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Karlsson vom Dach

Karlsson vom Dach

Titel: Karlsson vom Dach
Autoren: Lindgren Astrid
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Taschenlampe vorsorglich ausgeknipst.
    «Wir müssen als eine freudige und liebe Überraschung kommen», flüsterte Karlsson und schmunzelte unter der Decke.
    Langsam, langsam wanderte das Zelt hinter den Vorhang und ins Zimmer. Betty und Peter saßen auf dem kleinen Sofa ganz drüben an der gegenüberliegenden Wand. Langsam steuerte das Zelt darauf zu.
    «Ich hab’ dich gern, Betty», hörte Lillebror eine rauhe Knabenstimme sagen — wie war er bloß albern, dieser Peter!
    «Wirklich?» sagte Betty, und dann wurde es wieder still.
    Als eine dunkle Masse bewegte sich das Zelt durch den Raum, langsam und unaufhaltsam steuerte es auf das Sofa zu, näher und näher kam es. Jetzt waren es nur noch wenige Schritte; aber die beiden, die dort saßen, hörten weder noch sahen sie etwas.
    «Magst du mich, Betty?» fragte Peter schüchtern.
    Er bekam keine Antwort mehr. Denn in diesem Augenblick durchschnitt der Strahl einer Taschenlampe die grauen Schatten im Zimmer und fiel ihm voll ins Gesicht. Peter fuhr hoch, Betty schrie auf, und ein Kichern und Trappeln von Füßen war zu vernehmen, die hastig auf die Diele zu rannten.
    Man kann nichts sehen, wenn man gerade von einer Taschenlampe geblendet worden ist. Aber hören kann man. Und Betty und ihr Peter hörten das Gelächter, ein wildes, entzücktes Gelächter, das jenseits des Vorhangs sprudelte.
    «Das ist mein abscheulicher kleiner Bruder», sagte Betty. «Aber der kriegt jetzt was...»
    Lillebror kicherte und kicherte immerzu.
    «Klar mag sie dich», schrie er. «Warum sollte sie dich nicht mögen? Betty mag alle Jungens, daß du’s weißt!»
    Dann war nur noch ein Gepolter zu hören und noch ein bißchen Gekicher.
    «Ruhig, nur ruhig», flüsterte Karlsson, als das Zelt bei ihrer wilden Flucht zur Tür abrutschte.
    Lillebror war so ruhig, wie er konnte, obwohl das Lachen noch immer in ihm sprudelte und obwohl Karlsson über ihn gepurzelt war und er nicht mehr wußte, welche Beine seine eigenen und welche Karlssons waren, und obwohl ihm klar war, daß Betty sie jeden Augenblick eingeholt haben konnte.
    Sie rappelten sich hoch, so schnell es nur ging, und stürzten aufgeregt auf Lillebrors Zimmer zu, denn Betty war dicht hinter ihnen.

    «Ruhig, nur ruhig», flüsterte Karlsson, und seine kurzen dicken Beine gingen unter der Decke wie Trommelstöcke. «Der beste Schnelläufer der Welt, das ist Karlsson vom Dach!» flüsterte er, aber er schien ziemlich außer Atem zu sein.
    Lillebror rannte auch ganz schön. Und es eilte! In der allerletzten Sekunde retteten sie sich durch die Tür in Lillebrors Zimmer hinein. Karlsson drehte ganz schnell den Schlüssel um und stand da und kicherte leise und befriedigt, als Betty an die Tür klopfte.

    «Warte nur, Lillebror! Wenn ich dich zu fassen kriege!» schrie sie wütend.
    «Aber ich hab’ mich nicht gezeigt!» schrie Lillebror zurück.
    Und dann wurde hinter der Tür von neuem gekichert.
    Es waren zwei, die kicherten — das hätte Betty sehr gut hören können, wenn sie nicht so wütend gewesen wäre.

Karlsson wettet

    Lillebror kam eines Tages von der Schule nach Hause. Er war ergrimmt und hatte eine große Beule auf der Stirn. Mama war in der Küche, und sie war so entsetzt über die Beule, wie Lillebror es sich gewünscht hatte.
    «Liebster Lillebror, was war denn los?» sagte sie und nahm ihn in die Arme.
    «Krister hat mich mit Steinen geschmissen», sagte Lillebror böse.
    «Nein, nun hört doch aber alles auf», sagte Mama, «so ein Lümmel! Warum kommst du denn nicht rauf und sagst es mir?»
    Lillebror zuckte die Achseln.
    «Wozu denn? Du kannst doch nicht mit Steinen schmeißen. Du würdest nicht mal eine Scheunenwand richtig treffen.»
    «Ach, du kleines Dummerchen», sagte Mama. «Du denkst doch nicht etwa, daß ich Krister mit Steinen schmeißen will?»
    «Womit willst du denn aber sonst schmeißen?» fragte Lillebror erstaunt. «Was anderes gibt es nicht, wenigstens nichts, was ebensogut geht.»
    Mama seufzte. Es war kein Zweifel, daß nicht nur Krister zuschlug, wenn es nötig war. Ihr eigener Liebling war nicht eine Spur besser. Wie war es aber möglich, daß ein kleiner Bengel, der so liebe blaue Augen hatte, ein solcher Haudegen war?
    «Wie schön wäre es, wenn ihr es euch abgewöhnen könntet, euch zu hauen», sagte Mama. «Man kann doch statt dessen über die Dinge sprechen! Weißt du, Lillebror, es gibt tatsächlich nichts, was man nicht ins reine bringen kann, wenn man die Dinge ordentlich
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