaftan und las in einem Buch. Bei ihrem Eintritt schaute er nicht auf, sondern bedeutete ihr nur mit der Hand, auf einem Kissen zu seinen Füßen Platz zu nehmen.
    Sie tat es und beobachtete ihn. Wollte er ihr noch einmal demonstrieren, wie sehr ihr der Schmerz gefiel? Sie wappnete sich innerlich dagegen. Er begann, ihr vorzulesen, seine fein modulierende Stimme erfüllte den Raum. Poesie glaubte Giuliana an Klang und Betonung zu erkennen, sie verstand von fünfzig Wörtern kaum eines, aber je länger Basin Farhaad las, desto entspannter wurde sie und gab sich ganz dem Klang seiner Stimme hin. Sie schaute lächelnd zu ihm auf.
    Basin Farhaad beendete seinen Vortrag und schlug das Buch zu, ließ aber einen Finger als Lesezeichen zwischen den Seiten liegen. Mit einem ganz seltsamen Blick schaute er auf sie herab. Traurig, wehmütig, überlegen und auch ein wenig ergriffen von der eben gelesenen Poesie. Giuliana lagen Fragen auf der Zunge, aber sie stellte sie nicht, wollte die Stimmung nicht durch Worte zerstören.
    »Möchtest du noch mehr hören?«, fragte er endlich, und genau wie sein Blick war auch seine Stimme seltsam.
    »Was habt Ihr gelesen? Ich habe leider nichts verstanden«, gestand sie leise.
    »Gedichte über die Liebe und das Leben, mit dem uns Gott so reich beschenkt hat. Unbekannte Derwischmönche haben sie geschrieben. Sie sorgen stets dafür, dass ich die Nöte des Tages vergesse.«
    »Welche Nöte meint Ihr, Herr?«
    Er lächelte. »Welche Nöte hat ein Mann wie ich, der in einem großen Haus lebt, mehrere Dutzend Diener hat, das fragst du dich. Ich sehe es in deinem Gesicht.«
    Sie leugnete es nicht, schaute ernst und konzentriert zu ihm auf.
    »Ach, komm her, kleine Ileana.«
    Sie rutschte mit dem Kissen näher an das Ruhesofa heran. Er legte ihr eine Hand auf den Kopf, streichelte ihr Haar und ließ die Finger dann über ihre Wange zu ihrem Hals gleiten. Sie hielt ganz still, wartete auf ein Wort, eine Geste von ihm. Ihre Gedanken und ihr Herzschlag flatterten, und als er mit dem Daumen ihren Hals auf und ab strich, entwich ihr ein leiser Seufzer. Gerne wollte sie noch einmal den Schmerz seiner Zähne auf der Haut spüren.
    »Morgen ist der Tag«, sagte Basin Farhaad, und diesmal klang er eindeutig traurig.
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