Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karlsson vom Dach

Karlsson vom Dach

Titel: Karlsson vom Dach
Autoren: Lindgren Astrid
Vom Netzwerk:
Fleischkloß hinterlassen.
    Lillebror saß auf seinem Lieblingsplatz auf dem Kaminsockel, so dicht neben dem Feuer, wie er nur konnte. Diese Kaffeestunde nach dem Essen war fast das Gemütlichste vom ganzen Tag. Man konnte mit Papa und Mama reden, und sie hörten auf das, was man sagte. Dazu hatten sie sonst nicht immer Zeit. Es machte auch Spaß, Birger und Betty zuzuhören, wenn sie sich gegenseitig neckten und wenn sie von der «Penne» redeten. Die «Penne» war ohne Zweifel eine ganz andere und feinere Art von Schule als die Kleinkinderschule, in die Lillebror ging. Lillebror hätte gern auch von seiner «Penne» erzählt, aber außer Mama und Papa interessierte sich niemand dafür, was sich dort zutrug. Birger und Betty lachten nur darüber, und Lillebror hütete sich wohlweislich, etwas zu sagen, worüber Birger und Betty sich lustig machen konnten. Es hatte übrigens gar keinen Zweck, daß sie versuchten, ihn zu ärgern — er war ein Meister darin, sie wiederzuärgern. Das mußte man können, wenn man einen Bruder hatte wie Birger und eine Schwester wie Betty.
    «Na, Lillebror, konntest du heute deine Aufgaben?» erkundigte sich Mama.
    Aus so einer Unterhaltung machte Lillebror sich nichts. Da aber Mama eben nichts von dem Stück Zucker gesagt hatte, mußte er es sich wohl gefallen lassen, daß sie so fragte.
    «Ja klar, natürlich konnte ich die Aufgaben», sagte er mürrisch.
    Er dachte die ganze Zeit an Karlsson. Wie konnte irgendein Mensch verlangen, daß er sich an die Aufgaben erinnern sollte, solange er nicht wußte, wo Karlsson vorhin geblieben war!
    «Was hattet ihr zu heute auf?» fragte Papa.
    Lillebror wurde ärgerlich. Wollten sie die ganze Zeit so weitermachen? Deshalb saß man doch wohl nicht vor dem Feuer und hatte es gemütlich — damit die Leute von Schulaufgaben redeten.
    «Wir hatten das Alphabet auf», sagte Lillebror schnell. «Das ganze lange Alphabet, und ich kann es — zuerst kommt A, und hinterher kommen all die anderen Buchstaben!»
    Er nahm sich noch ein Stück Zucker und dachte wieder an Karlsson. Die mochten um ihn herum reden und brummen, soviel sie wollten, Lillebror dachte an Karlsson und hätte gern gewußt, ob er ihn wohl wiedersehen würde.
    Betty weckte ihn aus seinen Träumen.
    «Lillebror, hörst du nicht? Möchtest du dir fünfundzwanzig Öre * verdienen?»
    Allmählich begriff Lillebror, was sie eigentlich sagte. Er hatte nichts dagegen, fünfundzwanzig Öre zu verdienen, aber es kam natürlich darauf an, was Betty von ihm verlangte.
    «Fünfundzwanzig Öre, das ist zuwenig», sagte er fest. «Wo heutzutage alles so teuer ist. Was denkst du denn, wieviel zum Beispiel ein Fünfziger-Eis kostet?»
    «Ja, was soll ich da schätzen?» sagte Betty und machte ein pfiffiges Gesicht. «Fünfzig Öre etwa?»
    «Ja, siehst du, das stimmt genau», sagte Lillebror. «Und da siehst du wohl ein, daß fünfundzwanzig Öre zuwenig sind.»
    «Du weißt ja noch gar nicht, worum es sich handelt», sagte Betty. «Es ist nichts, was du tun sollst — sondern etwas, was du gerade nicht tun sollst.»
    «Was soll ich denn nicht tun?»
    «Du sollst dich heute abend nicht hier im Wohnzimmer zeigen.»
    «Peter kommt, mußt du wissen», sagte Birger. «Bettys neuer Freund!»
    Lillebror nickte. Aha, so hatten sie sich das also gedacht: Mama und Papa wollten ins Kino gehen und Birger zu einem Fußballspiel, und Betty wollte mit Peter allein im Wohnzimmer sitzen, und Lillebror sollte in sein Zimmer verwiesen werden — gegen eine lumpige Entschädigung von fünfundzwanzig Öre. Nette Familie, die man hatte.
    «Was hat er für Ohren?» fragte Lillebror. «Stehen die ebenso weit ab wie bei deinem früheren Freund?»
    So mußte man es machen, wenn man Betty ärgern wollte.
    «Da kannst du’s mal hören, Mama», sagte sie. «Verstehst du jetzt, weshalb ich Lillebror aus dem Weg haben will? Er vertreibt jeden, der zu mir ins Haus kommt.»
    »Oh, das tut er doch gar nicht», sagte Mama begütigend. Sie mochte es nicht, wenn ihre Kinder sich zankten.
    «Doch tut er das», versicherte Betty. «Hat er etwa nicht Jens vertrieben? Vor den hat er sich eine ganze Weile hingestellt und ihn angestarrt, und dann hat er gesagt: Das müßt ihr doch verstehen, daß Jens dann nicht mehr herkommen mochte.»
    «Ruhig, nur ruhig», sagte Lillebror in genau dem gleichen Tonfall wie Karlsson. «Ruhig, nur ruhig! Ich werde in meinem Zimmer bleiben, und ich mach’s umsonst. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher