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Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)

Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)

Titel: Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Autoren: Diane Oliver
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Morgen voranschritt, desto mehr hoben sich die Nebel und gaben den Blick auf den Kanal und das Häusermeer der Lagunenstadt frei. Dicht an dicht lehnten die Häuser. Giuliana legte den Kopf in den Nacken und zählte: Nicht wenige besaßen fünf Stockwerke. Wie wäre es wohl, dort oben zu wohnen und über alle Dächer zum Meer zu schauen? So weit war sie mit ihren Gedanken gekommen, als die Kirchen der Stadt zur Terz läuteten, zur dritten Stunde des Tages. Tiefe und helle Klänge vermischten sich miteinander, und sie hielt sich die Ohren zu. Das sollte jeden Langschläfer aufgeweckt haben. Alle Menschen, die sie kannte, hatten um diese Zeit das Frühstück verzehrt und waren an der Arbeit, ob es nun Kerzenzieher, Kaufmannsgehilfen, Schneider, Wäscherinnen oder Kupferschmiede und Weber waren. Wenn sie gehofft hatte, die Kanäle, Gassen und Plätze Venedigs würden sich mit Menschen füllen, wurde sie enttäuscht.
    »Es ist November, da halten sich die Leute in den Häusern auf und die Fenster geschlossen, im Mai sieht das anders aus«, tröstete sie sich. Lautlos glitt der Kahn an einen Steg heran, und wie aus dem Nichts tauchte aus den Schatten der erste Venezianer auf, den Giuliana zu Gesicht bekam. Kein schmucker junger Mann mit gefälteltem weißem Kragen über dem Wams und einem Schwert an der Seite, sondern ein barfüßiger, zerlumpter Junge, wie sie sich auch zuhauf in Verona herumtrieben. Gegen eine kleine Münze waren sie zu allerlei Diensten bereit.
    Er fing die Leine auf, die ihm einer der Ruderer zuwarf, und vertäute den Kahn längsseits eines Steges. Nachdem eine zweite Leine festgebunden war, standen die Ruderer auf und kletterten auf den Steg. Das Boot schaukelte, und Giuliana hielt sich an der Bordwand fest, bis es sich beruhigt hatte. Erst dann kletterte sie an Land.
    »Wir sind da«, sagte einer der Ruderknechte überflüssigerweise.
    Ana wurde von ihren langen Röcken behindert und von dem Bündel mit den Kräutertöpfen, das sie um keinen Preis loslassen wollte. Sie schoss einen wütenden Blick auf Giuliana ab, die sich an ihr Burschendasein erinnerte und der alten Haushälterin aus dem Boot half. Ihr Vater machte einen Riesenschritt auf den Steg, stieß dabei das Boot zurück, das gehörig ins Wanken geriet. Einer der beiden Ruderknechte ließ einen Packen fallen, den er gerade aus dem Boot heben wollte.
    »Eh, Mann.«
    »Du musst vorsichtiger sein, Papa«, flüsterte sie ihrem Vater zu.
    »Bursche«, grollte er. Il Sasso sah nicht mehr so gut wie früher. Was genau vor ihm war, erkannte er nur noch schlecht und hatte deshalb den Abstand zwischen Boot und Steg nicht einschätzen können – deshalb der Riesenschritt. Natürlich wollte er nicht, dass jemand sein nachlassendes Augenlicht bemerkte, denn wer beschäftigte einen Steinmetz, der nicht mehr gut sah, oder ließ sich von so jemandem ein Mosaik legen? Seit einem Jahr ging das nun schon so, und ohne Giulianas Hilfe konnte er gar nicht mehr arbeiten. Zuerst hatte sie nur sein Geld gezählt, seine Bücher geführt und in der Abgeschiedenheit ihrer Kammer Skizzen gezeichnet. Jetzt reichte das längst nicht mehr, sie musste auch während des Legens der Mosaiksteine seine Augen sein. Deshalb war sie auf den Ausweg verfallen, in Venedig als sein Sohn und Lehrling zu leben, um immer an seiner Seite zu sein.
    Das Schicksal hatte ihm den Sohn als Nachfolger verwehrt, aber Giuliana war fest entschlossen, diese Rolle so gut wie möglich auszufüllen. Sie wollte ihm so viel Arbeit abnehmen, wie sie konnte.
    Er entlohnte den zerlumpten Jungen, tastete dazu einen Augenblick in seiner Börse nach einer passenden Münze. Er gab auch den beiden Ruderern je ein Geldstück, nachdem das Gepäck ausgeladen und auf dem Steg aufgestapelt lag.
    Das Haus, vor dem sie standen, entsprach in nichts dem ihrer Träume. Es war alt und grau, das Wasser nagte an seinen Fundamenten. Stellenweise war der Putz abgebröckelt und der Stein darunter schwarz. Das Bemerkenswerteste an dem Haus war aber seine Breite – genauer gesagt, das Fehlen derselben. Es war nicht breiter als drei Meter. Im Erdgeschoss war nur Platz für die Tür, im ersten und zweiten Stock gab es je zwei hohe Fenster. Mit einer Wohnung im fünften Stock und einem Blick weit über die Dächer von La Serenissima wurde es also nichts.
    »Hoffentlich ist das Haus tiefer als drei Meter, sonst müssen wir arg beengt wohnen«, dachte Giuliana. Ihr Haus in Verona war komfortabler gewesen.
    Wenigstens waren drinnen
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